LeitartikelCommerzbank

Keine Übernahme ohne Gegenleistung

Die Märkte zeigen sich überzeugt, dass der Unicredit die Übernahme der Commerzbank gelingt. Für die Italiener hätte das praktisch nur Vorteile. Die deutsche Seite sollte aber auf klare Garantien dringen.

Keine Übernahme ohne Gegenleistung

Commerzbank

Keine Übernahme ohne Gegenleistung

Commerzbank-Übernahme darf nicht ohne Gegenleistungen erfolgen

bl Mailand
Von Gerhard Bläske

Die Märkte zeigen sich überzeugt, dass Unicredit die Übernahme der Commerzbank gelingt. Die deutsche Seite sollte aber auf klare Garantien dringen.

Mit seinem akribisch vorbereiteten Einstieg bei der Commerzbank hat Unicredit-CEO Andrea Orcel Freund und Feind überrascht. Trotz des Widerstands von Gewerkschaften und Politik sowie Bedenken des Commerzbank-Vorstands haben die Märkte keinen Zweifel, dass sich die italienische Großbank die deutsche Rivalin einverleiben wird. Das zeigt auch die positive Kursentwicklung der Unicredit-Aktie. Eine Übernahme ist wohl nur eine Frage des Wann, nicht des Ob. Für die Verantwortlichen in Deutschland kommt es auf das Wie an, also zu welchen Bedingungen eine Übernahme gelingt.

Finanziell ist die Übernahme für Unicredit kein Problem. Der Konzern verfügt über ein Überschusskapital von mehr als 6,5 Mrd. Euro und ist an der Börse wesentlich höher bewertet. Die Bank könnte die Akquisition ohne nennenswerte Auswirkungen auf ihre Kernkapitalquote stemmen. Auch strategisch ergibt das Projekt für Unicredit Sinn. Europas wirtschaftsstärkstes Land würde damit zu ihrem größten Markt. Und über die HypoVereinsbank (HVB), deren Übernahme 2005 Orcel als „Blaupause“ bezeichnet, kennt Unicredit Deutschland schon gut.

HypoVereinsbank verlor Einfluss

Regional und auch geschäftspolitisch gibt es wenig Überschneidungen. Das Beispiel HVB, deren Aufwandsquote mit 39% um etwa zwölf Prozentpunkte niedriger ist als die der Commerzbank, zeigt, dass die Italiener Potenziale heben können. Dabei sind sie nicht zimperlich. Von den ursprünglichen Garantien und Rechten für die HVB ist nichts geblieben. Die Entscheidungsbefugnisse wurden peu à peu nach Mailand verlagert. Die Aktiengesellschaft ist zur GmbH degradiert worden. Die Mitarbeiterzahl schrumpfte auf ein Drittel.

Für Orcel ist der Commerzbank-Einstieg ein großer Sieg – egal wie die Sache ausgeht. Er hat versichert, keine feindliche Übernahme zu planen. Statt auf Obstruktion zu setzen, sollten Bundesregierung und Commerzbank-Geschäftsführung so viel Einfluss geltend machen wie nur irgend möglich. Denn zum einen färbt das schlechte Rating von Unicredit auch auf die Commerzbank ab. Das könnte Kunden abschrecken und erhöht die Refinanzierungskosten der Commerzbank. Zum anderen aber hält die italienische Bank viele Staatsanleihen des italienischen Staates, deren Bonität nicht über jeden Zweifel erhaben ist.

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass Rom nicht zögert, Druck auf Banken auszuüben, mehr Staatsanleihen zu übernehmen. Das geht umso leichter, als diese nicht mit Eigenkapital hinterlegt werden müssen. Im schlimmsten Fall könnten am Ende deutsche Kunden und Steuerzahler bluten. Die Diskussion in Italien über eine mögliche Sondersteuer auf Bankengewinne zeigt erneut, dass sich Rom nicht scheut zu intervenieren.

Big ist nicht immer beautiful. Viele große Übernahmen gehen schief. Das Beispiel der 2007 von Orcel eingefädelten Übernahme von ABN Amro durch die damalige Royal Bank of Scotland, die in einem Fiasko endete, für das die Steuerzahler aufkommen mussten, ist da womöglich ein Menetekel. Unicredit hat von Staatshilfen profitiert und tut das noch immer, etwa in Form von Steuergutschriften für die ökologische Sanierung von Gebäuden oder staatlich garantierter Kredite, die ihr Risiko fast auf null reduziert haben. Der Erfolg der Unicredit hängt aber auch an Bankgebühren, die zu den höchsten in Europa zählen. Daraus speist sich ein hoher Gewinn, der eine Übernahme ermöglicht.

Augen sind auf Rom gerichtet

Eine Übernahme wäre vorteilhaft für Unicredit. Damit das auch für die Commerzbank gilt, sollte die deutsche Seite auf Gegenleistungen bestehen: Garantien für den Standort, was angesichts des Gewichts Deutschlands naheliegend wäre. Auch eine Verlagerung des Konzernsitzes nach Frankfurt wäre denkbar. Außerdem sollte die deutsche Seite auf eine Reduzierung des Anteils italienischer Staatsanleihen dringen. Rom könnte Zugeständnisse zwar erschweren oder verhindern. Das wäre ein Gradmesser dafür, wie ernst es Italien mit der Marktwirtschaft ist. Umgekehrt wäre eine ausländische Übernahme einer so großen italienischen Bank kaum vorstellbar.

Eine Übernahme der Commerzbank ist nur eine Frage der Zeit. Die deutsche Seite sollte auf Garantien dringen.

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