Washington

US-Airlines mit Rekord­umsätzen und unglücklichen Fluggästen

Einige der führenden US-Airlines haben im dritten Quartal Rekordumsätze und hohe Gewinne erzielt. Deutlich mehr Fluggäste haben sich aber auch beschwert. Dagegen will nun die Regierung etwas unternehmen.

US-Airlines mit Rekord­umsätzen und unglücklichen Fluggästen

Als während der Coronakrise immer mehr Menschen zum Homeoffice übergingen, Maschinen so gut wie leer waren, Flüge gestrichen wurden und die US-Airlines Staatshilfen von mehr als 50 Mrd. Dollar in Anspruch nahmen, lautete die Frage nicht, inwieweit die Flugindustrie ein paar schwache Quartale erleiden würde. Vielmehr zweifelten Experten ernsthaft daran, inwieweit einige der führenden Airlines und sogar die Branche selbst die Pandemie überleben würden. Seitdem US-Präsident Joe Biden aber die „pandemische Phase“ der Gesundheitskrise für überwunden erklärte, hat sich bei den führenden Carriern eine dramatische Wende vollzogen. American Airlines, Delta und Southwest Airlines erzielten im dritten Quartal die höchsten Erlöse in der Unternehmensgeschichte und flogen zudem stattliche Gewinne ein.

Gerade vor dem Hintergrund der Inflation und insbesondere der hohen Treibstoffpreise, der Angst vor einer Rezession und der andauernden Beliebtheit des Homeoffice scheint der Aufschwung auf den ersten Blick Rätsel aufzugeben. Anders schätzt aber Ed Bastian, Vorstandschef von Delta, die Lage ein und begründet die dramatische Wende mit einer „antizyklischen“ Erholung in der Branche“. „Verbraucher ziehen es heute vor, mehr Geld für Reiseerlebnisse als für materielle Dinge auszugeben“, stellt Bastian fest. Ähnlich schätzt Scott Kirby, CEO bei United Airlines, die Lage ein. Die wachsende Bedeutung hy­brider Arbeitsmodelle, bei denen beruflichen Tätigkeiten sowohl im Homeoffice als auch am herkömmlichen Arbeitsplatz nachgegangen wird, „hat dazu geführt, dass praktisch jedes Wochenende wie ein Feiertagswochenende angesehen werden kann“, sagt Kirby.

Industrieexperten betrachten diese Verlagerung der Verbraucherpräferenzen nicht als vorübergehende Erscheinung, sondern vielmehr als die „neue Normalität“, die in der Branche großen Optimismus aufkommen lässt, aber dennoch mit Risiken behaftet ist. So hat die hohe Zahl von gestrichenen Flügen vor allem während des Sommers für große Irritationen gesorgt. Das lag vor allem an der Arbeitskräfteknappheit, insbesondere dem Mangel an verfügbaren Piloten, Bord- und Bodenpersonal. Mit diesen Engpässen werden die Airlines auf absehbare Zeit weiter zu kämpfen haben.

Begleitet werden die überraschend positiven Quartalsergebnisse daher auch von deutlich gestiegener Unzufriedenheit der zahlenden Fluggäste. Wie das Verkehrsministerium kürzlich berichtete, kletterte die Zahl der Beschwerden gegenüber dem Vorkrisenniveau um 320%. Nun ist auch die Biden-Regierung aktiv geworden und fordert neue Rechte für Passagiere, die mit den Folgen des schlechten Service zu kämpfen haben.

Allein im August wurden von dem Ministerium mehr als 7000 Beschwerden gezählt. Gäste klagten vor allem über ersatzlos gestrichene Flüge, verlorenes Gepäck und Schwierigkeiten, nach einem Storno den Flugpreis zurückerstattet zu bekommen. Andere Beschwerden galten dem mangelnden Service, vor allem auf Langstreckenverbindungen. Das bekamen auch wir kürzlich auf dem Weg von Washington nach Los Angeles zu spüren. Mit einer Flugzeit von knapp fünfeinhalb Stunden saßen wir etwas kürzer in dem United-Airlines-Großraumflieger als auf der Strecke von der US-Hauptstadt nach Frankfurt. Während der gesamten Zeit, selbst in der Premium-Economy-Klasse, rollten die Flugbegleiter den Speiseausgabewagen ein einziges Mal durch den Gang und boten abgepackte Snacks, Sandwiches und Getränke an, gegen zusätzliche Bezahlung versteht sich. Kurz vor der Landung ließen sie sich dann wieder blicken, um von den Passagieren Müll einzusammeln, darüber hinaus von Dienst am Kunden keine Spur.

Auf die hohen Gewinne, gepaart mit der steigenden Zahl von Beschwerden, ist auch Verkehrsminister Pete Buttigieg aufmerksam geworden. Er erwägt Entschädigungen für gestrandete Passagiere und fordert außerdem, dass der Begriff einer „signifikanten Verspätung“, die zu Ansprüchen der Passagiere führen kann, neu festgelegt wird. Auch sollen Passagiere, die am Coronavirus erkrankt sind und nicht fliegen können, künftig anstandslos den vollen Flugpreis zurückerstattet bekommen.

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