Zwischen Hoffen und Bangen im Weißen Haus
US-Konjunktur
Hoffnung für Biden
Von Peter De Thier
Die US-Wirtschaft hat trotz starken Gegenwinds abermals bemerkenswerte Resistenz bewiesen. So waren vor gut einem Jahr noch die Schwarzmaler in der Mehrheit, die eine Rezession prognostizierten. Wenig schien dafür zu sprechen, dass es zu einer weichen Landung kommen würde. Hohe Inflation, pessimistische Verbraucher, hohe Zinsen und schwierige Finanzierungsbedingungen, sowohl für Konsumenten als auch Unternehmen, die ihre Investitionstätigkeit einschränkten.
Langsam, aber sicher zeichnete sich eine Wende ab. Die Teuerungsrate ging kontinuierlich zurück. Verbraucher wurden zuversichtlicher. Die Neueinstellungen blieben robust und die Löhne stiegen auf einmal wieder stärker als die Inflation. Die höheren Reallöhne bereiteten wiederum den Weg für Verbraucher, um ihre Ausgaben hochzuschrauben. Als dann die Fed einen Kursschwenk signalisierte, hellte sich das Konjunkturklima weiter auf.
So gesehen ist das robuste Wachstum, das die Wirtschaft im Schlussquartal 2023 hingelegt hat, der passende Ausklang eines Jahres, in dem Ängste und Verunsicherung allmählich wachsendem Optimismus wichen. Damit ist zugleich der Weg gepflastert für ein starkes Jahr 2024, in dem die Wirtschaft von den Zinssenkungen, die erwartet werden, zusätzlich profitieren dürfte.
Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die im November anstehenden Präsidentschafts- und Kongresswahlen müssten US-Präsident Joe Biden und seine Wirtschaftsberater eigentlich vor Optimismus strotzen. Schließlich gilt bei US-Wahlen der berühmte Spruch „It’s the economy, stupid“. Im Klartext: Geht es der Wirtschaft gut, dann gilt ein amtierender Präsident als unbezwingbar. Wähler strafen ihn aber ab, wenn die Konjunktur schwächelt. Folglich scheint Biden alle Trümpfe in der Hand zu haben. Gleichwohl ist eine deutliche Mehrheit mit dem Status quo unzufrieden und meint, dass der favorisierte republikanische Kandidat Donald Trump als Wirtschaftspolitiker kompetenter wäre als sein demokratischer Nachfolger.
Der Grund dafür ist naheliegend: Weniger als 4% der Amerikaner sind von der Arbeitslosigkeit betroffen, die ohnehin niedrig ist. Nahezu alle Haushalte trifft aber die Inflation, deren kumulativen Effekt sie trotz der niedrigen Teuerungsrate bei jedem Einkauf, jedem Restaurantbesuch und jedem Urlaub auch heute noch spüren. Hoffen kann Biden nur, dass der Preisdruck bis zum November weiter nachlässt, denn ohne dies würden in knapp zehn Monaten seine Chancen auf eine Wiederwahl bedenklich ins Wanken geraten.