Warum Frankreichs Banken in der Zwickmühle stecken
Französische Banken
Gefangen in der Zwickmühle
Frankreichs Banken sind wegen gestiegener Zinsen in der Zwickmühle. Ihr Dilemma dürfte 2024 weitergehen.
Von Gesche Wüpper
Es war ein Jahr, in dem sich die Spreu vom Weizen trennte. Während die restriktivere Geldpolitik vielen Konkurrenten aus anderen Ländern der Eurozone zugutekam, standen französische Banken nicht mehr ganz so glänzend da wie früher. Denn im Gegensatz zu ihren Wettbewerbern aus Italien, Spanien und Deutschland profitieren sie nicht in vollem Maße vom Zinsanstieg.
Ihr Dilemma ist seit langem bekannt. Die in Frankreich üblichen festverzinslichen Kredite verhindern, dass sie die für sie gestiegenen Finanzierungskosten vollständig weitergeben können. Französische Banken sind gefangen in Immobilienkrediten mit niedrigen festen Zinssätzen und langen Laufzeiten, die sie vergeben haben, bevor die EZB ihre lockere Geldpolitik beendet und die Zinsen angehoben hat.
Von den gestiegenen Zinsen können Frankreichs Banken jetzt nur bei der Vergabe neuer Kredite profitieren. Doch der Zinsanstieg hat in Kombination mit den in den letzten Jahren stark gestiegenen Immobilienpreisen dazu geführt, dass weniger Wohnungskredite vergeben werden. Laut dem Observatoire CSA/Crédit Logement ist die Summe der in Frankreich vergebenen Immobilienkredite letztes Jahr um 41,7% eingebrochen, die Anzahl der Kredite um 39,5%.
Damit nicht genug, denn gleichzeitig kommen französische Banken die am gesetzlich geregelten Livret A orientierten Sparprodukte teuer zu stehen, da Sparer für diese im Vergleich zu anderen Ländern relativ hohe Zinsen erhalten. Angesichts der festverzinslichen Kredite und der teuren Sparprodukte befinden sich Frankreichs Banken in einer Zwickmühle.
Trotz dieser Zwänge und gestiegener Kosten haben sich die fünf großen französischen Institute BNP Paribas, BPCE, Crédit Agricole, Crédit Mutuel und Société Générale 2023 alles in allem relativ wacker geschlagen. Zusammen haben sie ein kumuliertes Nettoergebnis von 28,6 Mrd. Euro verbucht, fast 8% mehr als im Vorjahr. BNP Paribas, Crédit Agricole und Crédit Mutuel konnten sogar neue Rekordergebnisse vermelden. Zu verdanken haben sie das auch ihren Corporate- und Investment-Banking-Sparten, die zumindest teilweise geholfen haben, die verschlechterten Zinsmargen bei Krediten für Privathaushalte und kleine Firmen auszugleichen.
Anders sieht das Bild bei BPCE und Société Générale aus. So ist das Nettoergebnis von BPCE um 25% eingebrochen und die Erträge um 7%, während die Einnahmen von Société Générale um fast 8% gesunken sind. Je breiter und internationaler aufgestellt das Geschäftsmodell, desto besser läuft es für Frankreichs Banken, da ihr Heimatmarkt für das Privatkundengeschäft derzeit nicht gerade vielversprechende Wachstumsaussichten bietet.
Dass das Umfeld derzeit günstiger für italienische und spanische Banken ist, die voll von dem Zinsanstieg profitieren können, zeigt sich auch an der Eigenkapitalrendite. Kommt Santander auf mehr als 15%, so weisen französische Banken niedrigere Werte aus. So beträgt die Eigenkapitalrendite von BNP knapp 11%, die von Crédit Agricole 12,6% und die von Société Générale sogar nur 4,2%.
Verwöhnt von hohen Zinsüberschüssen der Wettbewerber aus den Nachbarländern der Eurozone, beurteilen Investoren die Ergebnisse der französischen Banken jetzt sehr viel strenger. Jede noch so kleine Enttäuschung wird abgestraft, auch wenn das betroffene Institut ansonsten noch so solide dasteht. BNP und Crédit Agricole können ein Lied davon singen. Trotz neuer Rekordergebnisse brachen ihre Börsenkurse am Tag der Bilanzveröffentlichung ein.
Derzeit mehren sich die Zeichen, dass die EZB die Zinsen nicht so schnell senken wird, wie einige Marktteilnehmer erwartet haben. Das Dilemma der französischen Banken dürfte damit in diesem Jahr anhalten. Noch sieht es nicht danach aus, dass sich das Umfeld für sie 2024 wesentlich verbessern wird.