Dax kommt nur graduell vorwärts
Am letzten Oktober-Handelstag kann der Dax nochmals leichte Gewinne einfahren. Nachdem er sich in diesem Monat bislang schon um mehr als 9% erholt hatte, gingen es Anleger nach einer starken Vorwoche aber etwas langsamer an. Gegen Mittag legte der Leitindex 0,17% auf 13.266 Punkte zu. Während sich der EuroStoxx auch knapp im Plus bewegte, gewann der MDax 0,60% auf 23.792 Zähler hinzu.
Anleger werden offenbar nun etwas verhaltener, bevor am Mittwoch der nächste Zinsentscheid der US-Notenbank Fed erwartet wird. Laut dem Marktbeobachter Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets ist eine weitere Zinserhöhung um 75 Basispunkt dabei „reine Formsache“, sodass sich der Blick der Anleger eher darauf richten dürfte, ob es eine Antwort auf die Frage gibt, ob und wann die Fed das Straffungstempo drosseln wird.
„Massive Widerstandszone“
„Nach einem der höchstwahrscheinlich stärksten Oktobermonate seiner Geschichte kämpft der deutsche Aktienindex jetzt mit einer massiven Widerstandszone und nicht zuletzt dem Abwärtstrend seit Jahresbeginn“, schrieb Molnar. Als entscheidend empfindet er die Marke von 13.300 Punkten, die darüber entscheiden werde, ob vielleicht eine Jahresendrally eingeläutet wird oder ob es bei einem „Bärenmarkt“ mit pessimistischen Zukunftserwartungen bleibt.
Anders als befürchtet wurden die Aktien von Fresenius und FMC zu einer Stütze für den Dax, obwohl der Medizinkonzern und seine Dialyse-Tochter am Sonntag wegen des derzeit schwierigen Konjunkturumfelds erneute Prognosesenkungen aussprachen. Es wurde aber schnell klar, dass diese wohl längst eingepreist waren. Unter Händlern hieß es, einige Anleger witterten wohl eine Einstiegschance.
Als Hauptbelastung für den Fresenius-Konzern gilt die Tochter FMC, deren Aktien sich an der Dax-Spitze jedoch um 3,7% erholten. Ihr Kurs war am vergangenen Freitag um fast 9% abgesackt wegen ebenfalls gesenkter Prognosen des US-Konkurrenten Davita. Im bisherigen Jahresverlauf hat sich der FMC-Kurs immer noch mehr als halbiert. Der Erholung folgten auch die Titel des Mutterkonzerns Fresenius mit einem Montagsanstieg um 3,5%.
Shop-Apotheke legt zu
Eine positive Kursreaktion gab es beim SDax-Wert Shop Apotheke auf die finalen Quartalszahlen. Unter Schwankungen ging es hier zuletzt um 4,1% nach oben. Thematisiert wurde, dass die Online-Apotheke wie bereits angedeutet ein positives operatives Ergebnis schaffte. Otto Sieber von Barclays lobte, dass die Online-Apotheke in einem schwierigen Konjunkturumfeld deutlich wächst. Gepaart mit steigenden Margen sei dies derzeit schwer zu finden im Einzelhandelssektor.
Nach pessimistischen Analystenkommentaren fielen unter den deutschen Nebenwerten aber auch zwei Immobilienaktien negativ auf: Eine Abstufung auf „Neutral“ durch die Investmentbank Oddo BHF drückte Patrizia um 4,2 Prozent auf das niedrigste Niveau seit 2013. Noch schlimmer kam es mit einem Kursrutsch um 6% für die Anleger von Dic Asset, nachdem die Baader Bank gleich doppelt abgestuft hat. Beide Experten verwiesen als Gründe auf das derzeit schwache Immobilien-Umfeld.
Rekordhoch bei Verbraucherpreisen
Die Investoren an den anderen europäischen Börsen sind ebenfalls mit Zurückhaltung in die neue Woche gestartet. Auch die neuen Inflations- und Wachstumsdaten für die Euro-Zone ließen die Anleger scheinbar kalt. Der EuroStoxx50 trat bei 3614 Zählern auf der Stelle. Börsianer rätseln nach dem jüngsten XXL-Zinsschritt der Europäischen Zentralbank (EZB) über den weiteren Erhöhungskurs der Währungshüter. „In dieser Woche tagen einige Zentralbanken, und es werden viele Konjunkturdaten veröffentlicht“, sagte Kit Juckes, Marktexperte von der Bank Societe Generale. Im Blickpunkt steht vor allem der Zinsentscheid der US-Notenbank Federal Reserve am Mittwoch.
Die Verbraucherpreise im Euroraum fielen mit einem Rekordhoch von 10,7% über den Erwartungen von Analysten aus, die im Schnitt von einem Anstieg auf 10,2% ausgegangen waren. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Region ging dagegen auf 2,1% zurück – wie von Experten vorausgesagt.
China-Sorgen drücken Ölpreis
Die US-Weizen-Futures stiegen um fast 7% auf 8,84 Dollar je Scheffel. Russland hatte am Samstag das von den UN und der Türkei vermittelte Abkommen für ukrainische Getreideausfuhren über das Schwarze Meer ausgesetzt und damit Furcht vor einer neuen Blockade und einem Anstieg der Weltmarktpreise sowie Hungersnöten in armen Ländern geschürt. „Je nachdem, wie sehr man sich bemüht, das Getreide aus der Ukraine zu ersetzen, könnten die Preise zeitweise sogar zweistellig werden“, sagte Analyst Tobin Gorey von der Commonwealth Bank.
Zugleich drückten schwache Konjunkturdaten aus China und Verunsicherung wegen der Corona-Politik der Volksrepublik die Preise für Öl erneut ins Minus. Die Nordsee-Sorte Brent und die leichte US-Sorte WTI gaben jeweils 0,7% auf 95,14 beziehungsweise 87,25 Dollar je Barrel (159 Liter) nach.
Am Morgen war bekannt geworden, dass sich die Stimmung der Einkaufsmanager in der chinesischen Industrie und im Bereich Dienstleistungen im Oktober eingetrübt hat. Die Stimmungsdaten sind schwächer ausgefallen, als am Markt erwartet worden war. Die offiziellen Stimmungsindizes der chinesischen Regierung sind zudem unter die sogenannte Expansionsschwelle von 50 Punkten gefallen. Damit deuten die Daten auf einen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten hin und somit auf eine geringere Nachfrage nach Rohöl in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Chinas Wirtschaft wird durch das harte Vorgehen der Führung in Peking im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus, trübe Immobilienmärkte und schwächere Exporte gebremst.
Schweizer SNB mit hohem Verlust
Zinserhöhungen und der stärkere Franken haben der Schweizerischen Nationalbank (SNB) tiefrote Zahlen eingebrockt. In den ersten neun Monaten 2022 verzeichnete die Notenbank einen Verlust von 142,4 Mrd. Franken, wie sie am Montag mitteilte. Damit verbuchte die Zentralbank den höchsten Fehlbetrag seit ihrer Gründung im Jahr 1907. In der Vorjahresperiode hatte die SNB noch einen Gewinn von 41,4 Mrd. Franken ausgewiesen.Vor allem ihre Fremdwährungsbestände brockten der Notenbank einen riesigen Verlust von 141 Mrd. Franken ein. Das Ergebnis der SNB ist abhängig von Wertschwankungen ihrer Hunderte Milliarden Franken schweren Devisenreserven. Dazu zählen Aktien und Anleihen aus dem Ausland. Die Notenbank hatte jahrelang Fremdwährungen gekauft, um eine wirtschaftsschädliche Aufwertung des in Krisenzeiten als sicherer Hafen gefragten Franken zu unterbinden.