Indexfonds sind in den USA viel wichtiger
Die Fondsindustrie ist nicht nur in Europa, sondern weltweit eine echte Wachstumsbranche. Dabei haben in den vergangenen Jahren vor allem passive Produkte wie ETFs und Indexfonds überdurchschnittlich zugelegt. „Die verwalteten Gelder in Ucits-Fonds wachsen kontinuierlich“, erklärt Shelly Antoniewicz, Senior Director, Industry and Financial Analysis, beim US-Fondsverband ICI Global im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Und auch die Ucits-ETFs wachsen schnell.” So ist das Volumen der börsennotierten Indexfonds von 432 Mrd. Euro Ende 2015 über rund 600 Mrd. Euro Ende 2018 bis auf 925 Mrd. Euro Ende 2020 angewachsen. Ende des ersten Quartals gelang es dann die Marke von 1 Bill. Euro zu überwinden. Damit sind die ETFs in den vergangenen Jahren deutlich schneller gewachsen als der gesamte europäische Fondsmarkt. Dieser hat von 6,0 Bill. Euro Ende 2015 über 7,0 Bill. Euro Ende 2018 bis auf 8,8 Bill. Euro Ende 2020 und 9,2 Bill. Euro Ende des ersten Quartals zugelegt.
Im Vergleich zur US-Fondsindustrie ergeben sich nun etliche Gemeinsamkeiten, aber auch mehrere Unterschiede. Gemeinsam ist beiden Märkten, dass das Wachstum im vergangenen und in diesem Jahr vor allem von hohen Zuflüssen in Aktienfonds und steigenden Aktienkursen getrieben wurde. In beiden Märkten gingen die laufenden Kosten von Fonds im Jahr in den vergangenen Jahren zurück, und zwar sowohl bei den aktiven wie auch den passiven Produkten. Hier erkennt die Expertin von ICI Global einen weitgehenden Gleichlauf. Bei den Ucit-Aktien-ETFs haben sich zum Beispiel die laufenden Kosten von 39 Basispunkten 2013 auf 26 Basispunkte pro Jahr 2019 ermäßigt. Wobei aber die laufenden Kosten bei US-ETFs deutlich niedriger als in Europa sind.
Die Struktur des Fondsmarkts in den USA ist gleichwohl eine andere als In Europa. „Economies of Scale zählen“, sagt Antoniewicz. „Im Jahr 2019 waren US-Mutual-Fonds etwa sechsmal so groß wie Ucits-Fonds.“ So lag die durchschnittliche Fondsgröße in den USA bei 2,1 Mrd. Euro im Vergleich zu 309 Mill. Euro in Europa.
Erstaunliches zeigt die Direktorin von ICI Global bei den Mittelzuflüssen auf. Denn in den USA ist es in den vergangenen Jahren zu massiven Abflüssen aus herkömmlichen, sprich aktiven Aktienfonds gekommen, während Indexfonds extrem hohe Zuflüsse verzeichnen. Die Gelder der Investoren fließen in Amerika auf der Aktienseite also immer mehr in Indexfonds. Für Europa ergibt sich ein gänzlich anderes Bild. Hier haben in den vergangenen Jahren sowohl aktive Aktienfonds als auch Indexfonds hohe Zuflüsse erzielt. Es gibt zwar auch in Europa einen Trend zur Passivierung, und ETFs und Indexfonds wachsen schneller als herkömmliche Aktienfonds. Doch auch diesen Produkten fließen Gelder zu.
„Indexfonds stellen nur einen geringen Anteil am europäischen Aktienmarkt“, erläutert Antoniewicz. Denn sie kommen nur für 3% von Europas Aktienmarkt auf (gemessen an der Marktkapitalisierung), während aktive Fonds einen Anteil von 7% erreichen. In den USA beträgt der Anteil von aktiven Aktienfonds sowie von Indexfonds am Aktienmarkt jeweils 14%. Somit haben dort Fonds insgesamt eine größere Bedeutung und vor allem auch Indexprodukte.
Die Expertin von ICI Global führt die Unterschiede in der Bedeutung von Indexfonds u.a. auf verschiedene Distributionswege in den USA und Europa zurück. Auch spielten in den USA die 401-k-Aktiensparpläne eine große Rolle.