Als Sparkassen-Chef spürt Uwe Burkert den Puls der Unternehmen
spe Stuttgart
Die schlechte Stimmung unter den schwäbischen Mittelständlern im östlich von Stuttgart gelegenen Rems-Murr-Kreis sei mehr als das übliche Jammern der Lobbyisten. Es gebe vielmehr ein großes Frustpotenzial mit Blick auf die Bundesregierung, aber auch die bürokratischen Vorgaben der Europäischen Union. Die Situation wäre weniger schlimm, wenn da nicht auch noch Weltkonjunktur und geopolitische Krisen den Unternehmen das Exportleben schwer machten.
Dies sagt einer, der gelernt hat, das große Ganze der wirtschaftlichen Entwicklung aus der Vogelperspektive zu betrachten, um daraus seine Schlüsse zu ziehen. Es ist Uwe Burkert, der sich von 2013 an als Chefvolkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) einen Namen gemacht hat, und vor drei Jahren den ungewöhnlichen Schritt von der LBBW zur Kreissparkasse Waiblingen gegangen ist. Dort begann er zunächst als Generalbevollmächtigter, um dann am 1. Januar 2023 mit dem Plazet der BaFin in der Tasche zum Vorsitzenden des Vorstands aufzurücken.
Verbindung von volkswirtschaftlichem Verständnis mit Know-how einer Sparkasse
Bei Themen wie Zinsentwicklung und -absicherung oder Einschätzungen der Konjunktur könne er, Burkert, der die Steuerung der Gesamtbank verantwortet und zentrale Stab- und Marktfolgeabteilungen leitet, seine volkswirtschaftliche Expertise zugunsten der Firmenkunden einbringen, sagt der 55-Jährige. Damit ist er einer, der volkswirtschaftliches Verständnis mit dem Knowhow der Sparkasse vor Ort zu verbinden weiß. „Einen Mehrwert, den ich im Sinne unserer Kunden beitragen kann“, so der Volkswirt, der sich aufgrund seines Werdegangs selbst als Grenzgänger bezeichnet, bringt er doch im Sinne eines Korrektivs einen etwas anderen Blick auf die Dinge mit.
Aus den zahlreichen Begegnungen mit Firmenkunden nimmt Burkert immer wieder den Ärger der Unternehmen über die „Kakophonie der Bundesregierung“ wahr, wie er sagt. „Das macht die Firmen kirre, wenn ständig die Rahmenbedingungen verändert werden.“ Was Unternehmen bräuchten, sei die Verlässlichkeit eines wirtschaftspolitisch stabilen Umfelds. „Die Unternehmen wollen Planbarkeit – ganz einfach“, weiß Burkert, etwa in der Energiepolitik oder bei Förderthemen.
Bürokratie steht im Weg
Parallel dazu entpuppt sich immer wieder die Bürokratie als Hemmschuh für Investitionen. Sofern Genehmigungen länger dauern als in anderen Ländern, würde sich so mancher Unternehmer eben überlegen, in Länder wie Polen auszuweichen, wo Investitionen auch innerhalb von drei bis vier Monaten umsetzbar sein könnten.
Dabei weiß der Volkswirt sehr wohl zu unterscheiden zwischen den hausgemachten Problemen – etwa durch ein Übermaß an Bürokratie – und den Schwierigkeiten, die die geopolitischen Umbrüche für die hiesige exportorientierte Wirtschaft mit sich bringen. „In der Tat, die Situation ist in der Kombination der Probleme schwieriger als bei vorherigen Konjunktureinbrüchen“, erläutert Burkert und plädiert dafür, bürokratische Regeln, die in der Vergangenheit mal ihre Berechtigung gehabt haben mögen, auf ihre Sinnhaftigkeit zu überprüfen. „Sonst stehen wir uns weiter selbst im Weg.“
Auch wenn man vor dem Hintergrund dieser Entwicklung anderes vermuten würde, bleiben Kreditausfälle bei der Kreissparkasse Waiblingen die Ausnahme. Dies führt Burkert auf die heterogene Kundschaft seines Instituts im Rems-Murr-Kreis zurück, in der der Bereich Automotive nur rar vertreten ist. „Diese Bandbreite unseres Kreditportfolios kommt uns zugute“, so Burkert.
Wertberichtigungen als Ausnahme
Ohnehin habe die Kreissparkasse Waiblingen, die mit einer Bilanzsumme von 10,7 Mrd. Euro und 1.240 Mitarbeitenden bundesweit Platz 28 (2023) unter allen 353 Instituten der Gruppe einnimmt, mit ihrem konservativen Bewertungsansatz in den vergangenen Jahren kaum Einzelwertberichtigungen vornehmen müssen.
Und dennoch sieht Burkert vor allem seine Institutsgruppe sowie die der Genossenschaftsbanken als jene Finanzierungspartner von Kreditkunden, die den Schirm bei Regen nicht gleich einziehen. „Die Frage ist doch: Wer bleibt dem Firmenkunden an der Seite, wenn es eng wird?“ sagt Burkert, der am Ende dem schwäbischen Mittelstand eine hohe Resilienz bescheinigt.
Dabei vertraut er vor allem auf die Anpassungsfähigkeit der kleinen und mittleren Betriebe im Geschäftsgebiet. Denn diese verfügen laut Burkert über eine große Stärke: „Sie verstehen es extrem gut, technische Innovationen einzubauen und anzuwenden.“