Unicredit greift nach Commerzbank

Andrea Orcel zeigt sich offen für Kompromisse

Mit dem Einstieg bei der Commerzbank gelang Unicredit-CEO Andrea Orcel ein Coup. Doch einstweilen bleibt offen, was er konkret vorhat.

Andrea Orcel zeigt sich offen für Kompromisse

Am Tag nach dem Coup mit dem Einstieg bei der Commerzbank hatte Unicredit-Chef Andrea Orcel (61) Kreide gefressen. Angesichts diverser Widerstände gegen eine mögliche Aufstockung des Anteils von derzeit 9% zeigte er sich zwar durchaus interessiert an dem Erwerb weiterer Anteile. Doch der Einstieg sei nur die Grundlage für Gespräche über eine Zusammenarbeit und eine vollständige Übernahme nur eine Option, sagte er Bloomberg. Es sei auch denkbar, dass der Anteil reduziert werde.

Um die Hände frei zu haben, will die Mutter der HypoVereinsbank aber bei der Europäischen Zentralbank (EZB) die Genehmigung einholen, auch mehr als 9,9% an der deutschen Bank erwerben zu dürfen. Man weiß ja nie.

Für Orcel wäre eine Übernahme die Krönung seiner Arbeit bei Unicredit. Seit seinem Amtsantritt im April 2021 hat sich der Aktienkurs des Instituts fast verfünffacht. Quartal für Quartal werden Rekordgewinne vermeldet. Und die Aktionäre werden mit Ausschüttungen geradezu überschwemmt: Allein in diesem Jahr sollen es 10 Mrd. Euro werden. Orcel senkt die Kosten massiv, reduziert Personal und baut seine interne Machtposition immer weiter aus.

Eine Übernahme fehlt noch

Nur an einer Stelle blieb seine Mission bisher unerfüllt. 2021 verzichtete er auf die Übernahme der damals noch mehrheitlich staatlichen Monte dei Paschi di Siena: Zu teuer, zu große Risiken, befand er damals. Inzwischen schreibt das Institut aber Gewinne. Die geplante Übernahme von Italiens drittgrößter Bank BPM scheiterte an Indiskretionen, die den Preis nach oben trieben. Andere Pläne in Italien blieben Gerüchte. Unicredit übernahm zuletzt nur eine kleinere Bank in Polen und die Aion-Bank in Belgien. Außerdem stieg der Konzern bei der griechischen Alpha Bank ein.

Ähnlich wie 2005 bei der Übernahme der HypoVereinsbank, bei der er den damaligen Unicredit-CEO Alessandro Profumo in seiner Rolle als Merrill-Lynch-Berater zur Seite stand, ging er auch jetzt bei der Commerzbank geschickt vor. Mit dem Erwerb von Anteilen des Bundes und bereits vorher von Aktien auf dem Markt überraschte er viele und hielt die von ihm selbst gesetzten strengen Vorgaben für Übernahmen ein. Ein Auge auf die Commerzbank hatte er bereits seit längerer Zeit geworfen.

Einige Beobachter fragen sich, warum er nicht gleich ein Übernahmeangebot vorgelegt hat. Denn nun ist die Commerzbank ein Spekulationsobjekt, was den Preis nach oben treibt. Das könnte auch Orcels ehrgeizige Übernahmepläne gefährden.

Absichten unklar

Noch sind seine Absichten unklar. Mit einer Übernahme und Zusammenlegung mit der HypoVereinsbank würde Unicredit hierzulande näher an die Deutsche Bank heranrücken. Doch damit wäre wohl ein Kahlschlag bei Personal und Filialen verbunden. Sollte es am Ende doch nichts werden mit einer Übernahme, dann könnte Orcel durch die starken Kurssteigerungen zumindest einen saftigen Mehrwert erzielen.

Der Coup von Unicredit-CEO Andrea Orcel

bl Mailand
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