China setzt im US-Disput auf neuen Handelszar
China setzt im US-Disput auf einen neuen Handelszar
nh Schanghai
Inmitten des eskalierenden Zollstreits mit den USA kommt es in China zu einem auffälligen Revirement beim zweithöchsten Rangposten im Handelsministerium. Der langjährige Vizeminister Wang Shouwen (59) wird mit sofortiger Wirkung durch Chinas Gesandten bei der Welthandelsorganisation WTO, Li Chenggang (58) ersetzt.
Bezug zum US-Konflikt
Ein solch plötzlicher Wechsel auf Ministerialebene ist im chinesischen Partei- und Regierungssystem höchst ungewöhnlich. Er dürfte im direkten Zusammenhang mit dem ausufernden US-Konflikt und Vorbereitungen auf äußerst diffizile und komplexe bilaterale Verhandlungen stehen. Der von offizieller Seite nicht weiter erklärte Schritt lässt vermuten, dass Peking den neuen Mann als einen geeigneteren Unterhändler ansieht. Es gilt die gegenwärtige Gesprächsblockade zwischen Peking und Washington aufzuheben und dann Schritte in Richtung konkreter Handelsvereinbarungen einzuleiten.
Diplomat und Rechtsexperte
Der nun abgesetzte Wang hatte sich bei der früheren Auflage des Handelsstreits in Donald Trumps erster Amtszeit über zwei Jahre hinweg bei den Verhandlungen im Team des damaligen Vizepremiers und Verhandlungsführers Liu He als besonders konfliktscheu und robust auftretender Akteur profiliert. Mit seinem Nachfolger würde ein mehr diplomatisch geschulter und über umfassende Rechtsexpertise verfügender Vertreter eingebracht. Li ist in den vergangenen vier Jahren als Chinas Repräsentant bei der WTO in Genf zudem stark international vernetzt.
Vizepremier He am Ruder
Mit dem Vizeposten im Ministry of Commerce (MofCom) verbindet sich eine Emissärs-Rolle, die bisweilen als „Handelszar“ bezeichnet wird. Der Fokus liegt nicht auf ministerialer Führung, sondern handelspolitischer Strategie und Disputen. Die Entscheidungshoheit für Verhandlungsführungen mit den USA wird jedoch weder beim neuen Vize Li oder dem amtierenden Handelsminister Wang Wentao liegen. Verantwortlich für die Gestaltung der Wirtschaftsbeziehungen zu den USA und damit auch designierter Anführer kommender Verhandlungen ist mit Vizepremier He Lifeng ein in der Parteihierarchie wesentlich höherstehender Politiker.