Ursula von der Leyen vor Wiederwahl

Die halbe Miete auf dem Weg zur zweiten Amtszeit

Die Unterstützung im Rat ist Ursula von der Leyen sicher. Nun muss sie noch eine Mehrheit im EU-Parlament für eine zweite Amtszeit gewinnen.

Die halbe Miete auf dem Weg zur zweiten Amtszeit

Die halbe Miete auf dem Weg zur zweiten Amtszeit

fed Brüssel

Überrascht hat am Ende allenfalls noch der Zeitpunkt. Denn daran, dass sich die Vertreter von christdemokratisch, sozialdemokratisch und liberal geführten nationalen Regierungen in der EU ein zweites Mal auf Ursula von der Leyen als Präsidentin der EU-Kommission verständigen würden, daran gab es spätestens seit der Europawahl keine ernsthaften Zweifel mehr. Immerhin hat die Europäische Volkspartei, also die Parteienfamilie der Christdemokraten und Konservativen, die Wahlen mit weitem Abstand gewonnen und konnte die Spitzenposition sogar noch ausbauen – hat sich damit also quasi den Anspruch erobert, den Chefposten in der EU-Kommission aus den eigenen Reihen zu besetzen. Auch hat die 65-jährige ehemalige Bundesministerin in ihrer ersten Amtszeit einiges vorangebracht, wie beispielsweise den Green Deal oder das Next-Generation-Programm, für das sie Anerkennung bei den anderen Parteien der politischen Mitte erworben hat – von der Leyen zählt also zumindest aus Sicht von Sozialdemokraten und Liberalen zu den „wählbaren“ Kandidatinnen.

Nach der Absprache zwischen den Regierungschefs Donald Tusk (Polen) und Kyriakos Mitsotakis (Griechenland) für die Konservativen, Olaf Scholz und Pedro Sánchez (Spanien) für die Sozialdemokraten sowie Emmanuel Macron (Frankreich) und Mark Rutte (Niederlande) für die Liberalen ist es nunmehr nur eine Formsache, dass von der Leyen am Donnerstag oder Freitag formell vom EU-Gipfel nominiert wird. Im Gegenzug wird der frühere portugiesische Premier António Costa EU-Ratsvorsitzender, und zwar –zunächst einmal – für zweieinhalb Jahre. Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas, eine der kämpferischsten Unterstützerinnen der Ukraine, wird wiederum den Posten der Außenbeauftragten der EU einnehmen. Das ist schon einmal die halbe Miete. Die promovierte Medizinerin und studierte Volkswirtin benötigt anschließend noch die Zustimmung des EU-Parlaments.

Eigentlich verfügen Konservative, Sozialdemokraten und Liberale über gut 400 der 720 Stimmen. Auf nationaler Ebene würde man in einem solchen Fall von einer robusten Mehrheit sprechen. Im EU-Parlament hingegen ist die Fraktionsdisziplin weniger stark ausgeprägt. Erfahrungsgemäß müssen die Parteien mit im Schnitt 15% Abweichlern rechnen. Seit Wochen tobt deshalb eine Debatte darum, ob es sich von der Leyen erlauben kann, auf die Fratelli dItalia, die Partei von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, zuzugehen, um sich die Stimmen von deren Fraktion zu sichern. Der Sozialdemokrat René Repasi hat am Dienstag noch einmal bekräftigt, dass von der Leyen ihre Unterstützung durch die Sozialdemokraten zu verlieren droht, wenn sie sich auf Meloni zubewegt.

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