FTX-Gründer Bankman-Fried im Kreuzfeuer der Ermittler
Von Alex Wehnert, Frankfurt
Der Zusammenbruch seiner Kryptobörse FTX hat den Digital-Assets-Markt in eine tiefe Krise gestürzt, nun ist Gründer Sam Bankman-Fried ins Kreuzfeuer mehrerer Ermittler geraten. US-Behörden, darunter das Justizministerium, untersuchen derzeit, inwieweit der Unternehmer persönlich für die Liquiditätskrise auf seiner Plattform verantwortlich ist. Dabei steht der Vorwurf des Missbrauchs von Kundengeldern im Raum.
Gelder verschwunden
Bankman-Fried hatte in der vergangenen Woche laut Insidern in einem Investorencall eingeräumt, seine Trading-Firma Alameda Research mit milliardenschweren Krediten von FTX gestützt und dazu auch Kundenmittel genutzt zu haben. Mindestens 1 Mrd. Dollar sollen dabei verschwunden sein.
Auch die nationale Polizei der Bahamas, auf denen FTX ansässig ist, ermittelt wegen möglichen kriminellen Fehlverhaltens gegen FTX. Bankman-Fried, der sich auf dem Archipel aufhält, wurde bereits am Wochenende verhört. Nun führen die Bahamas und die USA offenbar Gespräche darüber, ob der Unternehmer für zusätzliche Befragungen in die Vereinigten Staaten gebracht wird.
FTX kollabierte in der vergangenen Woche, nachdem Berichte über Solvenzprobleme bei Alameda den nativen Token der Kryptobörse, FTT, einstürzen ließen und einen Nutzerexodus auf der Handelsplattform auslösten. In der Folge sind weitere Dienstleister in Bedrängnis geraten. Die Lending-Plattform BlockFi steuert auf eine Insolvenz zu. Der Broker Genesis verkündete am Mittwoch, Rückzahlungen auszusetzen, nachdem es zu „abnormalen Abhebungsanfragen“ gekommen sei. Die Kryptobörse Gemini, die mit Genesis kooperiert, stoppte die Auszahlungen von ihrem Lending-Dienst.
Changpeng Zhao, Chef der führenden Kryptohandelsplattform Binance, kündigte zu Wochenbeginn indes die Schaffung eines Erholungsfonds für die Branche an. Am Mittwoch betonte der Geschäftsmann, es bestehe großes Investoreninteresse an einem solchen Vehikel. Zhao hatte mit der Ankündigung, Binance werde ihre FTT-Bestände liquidieren, in der vorvergangenen Woche entscheidend zur Notlage von FTX beigetragen. Beobachter mutmaßen, dass der Unternehmer die Rolle Bankman-Frieds als führender Kopf der Digital-Assets-Branche übernehmen will.
Sein abgestürzter Widersacher gibt sich unterdessen der öffentlichen Selbstgeißelung hin. Auf Twitter schrieb Bankman-Fried, er habe die Verschuldungsgrade in seinem Geschäftsimperium unterschätzt, und entschuldigte sich zum wiederholten Mal bei Investoren. Obwohl FTX in der vergangenen Woche Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US-Insolvenzrechts beantragte, glaubt Bankman-Fried laut Medienberichten noch daran, genügend Mittel für die Entschädigung seiner Kunden aufbringen zu können.
Der 30-Jährige, der am Freitag als FTX-Chef zurücktrat, aber weiterhin größter Aktionär ist, soll über das vergangene Wochenende bei Geldgebern um Investitionszusagen geworben haben. FTX muss eine Bilanzlücke von bis zu 8 Mrd. Dollar schließen. Unklar ist, was Bankman-Fried Investoren im Gegenzug für Kapitalspritzen verspricht.
Marktteilnehmer zeigen sich von seinen Bemühungen jedenfalls unbeeindruckt – so wurde in Miami Sammelklage gegen den Unternehmer eingereicht. Demnach hätten die verzinsten Kryptokonten von FTX wegen fehlender Lizenzen gar nicht in den USA angeboten werden dürfen. Die rechtlichen Probleme von Bankman-Fried reißen also nicht ab.