Gericht stellt Prozess gegen Ex-Ingenieur von Audi ein
Betrugsprozess
Ex-Audi-Ingenieur frei
Gericht stellt Dieselbetrugsprozess gegen Mitangeklagten ein
Im Münchner Betrugsprozess um den Abgasskandal bei Audi gilt nun einer der vier Angeklagten als unschuldig. Das Verfahren gegen den Ingenieur Henning L. wird gegen eine Geldauflage von 25.000 Euro eingestellt. Das Geld solle zwei Umwelt- und Naturschutzverbänden zugute kommen.
Von Anna Perucki, Frankfurt
per Frankfurt
Im Dieselbetrugsprozess gegen den ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler hat das Landgericht München das Verfahren gegen einen der drei Mitangeklagten am Dienstag vorläufig eingestellt. Der ehemalige Motorentwickler, der ein umfangreiches Geständnis abgelegt hatte und als Kronzeuge im Prozess aufgetreten war, muss allerdings 25.000 Euro als Geldauflage an Umwelt- und Naturschutzvereine zahlen. Die Staatsanwaltschaft stimmte der Einstellung zu. Die Staatsanwaltschaft ließ ihre Anklage wegen Betrugs, mittelbarer Falschbeurkundung und strafbarer Werbung bei dem Ingenieur fallen. Der rangniedrigste der Angeklagten um den früheren Audi-Chef Rupert Stadler gilt damit nach zweieinhalb Jahren Prozessdauer als unschuldig.
Der Verteidiger von L., Maximilian Müller, die Staatsanwaltschaft und der Richter hatten sich bereits vor einer Woche grundsätzlich auf die Entlassung des 55-Jährigen aus dem Prozess geeinigt. Die Staatsanwaltschaft ließ damit ihre Anklage gegen ihn wegen Betrugs, mittelbarer Falschbeurkundung und strafbarer Werbung nach mehr als 160 Prozesstagen fallen. Nach bisherigem Ergebnis der zweieinhalbjährigen Beweisaufnahme hatte der Mann zusammen mit zwei mitangeklagten Vorgesetzten die Ausgestaltung der Betrugssoftware veranlasst, mit der Motoren die Stickoxid-Grenzwerte auf dem Prüfstand einhielten, auf der Straße aber nicht.
Der Motorenentwickler Giovanni P., der bereits früher eine Mitverantwortung für die Abgasmanipulationen eingeräumt hatte, bekannte sich am Dienstag vor dem Landgericht München zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen. Er habe gewusst, dass die so genannten Abschalteinrichtungen nicht gesetzeskonform sein könnten, ließ der Italiener von seinem Verteidiger Walter Lechner in der Verhandlung erklären. Das Gericht hatte ein solches Eingeständnis zuvor ausdrücklich vermisst und deswegen frühere Äußerungen des Ingenieurs lediglich als Teilgeständnis gewertet.
Der Angeklagte und sein Anwalt reagierten damit am 162. Prozesstag auf den Druck des Gerichts. Der Vorsitzende Richter Stefan Weickert hatte diesem Ingenieur, dem ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler und dem ehemaligen Audi-Motorenchef und Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz mit einer Verurteilung wegen Betrugs gedroht. Darauf stehen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Für eine Verurteilung sieht Weickert nach zweieinhalb Jahren Verhandlungsdauer ausreichend viele Beweise. Bei vollen Geständnissen könnten die Strafen zur Bewährung ausgesetzt werden, hatte der Richter betont. Stadler und Hatz, die die Vorwürfe stets zurückgewiesen hatten, äußerten sich am Dienstag zunächst nicht zu ihrem Vorgehen. Deren Verteidiger einigten sich mit dem Gericht auf weitere Bedenkzeit bis in die zweite Aprilhälfte.
Prominentes Gerichtsverfahren
Der Prozess ist eines der prominentesten Gerichtsverfahren zur Aufarbeitung des Dieselskandals bei VW und Audi. Der Skandal um millionenfach manipulierte Abgaswerte war im September 2015 aufgeflogen. Der Münchner Strafprozess läuft seit September 2020. Firmenchef Stadler soll es nach Bekanntwerden des Skandals versäumt haben, den Verkauf der manipulierten Autos zu stoppen. Stadler müsste laut Gericht spätestens im Juli 2016 erkannt haben, dass in den in Europa verkauften Autos Betrugssoftware verwendet worden sein könnte. Er habe aber nicht nachgehakt und den Verkauf bis 2018 weiterlaufen lassen. Daher kommen für Stadler eine Strafbarkeit wegen Betruges durch Unterlassen in Betracht. Stadler bestreitet bislang jede Schuld.