Honeywell-Chef Kapur muss Mischkonzern verschlanken
Honeywell-Chef Kapur muss Mischkonzern verschlanken
Von Alex Wehnert, New York
Vimal Kapur hat eine gewaltige Transformationsaufgabe zu stemmen. Der Vorstandsvorsitzende von Honeywell International will eines der letzten großen Industriekonglomerate stromlinienförmiger aufstellen, muss sich dabei aber mit unwillkommener Einmischung von außen herumschlagen. Denn der Shareholder-Aktivist Elliott Investment Management hat eine Beteiligung im Umfang von rund 5 Mrd. Dollar bei dem Konzern aus Morristown, New Jersey, aufgebaut und drängt nun auf dessen Aufspaltung.
Die Produktpalette von Honeywell reicht von Thermometern bis hin zu Flugzeugfahrwerken und Militärtechnik. Während sich Rivalen wie General Electric und Dow Chemical in den vergangenen Jahren fundamental neu aufgestellt haben, hat der seit 2023 von Kapur geführte Konzern seine breite Struktur vor Aktionären bisher stets gerechtfertigt. Doch eine Underperformance des an der Börse rund 150 Mrd. Dollar schweren Industrieriesen gegenüber dem breiten Markt – die Honeywell-Aktie hat im laufenden Jahr rund 9% an Wert gewonnen, der Dow Jones Industrial Average liegt mit über 19% im Plus – macht ihn anfällig für aktivistische Attacken.
Hohe Kursgewinne in Aussicht gestellt
Elliott drängt nun auf tiefgreifende Veränderungen: Eine Trennung des Automatisierungsgeschäfts und der Aerospace-Einheit sollen über die kommenden beiden Jahre Kursgewinne von 51 bis 75% bringen, prognostiziert der Investor. Dabei verweist er auf eine wenig einheitliche strategische Ausführung und divergierende Finanzkennzahlen in den Geschäftseinheiten, die eine Steigerung des Shareholder Return bisher behinderten.
In der Luft- und Raumfahrtsparte, die Triebwerke und Cockpits für Boeing, Airbus, Bombardier und andere Konzerne produziert, erzielt Honeywell rund 40% ihrer Jahreserlöse. Doch während sie in dem Segment noch robuste Erlös- und Gewinnzuwächse sowie Margen von fast 28% vorweisen kann, entwickeln sich Absatz und Profit im Geschäft mit industriellen Automatisierungslösungen rückläufig. Bei der Zahlenvorlage zum dritten Quartal strich Honeywell die Jahresprognose auch infolge einer schwächeren Nachfrage nach Smart-Energy-Produkten zusammen: Der Umsatz soll demnach nun in der Spanne von 38,6 bis 38,8 Mrd. Dollar liegen, zuvor hatte der Konzern 39,1 bis 39,7 Mrd. Dollar vorhergesagt.
Milliardenmittel aufgewendet
Kapur zeigt sich mit Blick auf die langfristigen Ziele des Konglomerats dennoch optimistisch: „Wir haben bei der Vereinfachung und Optimierung des Portfolios im laufenden Jahr bedeutende Fortschritte gemacht“, teilt der CEO mit. Dabei hebt er auch die 3,1 Mrd. Dollar hervor, die Honeywell im abgelaufenen Quartal für Dividenden, Investitionsausgaben „mit hohem Renditepotenzial“ und auch für Fusionen und Übernahmen aufgewendet habe. Denn wenngleich der in Indien geborene amerikanische Manager den Konzern verschlanken will, sucht er mit strategischen Akquisitionen wie der 1,9 Mrd. Dollar schweren Cash-Übernahme des Sensorik-Spezialisten CAES Systems das Verteidigungsportfolio zu stärken.
Dem stehen Pläne gegenüber, die mit rund 10 Mrd. Dollar bewertete Sparte Advanced Materials abzuspalten, die ultraleichte ballistische Gewebe für militärische Anwendungen oder Verpackungslösungen für die medizinische und pharmazeutische Industrie herstellt. Die Einheit PPE, die Schutzkleidung für Arbeiter produziert, hat Honeywell bereits für 1,325 Mrd. Dollar Cash an eine Einheit der Investmentgesellschaft Odyssey verkauft.
Aktivisten prallen ab
Nun will sich Kapur, der seine Karriere 1989 in einem von Honeywell gegründeten Joint Venture startete und seit diesem Jahr auch dem Verwaltungsrat vorsitzt, auf Spin-offs weiterer nicht zentraler Geschäftseinheiten konzentrieren. So weit wie Elliott plant er indes nicht zu gehen. Die Attacke des Investors stellt nicht die erste aktivistische Kampagne bei Honeywell dar. Im Jahr 2017 drängte Starinvestor Dan Loeb mit seinem Hedgefonds Third Point bereits darauf, die Luftfahrteinheit abzuspalten, deren organisches Wachstum der Konkurrenz damals hinterherhinkte.
Kapurs CEO-Vorgänger Darius Adamczyk trieb stattdessen Spin-offs der weniger zentralen Haushaltsgeräte-Einheit sowie der Turbolader-Sparte voran, die heute als Resideo bzw. Garrett Motion an der Börse notieren. Daraufhin fand sich Third Point mit der Entscheidung ab und stärkte Adamczyk schließlich sogar öffentlich den Rücken – Kapur wird nun hoffen, dass sein Ringen mit Shareholder-Aktivisten ähnlich positiv endet.