Brauereien

James Watt vor dem Brewdog-IPO unter Beschuss

Der Brewdog-Gründer und CEO James Watt muss sich neuer Vorwürfe erwehren, nachdem ehemalige Mitarbeiter bereits im vergangenen Jahr über eine „Kultur der Angst“ klagten. Dabei will er an die Börse.

James Watt vor dem Brewdog-IPO unter Beschuss

Von Andreas Hippin, London

Der Brewdog-Gründer und CEO James Watt hat die Anschuldigungen gegen ihn zurückgewiesen, die von ehemaligen US-Mitarbeitern in einer BBC-Scotland-Fernsehdokumentation gegen ihn erhoben wurden. Sein Verhalten habe dafür gesorgt, dass sich Mitarbeiterinnen „unwohl“ und „machtlos“ gefühlt hätten, hieß es darin. Katelynn Ising, die in der Bar Dog Tap in Ohio für Brewdog arbeitete, gab an, dass sich Mitarbeiterinnen unattraktiv gemacht hätten, wenn sie wussten, dass Watt vorbeikommen wollte. Sie habe zudem beobachtet, wie Watt Kundinnen zu nächtlichen Besichtigungen der neben der Bar gelegenen Brauerei mitnahm. Watts Anwälte wiesen alle Vorwürfe zurück. Brewdog ist seit 2016 in den Vereinigten Staaten tätig und gehört in Großbritannien neben Burger King und Virgin Atlantic zu den heißesten Kandidaten für ein Initial Public Offering.

Das Unternehmen hat wenig gute Erfahrungen mit der BBC gemacht. Nachdem Martin Dickie und er die Biermarke 2007 im schottischen Ellon an den Start gebracht hatten, bewarben sie sich für die Show „Dragon’s Den“, die in etwa dem deutschen Format „Die Höhle der Löwen“ entspricht. Sie stellten ihr Konzept den Produzenten vor, die es für nicht investierbar erklärten. Die Drachen bekamen sie gar nicht erst zu sehen. Mittlerweile nähert sich die Bewertung von Brewdog 2 Mrd. Pfund.

„Kultur der Angst“

Im vergangenen Jahr hatten sich ehemalige britische Mitarbeiter über eine „Kultur der Angst“ im Unternehmen und eine „toxische Einstellung“ des Managements beklagt, was Watt zu einer umfangreichen Entschuldigung und wohl auch zu einer veränderten Herangehensweise bewog. Wer seine bisweilen manisch wirkenden Auftritte in den sozialen Medien verfolgt, bekommt zumindest den Eindruck, dass er reichlich über sich und seine Rolle nachdenkt. Ausgerechnet der „Mail on Sunday“ gestand er vor kurzem, dass er die Kanzlei Freshfields als Berater für den Börsengang mandatierte. Ein IPO würde den zahllosen „Equity Punks“, die das Unternehmen in einer Reihe von Crowdfunding-Runden unterstützten, mehr Liquidität bieten, argumentiert Watt. Bislang können sie ihre Anteile nur an einem Tag pro Jahr handeln.

Brewdog ist für gewagte Werbeaktionen bekannt. Watt ließ ausgestopfte fette Katzen aus einem Hubschrauber über dem Londoner Finanzviertel abwerfen, um darauf aufmerksam zu machen, dass man auch ohne Banker Geld bei Anlegern einsammeln kann. Das hielt ihn nicht davon ab, später den kalifornischen Finanzinvestor TSG Consumer Partners mit ins Boot zu holen, zu dessen Portfolio Marken wie Pop Chips und Vitamin Water gehören. Von Ausverkauf könne nicht die Rede sein, hieß es damals. Während die Hersteller der vor Sportübertragungen mit großem Aufwand beworbenen Fernsehbiere über schwindende Nachfrage klagten, wurden die Produzenten obskurer Bierspezialitäten von der Kundschaft überrannt. Mit Punk hat das übrigens wenig zu tun. Gleich eine ganze Reihe von Szenegrößen wie die Bands GBH, Oi Polloi und Subhumans fragte in einem offenen Brief, ob Brewdog den Begriff zu Recht verwendet, nachdem das Unternehmen gegen einen Musikveranstalter vorging, der eine Bar mit Namen „Draft Punk“ eröffnen wollte.

Mitunter gehen die Werbegags von Brewdog nach hinten los. So wurde all denjenigen, die sich als Frau identifizieren, ein Bier namens Pink IPA billiger als das traditionelle Punk IPA angeboten. Man habe auf ironische Weise darauf aufmerksam machen wollen, dass Frauen immer noch weniger verdienen als Männer, hieß es damals. Prompt wurde Brewdog von einem Mann mit Doktortitel vor Gericht gezerrt, der sich wegen seines Geschlechts diskriminiert fühlte. Dabei hatte er sich als Frau ausgegeben, um in einem Brewdog-Pub ein Fünftel weniger bezahlen zu müssen. Das spielte für den zuständigen Provinzrichter jedoch keine Rolle, denn er sei ganz offensichtlich wegen seines Geschlechts diskriminiert worden. Dass sich die goldenen Bierdosen in einem Wettbewerb, der Willy Wonka alle Ehre gemacht hätte, als lediglich vergoldet erwiesen, schadete dem Ansehen des Unternehmens mehr – kein guter Vorbote für das IPO.