Jongleur zwischen zwei Porsche-Welten
Jongleur zwischen zwei Porsche-Welten
Von Stefan Kroneck, München
Der 12. März 2025 wird keine Sternstunde von Lutz Meschke sein. Der Finanzvorstand und Vizechef der Porsche AG präsentiert an diesem Tag aller Voraussicht nach eine schwache Erfolgsrechnung 2024 des Sportwagenbauers. Nach einem jüngst bekannt gegebenen Absatzrückgang wird die Konzernführung für die Öffentlichkeit wohl teils empfindliche Umsatz- und Ergebniseinbußen vorlegen.
Vorgeschmack auf dieses Jahr
Die Gewinn- und Erlöswarnung von Meschke im Sommer 2024 gab einen Vorgeschmack darauf, was die Anleger zu erwarten haben. Die Investoren wenden sich von der Aktie des schwäbischen Dax-Mitglieds ab. Mit derzeit 61 Euro notiert das Papier mehr als ein Viertel unter ihrem Ausgabepreis von Ende September 2022. Der Kurseinbruch spiegelt die wachsende Schere zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Porsche AG auf operativer Geschäftsebene wider. Auch für 2025 sind die Aussichten wenig rosig. Der Wettbewerbsdruck wächst infolge des Vormarschs chinesischer Autohersteller bei batteriebetriebenen Fahrzeugen, die Wirtschaftsschwäche des wichtigen Einzelmarkts China hält an und die Lieferketten sind weiterhin störanfällig.
Zahlenmensch
In dieser ungünstigen Lage versucht der 58-jährige Manager einen kühlen Kopf zu behalten. Nach außen gibt er sich souverän, kontrolliert und sachlich. Meschke ist ein Zahlenmensch. Im Vergleich zum Vorstandsvorsitzenden Oliver Blume (56), der seit 2022 in gleicher Funktion auch den Mutterkonzern Volkswagen führt, ist der zweite Mann bei der Edelautoschmiede kein Eigengewächs des Pkw- und Nutzfahrzeugkonglomerats.
Während der aus Braunschweig stammende Blume nach dem Ende seines Maschinenbau-Studiums vor 30 Jahren bei der Konzerntochter Audi seine berufliche Karriere begann, war der in Hilden (NRW) geborene Meschke nach seinem BWL-Abschluss 1991 zunächst mehrere Jahre für KPMG und danach kurzweilig für Hugo Boss in leitenden Funktionen tätig gewesen. 2001 stieß er zur Porsche AG, wo er rasch aufstieg. Meschke ist seit 16 Jahren CFO, und seit 10 Jahren darüber hinaus stellvertretender Vorstandschef. Mit Beginn von Blumes Amtszeit rückte er zugleich zu dessen Stellvertreter auf.
Führungstandem bekommt Risse
Dieses Tandem brachte das Unternehmen vor fast zweieinhalb Jahren zurück an die Börse. Die Erfolgsgeschichte dieses Führungsduos bekommt aber zunehmend Risse. Die VW-Kernmarke befindet sich in einer tiefen strukturellen Krise. Die Vorzeige-Tochtergesellschaft aus der baden-württembergischen Landeshauptstadt schwächelt, die Margen erodieren. Blume ist bei VW stärker denn je gefordert. Die Schwächen seiner ohnehin umstrittenen Doppelrolle treten nun offen zutage. Aufgrund von Blumes zunehmend in Wolfsburg gebundenen Kapazitäten bekommt Meschke in der Porsche-Zentrale immer mehr an Gewicht. De facto führt er die Porsche AG und hält Blume den Rücken für die Restrukturierung des VW-Volumengeschäfts frei.
Lutz Meschke im Gespräch anlässlich der Verleihung des Corporate Finance Award 2022 der Börsen-Zeitung in der Kategorie IPO an Porsche
Doch auch Meschke kann seine Arbeitszeit für seinen Hauptberuf nur in Grenzen zur Verfügung stellen. Nebenher ist er seit über viereinhalb Jahren im Vorstand der von den Familien Porsche und Piëch dominierten Beteiligungsholding Porsche SE für das Beteiligungsmanagement verantwortlich. In dieser Rolle managt er die beiden strategischen Aktienpakete der auch in Stuttgart sitzenden Gesellschaft mit ihren rund 40 Mitarbeitern. Die Porsche SE ist zweitgrößter Einzelaktionär des Sportwagenbauers und nach Stimmrechten größter Einzelaktionär der Volkswagen AG.
Interessenkonflikte
Ähnlich wie Blume, allerdings in einer anderen Dimension der Verantwortung, jongliert er im VW/Porsche-Reich zwischen zwei Unternehmen, nämlich der Porsche AG und der Porsche SE. Für Meschke ist das ein Drahtseilakt, schließlich impliziert das Interessenkonflikte. Als CFO der Porsche AG dürfte er zum Beispiel dazu neigen, zwar genügend Dividende an die Porsche SE und VW auszuschütten, aber vom erwirtschafteten Gewinn ausreichend für eigene Unternehmenszwecke einzubehalten (z.B. zum weiteren Ausbau der Elektro-Modellreihen). Als Vorstandmitglied der Porsche SE müsste er andererseits auf möglichst viel Gewinnausschüttung von der Porsche AG pochen. Die im Dezember angekündigten Abschreibungen auf beide Kernbeteiligungen in Milliardenhöhe, die bei der Porsche SE 2024 für tiefrote Zahlen sorgen, zeigen dieses Dilemma.
Kein Problem für Porsche/Piëch
Die beiden Unternehmerfamilienzweige mögen darin kein Problem sehen. Allerdings haben sie kraft ihrer Position eine andere Sicht auf die Dinge als externe professionelle Investoren, die kleine Anteile an den Unternehmen halten. In diesem Loyalitätskonflikt mit dem Haupteigentümer-Clan steht Meschke ebenso wie Blume.
Von dieser komplexen Beziehung kann Hans Dieter Pötsch ein Lied singen. Der 73-jährige Österreicher ist CEO der Porsche SE und zugleich Aufsichtsratschef von VW. Doppelrollen im VW/Porsche-Biotop haben bei Topmanagern, die das Vertrauen der Sprecher beider Familienstämme genießen, eine gewisse Tradition. Sie steht aber im Widerspruch zu einer modernen guten Unternehmensführung (Corporate Governance).
Lutz Meschke im Gespräch anlässlich der Verleihung des Corporate Finance Award 2021 der Börsen-Zeitung in der Kategorie Mid/Small Caps an Porsche