Amerikas Leitzins-Lenker (4)Raphael Bostic

Nach einer glänzenden Karriere bleibt der Skandal haften

Raphael Bostic hat eine glänzende Karriere hingelegt. Er wurde der erste afroamerikanische Präsident einer regionalen Fed. In Erinnerung bleiben wird aber ein Skandal, der andere Notenbanker zu Fall brachte.

Nach einer glänzenden Karriere bleibt der Skandal haften

Nach einer glänzenden Karriere bleibt der Skandal haften

Amerikas Leitzins-Lenker (4): Raphael Bostic

Von Peter De Thier, Washington

Zuletzt erschienen Offenmarkt-Strategin dringt auf effizientere Fed-Bilanz (26.3.2025) Der gefallene Prinz will sein Erbe nicht verlieren (18.3.2025)

Stolz ist Raphael Bostic (58) darauf, dass er es als erster Afroamerikaner in der Geschichte bis an die Spitze eine regionalen Notenbank gebracht hat. Ginge es nach Bostic, dann wäre seine Rolle als Präsident der Federal Reserve Bank von Atlanta das prägende Merkmal seiner langen Laufbahn als Nationalökonom. Dabei hatte er zuvor auch andere, eindrucksvolle Karrierestationen absolviert. An der Eliteuni Harvard studierte er Volkswirtschaft und Psychologie. An der Westküste schrieb Bostic dann seine Doktorarbeit an der Stanford University. 

Schon in jungem Alter saß er im Vorstand des staatlichen Wohnbaufinanzierers Freddie Mac. Unter dem früheren Notenbankchef Alan Greenspan arbeitete Bostic dann als Ökonom bei der Fed. Später holte Ex-Präsident Barack Obama den Nationalökonomen in das Wohnbauministerium. Dort war Bostic stellvertretender Staatssekretär. Dann lehrt er an seiner Alma Mater Stanford. 2017 trat der Volkswirt schließlich die Nachfolge von Dennis Lockhart als Präsident der Atlanta Fed an.

Fragliche Wertpapiergeschäfte

Zum Leidwesen des Notenbankers wird den meisten Fed-Beobachtern aber weniger seine abwechslungsreiche Karriere in Erinnerung bleiben. Vielmehr sind zwielichtige Wertpapiergeschäfte das prägende Merkmal seiner acht Jahre an der Spitze des Fed-Ablegers in Georgia. Damit verbunden ist auch die Tatsache, dass Bostic sich trotz ethisch fragwürdiger Transaktionen hartnäckig an seinen Job geklammert hat.

Der Skandal spitzte sich im Sommer 2021 zu. Zuvor waren Informationen an die Öffentlichkeit gelangt, wonach Bostic während der „Blackout Period“ der Federal Reserve Geschäfte mit Aktien und Anleihen machte. Dabei war es eine ungeschriebene Regel, dass jeder Notenbanker derartige Interessenkonflikte zu vermeiden hat.

Die zuständige Aufsichtsbehörde, das Office of the Inspector General, warf dem Ökonomen zwar keine Insidergeschäfte vor. Doch hätten die Transaktionen den Eindruck erweckt, als habe Bostic von Informationen über geldpolitische Beschlüsse profitiert. Das war umso peinlicher, als der Atlanta Fed-Chef damals ein stimmberechtigtes Mitglied des Offenmarktausschusses (FOMC) war. Dort hatte der Inflationsfalke früher als andere für einer Verschärfung des zinspolitischen Kurses plädiert.  

Andere zogen Konsequenzen

Robert Kaplan und Eric Rosengren, Leiter der regionalen Zentralbanken in Dallas und Boston, waren ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt. Sie nahmen bald danach den Hut. Allen Rücktrittsaufforderungen zum Trotz blieb Bostic aber im Amt. Dies, obwohl er während der „Schweigefrist“ – diese beginnt etwa 10 Tage vor und endet einen Tag nach FOMC-Sitzungen – verschiedene Wertpapiere ge- und verkauft hatte.

Die Affäre um Bostic schlug hohe Wellen. Auch brachte der Skandal die Notenbank und deren Vorsitzenden Jerome Powell in Bedrängnis. Powell versuchte gerade, die Gratwanderung zwischen steigender Inflation und neuen Konjunkturrisiken zu meistern. Nun hatte er obendrein mit einem Ethik-Skandal zu kämpfen, der nicht nur dem Ruf der Notenbank schadete. Auch musste der Fed-Vorsitzende deswegen plötzlich um seine Nominierung für eine weitere Amtsperiode bangen. Die Fed formalisierte prompt neue Ethikvorschriften, die jedem Notenbanker strenge Vorgaben machten. 

Nur die zweite Geige

Obwohl er geblieben ist, spielt Bostic dieser Tage nur die zweite Geige. Zwar sind die Ansichten des renommierten Ökonomen weiter gefragt. Er gilt als rigider Falke unter den Notenbankern. Kürzlich sagte Bostic, dass er angesichts neuer Inflationsrisiken dieses Jahr nur noch mit einer Zinssenkung rechnet. Gleichwohl wird er erst 2026 als alternierendes Mitglied dem FOMC angehören. Erst 2027 wird er wieder eines der 12 stimmberechtigten Mitglieder sein. Kritiker sehen in dem derzeit fehlenden Mitspracherecht eine Art ausgleichende Gerechtigkeit, die nach Ansicht Vieler nur zu spät kam.  


Die bisher erschienenen Teile der Serie „Amerikas Leitzins-Lenker“ finden Sie hier.

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