Spaniens Energieministerin strebt nach Brüssel
ths Madrid
In Spanien war Teresa Ribera bis vor kurzem bekannt als ausgewiesene Umwelt- und Energieexpertin. Als Ministerpräsident Pedro Sánchez sie 2018 in sein erstes Kabinett holte, übernahm die Ministerin ein Ressort mit einem völlig neuen Zuschnitt, die Ökologische Transition. Als Spitzenkandidatin der Sozialisten der PSOE im Europawahlkampf im Juni zeigte Ribera dann, dass sie über ihr Fachgebiet hinaus eine Vollblutpolitikerin ist, die ebenso über Migration, Gaza oder die Rechtspopulisten debattieren kann. Die Madrilenin holte mit 30% der Stimmen den zweiten Platz für die PSOE; das lag über den Erwartungen.
Dennoch verzichtet Ribera auf das Mandat im Europaparlament. Sánchez hat seine dritte Stellvertreterin nämlich für höhere Aufgaben vorgesehen. Ribera soll in der neuen Kommission den Posten einer Vizepräsidentin erhalten, idealerweise mit einem ähnlichen Großressort von Umweltschutz und Energiepolitik, wie sie es in Spanien führt. Auch wenn Spaniens Sozialisten viel Gewicht in Brüssel und im Europaparlament haben, wird es ein hartes Ringen. Denn in letzter Zeit ist die Umweltpolitik der Europäischen Union, der Grüne Deal, von vielen Seiten unter Beschuss geraten. Ribera kritisierte diesbezüglich ihre künftige Chefin, Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen.
Grüne Agenda zum Wohle Europas
„Die grüne Agenda ist die einzige Garantie, damit die EU ihre Vorreiterrolle in der Welt zurückerobern kann und unserer Wirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber globalen Schwergewichten wie den USA und China sichert“, erklärte Ribera. In Spanien ging die Juristin gegen fossile Brennstoffe vor und förderte den Ausbau erneuerbaren Energien. Umstritten war dabei etwa die Sondersteuer auf die Zufallsgewinne der Energiekonzerne durch die Preisexplosion.
Die 55-Jährige studierte Verfassungsrecht, doch nach dem Eintritt in die Staatsverwaltung spezialisierte sie sich auf Umwelthemen. In der sozialistischen Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero leitete Ribera das Büro für den Klimawandel und wurde 2008 Staatssekretärin. Nach dem Regierungswechsel arbeitete die Spanierin für Denkfabriken, bevor Sánchez sie im Jahr 2018 in die Politik zurückholte.
Reform der Strompreisfindung
In Europa machte sich Ribera einen Namen mit der so genannten „iberischen Ausnahme“ vom europäischen Strompreisfindungsmechanismus. Im Zuge der Explosion der Energiepreise nach dem russischen Überfall auf die Ukraine verhandelten Spanien und Portugal eine Ausnahme vom System, wonach die Endpreise für Strom von der teuersten Energieform bestimmt werden. Eine solche Reform plant Ribera auch für Europa, obwohl man in Deutschland und Frankreich wenig begeistert ist.
Von Unternehmern wird Ribera zugleich geschätzt und gefürchtet. Sie hatte keine Scheu, den Ölkonzern Repsol des Greenwashings zu beschuldigen. Andererseits zeigte die stellvertretende Ministerin diplomatisches Geschick im Umgang mit konservativen Landesfürsten, mit denen sie sich bei Umweltthemen einigen konnte. Davon wird sie in Brüssel eine gehörige Portion brauchen, sollte Sánchez seine Kandidatin durchsetzen können.