Trumps Behördenchefs wollen Finanzregulierung zerpflücken
Trumps Behördenchefs wollen Regulierung zerpflücken
Von Alex Wehnert, New York
Amerikas Finanzaufseher stecken in der womöglich unruhigsten Phase ihrer Geschichte. Denn die neue US-Regierung stellt die Unabhängigkeit einiger der für die Wall Street wichtigsten Behörden infrage. Die alte Garde demokratischer Direktoren um Gary Gensler, den Ex-Chef der Börsenaufsicht SEC, und Martin Gruenberg, den ehemaligen Vorsitzenden der Einlagensicherung FDIC, hat ihren Abschied genommen. Nun sucht Präsident Donald Trump willige Gefolgsleute auf Spitzenposten zu heben, die seine Deregulierungsagenda ausführen sollen.
Designierter CFPB-Chef als Bankenfreund
Einer der meistbeachteten Wechsel vollzieht sich an der Spitze des Consumer Financial Protection Bureau (CFPB). Anfang Februar feuerte Trump Direktor Rohit Chopra, unter dessen Führung die Verbraucherschutzbehörde während der Regierungszeit Joe Bidens wiederholt hart gegen Großbanken um J.P. Morgan und Bank of America vorging und sich deren Zorn zuzog. Nun soll Jonathan McKernan, zuletzt Teil des republikanischen Kontingents im Führungsgremium der Einlagensicherung FDIC, nach Wunsch des neuen Präsidenten das CFPB führen.
Der Jurist trägt bei seinen Anhörungen zur Bestätigung durch den US-Kongress gerne eine bärbeißige Miene zur Schau. In seiner Zeit bei der FDIC fiel er als Abweichler auf, der gegen Vorschläge zur Umsetzung des globalen Bankenpakets Basel III in den Vereinigten Staaten votierte. Zugleich setzte er sich für eine stärkere Überwachung der Beteiligung führender Assetmanager an Kreditinstituten ein. Das Engagement von Vermögensverwaltern, die sich als Großaktionäre über Jahre für Nachhaltigkeitsinitiativen stark machten, rief in konservativen Kreisen heftige Kritik hervor – inzwischen knicken Adressen wie Blackrock zunehmend unter diesem politischen Gegenwind ein.
Effizienzgewinne im Fokus
McKernan, der an der University of Tennessee Wirtschaft studierte und ein Berufsdoktorat der Duke University Law School hält, kritisierte in Senatsanhörungen das „übermäßig aggressive“ Vorgehen des CFPB gegen Finanzinstitute während der Biden-Ära und betonte, die Behörde müsse sich „wieder auf ihre Kernaufgabe fokussieren“. Sie sei daran gescheitert, Vorteile und Nutzen seiner Neuregulierungen richtig gegeneinander abzuwägen und habe somit letztlich höhere Kosten für Bankkunden verursacht. Das Verbraucherschutzbüro solle nun effizienter werden und gegenüber dem Kongress und dem Präsidenten Rechenschaft ablegen.

Bestätigen Repräsentantenhaus und Senat McKernan im Amt, übernimmt er eine Behörde in schwerem Tumult. Nach Chopras Entlassung übernahm Finanzminister Scott Bessent zunächst die Leitung und wies das CFPB an, keine neuen Ermittlungen anzustoßen oder finalen Entscheidungen zu treffen. Der darauf kommissarisch als Chef des Bureau eingesetzte Russell Vought, eigentlich Direktor des Amts für Verwaltung und Haushaltswesen (Office of Management and Budget), schloss gar die Behördenzentrale und wies alle Mitarbeiter an, ihre Aufsichtstätigkeiten einzustellen.
Musks Eingriffe rufen Sorgen wach
Zudem beurlaubte er Leiter wichtiger Abteilungen, worauf diese zurücktraten. Überdies schickte Vought sich an, alle Mitarbeiter vor die Tür zu setzen, die sich in der Probezeit befinden. Wie viele Beschäftigte betroffen sind, ist aktuell noch unklar. Die Gewerkschaft der CFPB-Mitarbeiter reagiert mit Klagen und wirft Vought Verstöße gegen die konstitutionell verankerte Gewaltenteilung sowie den Datenschutz vor. Denn Voughts Vorgehen ist eng mit jenem von Elon Musks Department of Government Efficiency (DOGE) abgestimmt, dessen Mitarbeiter sich Zugang zur CFPB-Zentrale verschafften und auf Computersysteme zugriffen – angeblich nur mit Leseberechtigung.
Das Bezirksgericht des District of Columbia hört Zeugenaussagen dazu an, dass die kommissarische Führung die Behörde illegal dazu gebracht hat, ihre rechtlich vorgeschriebenen Funktionen nicht mehr auszuführen. Nun kursieren in Washington E-Mails, die Beobachter als Versuch der Trump-Verwalter sehen, sich gegen solche Vorwürfe abzusichern. So schrieb der aktuell als oberster Rechtsbeistand der Behörde agierende Mark Paoletta, Mitarbeiter hätten in den vergangenen Wochen eine Tipp-Hotline für CFPB-Aufseher und -Vollstrecker einrichten müssen – wiewohl dies im Widerspruch zu Voughts Anordnungen gestanden hätte.
Behörde lässt Klagen gegen Finanzdienstleister fallen
Zuletzt ließ das CFPB zudem fünf große Klagen fallen – darunter auch ein gegen den Kreditkartenanbieter Capital One angestrengter Prozess. Der Regulator warf dem Payment-Dienstleister erst im Januar vor, Kunden in die Irre geführt und somit um mehr als 2 Mrd. Dollar an Zinserträgen geprellt zu haben. Capital One weist dies zurück. Demokratische Senatoren äußern nun den Verdacht, dass nicht McKernan, sondern Musk die Verbraucherschutzbehörde führen werde. „Wenn ich bestätigt werde, bin ich der Direktor“, entgegnete McKernan.

Allerdings muss er sich unter künftige Behördenchefs einreihen, die einen Auftrag haben: die Finanzbranche mit Samthandschuhen anzufassen. Paul Atkins, den Trump als Vorsitzenden der SEC nominiert hat, stellte das Vorgehen der Aufsicht gegen Kryptodienstleister öffentlich infrage. Der Republikaner, bereits zwischen 2002 und 2008 SEC-Kommissar und zuletzt als Berater aktiv, dürfte nach Ansicht vieler Beobachter zudem Druck verspüren, Klagen des Regulators wegen mutmaßlicher Irreführung von Investoren gegen Musk fallen zu lassen.
Einlagensicherung droht Verzwergung
Derweil droht neben dem CFPB auch anderen Behörden die Verzwergung – allen voran der FDIC, die der bisherige Vize Travis Hill kommissarisch leitet. In Trumps Beraterkreis zirkulieren angeblich Überlegungen, die Einlagensicherung aufzulösen und ihre Verantwortlichkeiten ins Finanzministerium zu überführen. Regulierungsexperten warnen, dass ein solcher Schritt das Vertrauen in die Finanzstabilität zu untergraben droht. Zumindest könnte Trump die FDIC und das für die Überwachung des nationalen Kreditwesens zuständige OCC durch dieselbe Person führen zu lassen.
Selbst wenn die Regulatoren wie gesetzlich mandatiert getrennt blieben, könnte das OCC dann die Aufsichtsfunktionen der Einlagensicherung und ihre Zuständigkeiten bei der Abwicklung kollabierter Banken übernehmen. Derselbe Behördenleiter könnte demnach als Untersekretär ins Finanzministerium eingebunden werden. Für den Spitzenposten nominiert ist der Anwalt Jonathan Gould, Partner bei der Kanzlei Jones Day. Dieser agierte bereits während der ersten Trump-Amtszeit als Rechtsberater der OCC und bringt zudem Erfahrung im Krypto-Sektor mit – laut Beobachtern passt er bestens in das Anforderungsprofil für den Deregulierungskurs des Präsidenten.