Zum SAP-Geburtstag viel Gegenwind
Von Sebastian Schmid, Frankfurt
Rekorddividende, kräftiges Wachstum in der Cloud – operativ läuft es für Europas größten Softwarekonzern SAP im Jahr des 50-jährigen Firmenjubiläums relativ rund. Doch viele Aktionäre sind unzufrieden, denn die Kursentwicklung gibt wenig Anlass zur Freude. Rund 30% hat die Aktie des Dax-Konzerns seit Jahresbeginn eingebüßt und die Bilanz über die zwölf Monate seit der letzten Hauptversammlung fällt kaum besser aus – trotz des Versprechens einer rekordhohen Dividende von 2,45 Euro je Aktie.
Auf der diesjährigen Hauptversammlung am Mittwoch wird sich Aufsichtsratschef Hasso Plattner als jüngster und letzter noch aktiver Gründer erneut für eine zweijährige Amtszeit zur Wahl stellen – wie vor einem Jahr angekündigt. Er habe die Aufgabe, „das Unternehmen an die nächste Führungsgeneration zu übergeben. Diese Aufgabe liegt mir sehr am Herzen“, erklärte er nun. Er wolle er den Erfolg von SAP „nicht durch einen Führungswechsel beeinträchtigen“.
Wechsel als „Normalzustand“
Viele Aktionäre scheinen Plattner mittlerweile aber mehr als Teil des Problems denn als Teil der Lösung wahrzunehmen. „Ständige Wechsel im Vorstand“ seien bei SAP inzwischen schon fast der Normalzustand. Das spreche nicht unbedingt für eine solide und langfristige Nachfolgeplanung, urteilt etwa Jella Benner-Heinacher, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz). „Jetzt verlässt sogar der Finanzvorstand nach fast 30 Jahren den Vorstand“, erklärte sie bedauernd. „Luca Mucic war für uns Investoren immer der Fels in der SAP-Brandung.“
Einen anderen Fels in der SAP-Brandung will die DSW derweil offenbar lieber heute als morgen außer Dienst stellen – den Aufsichtsratsvorsitzenden Hasso Plattner. Eine Nachfolgeregelung sei seit über 8 Jahren angekündigt worden und sei nun – wieder einmal – für das Jahr 2024 weiter in die Zukunft verlegt worden. „Wir sind uns bewusst, welche wichtige Rolle Hasso Plattner für SAP immer gespielt hat“, sagt Benner-Heinacher. Davon unabhängig sei jedoch seine Rolle als Chefkontrolleur eines Dax-Unternehmens zu sehen. Der Nominierungsausschuss sei der Aufgabe, die Nachfolge im Aufsichtsrat und im Vorsitz zu regeln, „offensichtlich“ bis heute nicht richtig nachgekommen. Die DSW werde daher gegen die Wahl von Plattner, Rouven Westphal und Gunnar Wiedenfels stimmen – allesamt Mitglieder im Nominierungsausschuss.
Auch Union Investment lehnt Plattners erneute Wahl in den Aufsichtsrat ab. „Wir entlasten Vorstand und Aufsichtsrat, stimmen aber unter Tagesordnungspunkt 8 gegen die Wiederwahl von Herrn Plattner“, erklärte Fondsmanager Markus Golinski. Die Wiederwahl von Herrn Westphal und Herrn Wiedenfels will Union Investment indes unterstützen.
Der Gegenwind im Geburtstagsjahr kommt für Plattner kaum überraschend. So ist er seinen Kritikern bereits entgegengekommen, indem er den Vorsitz im Personal- und Governance-Ausschuss sowie im Nominierungsausschuss abgegeben hat. Zudem soll es erstmals einen Lead Independent Director geben. Allerdings geht dies und die gestutzten Zuständigkeiten des 78-Jährigen einem Gutteil der Aktionäre nicht weit genug. Das mag auch daran liegen, dass Plattner erstmals im Mai 2019 angekündigt hatte, dies sei seine letzte Amtszeit, verbunden mit dem Versprechen, sich intensiv mit der Frage seiner Nachfolge zu befassen – ehe er 2021 eine neuerliche Kandidatur ankündigte.
Vor drei Jahren hatte der Mitgründer immerhin knapp 94% der Stimmen des anwesenden Kapitals auf sich vereinen können – rund 20 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2014, als es schon einmal Kritik hagelte. 2022 droht Gegenwind zum 50. SAP-Geburtstag und ein unschönes Ergebnis für den Mann, der sich letztlich mehr als jeder andere um SAP verdient gemacht hat.