Bringt Regulierung die Elektro-Wende?
Gastbeitrag
Bringt Regulierung die Elektro-Wende?
Chancen und Herausforderungen aktueller Vorhaben
Von Dr. Friedrich Gebert, Rechtsanwalt und Partner, Arqis, und Finn-Ole Münchow, Rechtsanwalt, Arqis
Während die Absatzzahlen für E-Autos in Deutschland sinken und deutsche Automobilhersteller die Abkehr vom Verbrenner in die Zukunft schieben, versucht der Gesetzgeber diesem Trend entgegenzuwirken. Erst kürzlich ist die EU-Verordnung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe in Kraft getreten, die europaweite Mindestziele für den Ladeinfrastrukturausbau vorgibt. Fast zeitgleich legte das Bundesministerium der Finanzen einen Referentenentwurf für ein E-Fuels-only-Gesetz vor, das die steuerliche Bewertung von E-Autos regeln soll.
Das Gesetz fördert Fahrzeuge, die ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien (E-Fuels) betrieben werden. Die bestehenden steuerlichen Erleichterungen für E-Autos sollen „technologieneutral“ auch für andere Arten klimaneutraler Fahrzeuge gelten.
Es gibt vier Kernbereiche der neuen Förderung
Erstens: Der Gesetzgeber schafft eine neue Fahrzeugkategorie: E-Fuels-only-Fahrzeuge. Halter können sich von der Verkehrsbehörde bescheinigen lassen, dass ihr KFZ nur mit klimaneutralen Kraftstoffen betrieben wird.
Zweitens: E-Fuels-only-Fahrzeuge, die zwischen dem 1. Januar 2030 und dem 31. Dezember 2039 zugelassen werden, werden zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit. Die Befreiung endet spätestens 2042.
Drittens: E-Fuels-only-Fahrzeuge werden steuerlich wie Elektroautos behandelt. Das betrifft vor allem die KFZ-Steuer und die private Dienstwagennutzung.
Viertens: Die Miet- und Leasingkosten für E-Fuels-only-Fahrzeuge werden geringer angerechnet. Unternehmen, die solche Fahrzeuge nutzen, werden steuerlich entlastet.
Es gibt leider noch keine klaren Regeln auf EU-Ebene, wie E-Fuels-only-Fahrzeuge behandelt werden. Nach dem Verbrenner-Aus-Kompromiss zwischen Berlin und Brüssel sollte bis Herbst 2024 auf EU-Ebene eine gesetzliche Fahrzeugkategorie der E-Fuels-only-Fahrzeuge geschaffen werden. Das steht weiter aus.
Zudem sind E-Fuels noch teuer und in geringen Mengen verfügbar. Der Staat muss in Entwicklung und Produktion investieren, damit E-Fuels in ausreichendem Umfang hergestellt werden. Zudem sollte es klare Vorgaben zur tatsächlichen CO₂-Bilanz geben, um sicherzustellen, dass E-Fuels tatsächlich umweltfreundlich sind; Umweltfolgen der E-Fuels-Produktion müssen untersucht werden.
E-Fuels als wichtige Alternative
E-Fuels sind eine wichtige Alternative für Fahrzeuge, bei denen die Elektrifizierung schwierig oder unpraktikabel ist, etwa bei LKW und Flugzeugen. Sie können auch eine Lösung für Verbrennungsmotoren darstellen, die noch lange auf den Straßen unterwegs sein werden.
Doch das Herstellen von E-Fuels ist energieintensiv und wird derzeit als ineffizient bewertet. Im Vergleich zur direkten Nutzung von Strom in E-Autos geht zu viel Energie verloren. Ein Elektroauto verbraucht auf 100 km rund 15 kWh Strom. Ein Auto, das mit E-Fuels fährt, benötigt dagegen etwa 70 kWh Energie für dieselbe Strecke. Dazu kommt, dass E-Fuels an sich viel teurer sind als Strom oder fossile Kraftstoffe.
Übergangsweise, bis zu einer vollständigen Elektrifizierung, kann die Förderung von E-Fuels trotzdem sinnvoll sein. Wichtig ist, dass die Förderung von E-Fuels nicht die Elektromobilität ausbremst. Eine parallele Förderung ist aus unserer Sicht notwendig.
Das E-Fuels-only-Gesetz schafft einen konkreten Anreiz, weiter auf Verbrennungsmotoren zu setzen. Wenn E-Treibstoff marktfähig wird, können Verbrenner unverändert weiter betrieben werden. Dies würde den Übergang zur Elektromobilität entlasten, aber auch verlangsamen, da Hersteller die Entwicklung elektrischer Fahrzeuge und den Umstieg zurückstellen könnten. Gleichzeitig steigen die Kosten für die Umstellung auf E-Fuels-fähige Motoren. Die Verfügbarkeit und der Preis sind entscheidend für die Marktakzeptanz.
Weitere Maßnahmen nötig
Die Elektromobilität bleibt gleichzeitig der Schlüssel zur CO₂-Reduktion im Verkehr. Um den Umstieg auf E-Autos zu beschleunigen, müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, zu denen der Gesetzgeber derzeit zählt:
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist entscheidend. Ladestationen müssen überall verfügbar sein. Hier setzt die neue EU-Verordnung 2023/1804 an, die europaweite Mindestziele für den Ausbau festlegt. Deutschland muss schrittweise bis 2035 liefern.
Ein weiterer Ansatzpunkt ist die nachhaltige Produktion und das Recycling von Batterien. Hier muss der Staat die Entwicklung umweltfreundlicherer Technologien fördern. Diese Maßnahmen sind Teil der neuen EU-Batterieverordnung.
Außerdem sollten steuerliche Anreize und Kaufprämien für Elektroautos erhöht werden, um die Nachfrage zu steigern. Schließlich sind Elektroautos nur so klimafreundlich wie der Strom, mit dem sie fahren. Deshalb muss der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Nur mit Ökostrom geladene E-Autos sind eine echte Alternative.
Das E-Fuels-only-Gesetz ist ein wichtiger Schritt hin zur technologieoffenen Klimaneutralität im Verkehr, vor allem in Sektoren, in denen der Elektroantrieb ungeeignet ist. Aufgrund des Diskontinuitätsprinzips (§ 125 GOBT) ist abzuwarten, ob das Gesetzesvorhaben auch nach den zu erwartenden Neuwahlen von der neuen Regierung weiterverfolgt wird. Ob E-Fuels kosteneffizient und umweltfreundlich genug sind, um sie großflächig einzusetzen, muss sich am Markt beweisen. Aktuell sind die Kosten für synthetische Kraftstoffe zu hoch. Gleichzeitig muss die Elektromobilität gefördert werden. Nur mit einem ausgewogenen Ansatz, der beides vereint, kann Deutschland die Klimaziele erreichen.
Dr. Friedrich Gebert ist Rechtsanwalt und Partner bei Arqis, Finn-Ole Münchow ist Rechtsanwalt bei Arqis.