USA erlassen Importverbot für Waren aus Xinjiang
Von Patrick Späth und
Felix Werner *)
Die Anforderungen an die Lieferketten-Compliance verschärfen sich nicht nur durch das ab dem 1. Januar 2023 geltende deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Die USA haben mit dem Uyghur Forced Labor Prevention Act (UFLPA) zum 21. Juni 2022 ein qualifiziertes Importverbot für Waren verhängt, die (i) ganz oder teilweise in Xinjiang oder (ii) von Unternehmen hergestellt wurden, die wegen Zwangsarbeits-Verdacht von US-Behörden gelistet wurden. Deutsche Unternehmen, die mit dem UFLPA direkt oder indirekt in Berührung geraten können, sollten bei der Prüfung und Nachverfolgung ihrer Lieferketten und Absatzkanäle hohe Sorgfalt walten lassen.
Hintergrund ist die Situation der Uiguren in der chinesischen Region Xinjiang. Dem UFLPA liegt die Vermutung des US-Gesetzgebers zugrunde, dass Uiguren in Xinjiang unter Zwangsarbeit beschäftigt werden. Ein Unternehmen, das Waren aus Xinjiang bezieht, kann diese Vermutung widerlegen, wenn (i) es eindeutig und überzeugend, d.h. mit hoher Wahrscheinlichkeit nachweist, dass die Ware nicht ganz oder teilweise durch Zwangsarbeit hergestellt wurde, (ii) es behördliche Leitlinien erfüllt und (iii) es Anfragen der US-Behörde Customs and Border Protection (CBP) bezüglich der Umstände der Warenherstellung beantwortet. Eine De-minimis-Regelung gibt es nicht; auch kleine Produktkomponenten, die unter Zwangsarbeit hergestellt wurden, führen zum Importverbot.
Behördliche Leitlinien konkretisieren unter Verweis auf US- und internationale Standards, welche Nachweise Unternehmen erbringen müssen, um die Anforderungen zu erfüllen. Die Messlatte liegt hoch. Sind die Vorgaben nicht erfüllt, bleibt das Importverbot bestehen. Die Waren können dann in den USA u. a. beschlagnahmt und eingezogen werden; im Einzelfall drohen insbesondere Bußgelder. Die CBP wird sich beim Vollzug des UFLPA schwerpunktmäßig auf Produkte mit Bestandteilen von Baumwolle, Tomaten und Polysilizium sowie auf Waren konzentrieren, die direkt aus Xinjiang oder von Unternehmen mit engen Beziehungen dorthin bezogen werden.
Um die Zwangsarbeits-Vermutung zu widerlegen, können Unternehmen entweder durch Lieferketten-Nachverfolgung nachweisen, dass der Anwendungsbereich nicht eröffnet ist, das heißt, dass die Waren nicht ganz oder teilweise in Xinjiang oder von einem gelisteten Unternehmen hergestellt wurden. Dies kann durch eine detaillierte Beschreibung der gesamten Lieferkette – beginnend bei den Rohstoffen einschließlich aller Zulieferer und auf sämtlichen Produktionsstufen – durch eindeutige Kennzeichnungen und auditierbare Prozesse sowie eine umfassende Dokumentation (z.B. Bestell- und Frachtunterlagen) geschehen.
Ist der Anwendungsbereich hingegen eröffnet, müssen Unternehmen nachweisen, dass keine Indizien für Zwangsarbeit in der Lieferkette vorliegen. Dies kann durch Informationen zu Herkunft, Aufenthaltsstatus und Bezahlung der bei Zulieferern beschäftigten Arbeitnehmern geschehen. Relevant sind ferner Kontrollmaßnahmen, die sicherstellen, dass die Arbeit freiwillig geleistet wird. Unternehmen können den Nachweis durch besonders qualifizierte Audits erbringen.
Nach den behördlichen Leitlinien müssen Unternehmen auch Lieferketten-Sorgfaltspflichten erfüllen. Diese sind mit den Pflichten des LkSG vergleichbar. Sie basieren auf den Risikomanagement-Grundsätzen ermitteln, vorbeugen, minimieren.
Ausgangspunkt der Sorgfaltspflichten ist eine Darstellung (mapping) der Lieferkette. Sie beginnt bei den Rohstoffen und umfasst für eine lückenlose „chain of custody“ alle Zulieferer. Anschließend sind Risiken, ob in der Lieferkette unter Zwangsarbeit produziert wird, zu ermitteln und zu gewichten.
Unternehmen müssen ferner unter anderem (i) einen Verhaltenskodex entwickeln, (ii) Schulungen und Audits entlang der Lieferkette durchführen und (iii) Abhilfemaßnahmen bei Zwangsarbeit ergreifen. Als Ultima Ratio ist die Geschäftsbeziehung zu beenden. Effektive Managementmaßnahmen zur Prävention und Mitigation von Risiken umfassen die Überprüfung der Zulieferer vor Vertragsabschluss sowie die Vereinbarung von vertraglichen Abhilfemaßnahmen, Kündigungsrechten, Zugangs- und Informationsrechten.
Sorgfältige Dokumentation
Unternehmen sollten zur UFLPA-Compliance Governance-Systeme, -Prozesse sowie Compliance-Maßnahmen überprüfen, gegebenenfalls anpassen und laufend überwachen. Hierzu zählen organisatorische Vorkehrungen mit klaren Verantwortlichkeiten, Berichts- und Eskalationspflichten sowie Richtlinien und Schulungen. Auf erkannte Risiken oder tatsächliche Fälle von Zwangsarbeit ist angemessen zu reagieren. Wichtig ist auch die Informationssammlung und -auswertung sowie eine sorgfältige Dokumentation.
Zudem sollten Unternehmen regulatorische Parallel- und Gegenentwicklungen beobachten. Während die EU einen Mechanismus plant, um Importe von unter Zwangsarbeit hergestellten Waren zu verbieten, ist zu erwarten, dass China mit Gegenmaßnahmen reagiert. Entscheidungen der Geschäftsleitung, woher das Unternehmen seine Produkte bezieht und in welche Länder es seine Produkte einführt, werden komplexer.
*) Patrick Späth ist Partner, Dr. Felix Werner Associate von Morrison Foerster in Berlin.