Vorstandsvergütung im Visier von Investoren

Vorstandsvergütung im Visier von Investoren

Vorstandsvergütung steht im Visier von Investoren

An einigen Stellen hakt es – Die kommenden Hauptversammlungen bieten Gelegenheit zur Nachbesserung

Von Paula Paprocki *)

In der anstehenden Hauptversammlungs-Saison müssen viele börsennotierte Gesellschaften ihren Aktionären das Vergütungssystem nach Ablauf von vier Jahren seit der letzten Vorlage turnusgemäß erneut zur Billigung vorlegen. Die Praxis zeigt, dass es beim Thema Vorstandsvergütung an einigen Stellen hakt. Nun bietet sich die Gelegenheit zur Nachbesserung.

Mangelnde Flexibilität

Die ersten Vorstandsvergütungssysteme weisen oft Schwachstellen hinsichtlich der nötigen Flexibilität auf. Der Umgang mit Sondersituationen fand kaum Beachtung. Typische Fälle sind hier beispielsweise fehlende Möglichkeiten für den Aufsichtsrat, bei der Anwerbung von Vorständen einen Sign-on-Bonus oder Vergütungen für Interimsfunktionen und Auslandstätigkeiten zu gewähren.

Maßvolle Prozentspannen

Flexibilisierungspotential besteht auch bei der zwingend vorzunehmenden Festlegung des (relativen) Verhältnisses von fixen und variablen Vergütungsbestandteilen. Gibt das Vergütungssystem starre Werte vor, können einzelne Vergütungskomponenten nicht atmen und die Aufsichtsräte sind bei der notwendigen Reaktion auf eine Sondersituation im Vorstand stark eingeschränkt. Hier empfiehlt es sich daher, statt eines Fixwertes maßvolle Prozentspannen festzulegen, innerhalb derer sich die Vergütungsbestandteile bewegen können.

Pool möglicher KPIs

Ähnliches gilt für die Festlegung der Key Perfomance Indicators unter den variablen Vergütungsbestandteilen. Hier kann es ratsam sein, einen Pool möglicher KPIs im Vergütungssystem vorzusehen, aus dem der Aufsichtsrat wählen kann. Dabei sollte darauf geachtet werden, welche KPIs die Gesellschaft intern tatsächlich erfasst und dass die gewählten KPIs im Hinblick auf das Geschäft der Gesellschaft aussagekräftig sind.

Bei der Auswahl von KPIs wie beispielsweise Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) oder Umsatz, welche den in der Kapitalmarktkommunikation (wie Prognosen, Jahres- und Mittelfristplanung) verwendeten Werten entsprechen, sollten Gesellschaften im Hinterkopf behalten, dass der Aufsichtsrat die vergütungsbezogenen KPIs bereits vor Beginn des Geschäftsjahres festlegen soll (vgl. Empfehlung G.7 des Deutschen Corporate Governance Kodex). Viele Gesellschaften veröffentlichen Prognosen jedoch oft erst im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres, sodass der Aufsichtsrat ggf. auch dann erst die konkret zu erreichenden Ziel-, Maximal- und Mindestwerte der ausgewählten KPIs festlegen kann.

Anforderungen von Investoren

Dem Bedürfnis nach Flexibilisierung stehen zahlreiche Kritikpunkte von Investoren gegenüber – etwa Ermessensspielräume für den Aufsichtsrat bei der Gewährung von unspezifischen Sonderboni oder die Anwendung von Multiplikatoren zur Anpassung von Auszahlungsbeträgen, eine unzureichende Beachtung des „Pay-for-Performance“-Prinzips, unangemessene Vergütungscaps oder der „Golden Handshake“ bei Beendigung der Vorstandstätigkeit.

Vor dem Hintergrund der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sind Gesellschaften gut beraten, auch die konkrete Ausgestaltung ihrer ESG-Komponenten kritisch zu überprüfen. Die CSRD verankert das Prinzip der „doppelten Wesentlichkeit“. Danach müssen Unternehmen beurteilen, welche Nachhaltigkeitsthemen wesentlich sind und diese im Nachhaltigkeitsbericht benennen. Die im Rahmen der Vergütung ausgewählten ESG-Ziele sollten diese Themen abdecken. Einige institutionelle Investoren haben bereits angekündigt, ausdrücklich auf eine solche Kongruenz zu achten.

Feedback ernst nehmen

Zusätzlich erwarten Investoren oft, dass das der HV neu zur Billigung vorgelegte Vergütungssystem bereits in laufenden Vorstandsverträgen umgesetzt wird. Dies erfordert die freiwillige Mitwirkung der Vorstände.

Die Notwendigkeit von mehr Flexibilität bei der Ausgestaltung der Vorstandsvergütung und die Anforderung der Investoren an vorhersehbare Parameter wird nicht immer in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden können. Für die erfolgreiche Gestaltung des Vergütungssystems sollten Unternehmen kritisches Investorenfeedback in jedem Fall ernst nehmen, auch wenn eine vollständige Umsetzung aller Kritikpunkte nicht immer möglich sein wird.

Schwachstellen im Vergütungsbericht

Investoren und Stimmrechtsberater störten sich im abgelaufenen Jahr ferner an der mangelhaften Offenlegung im Vergütungsbericht. Oft fehlten die angewendeten Leistungskriterien und die definierten Ziel-, Maximal- und Schwellenwerte sowie Details zur tatsächlichen Zielerreichung im Rahmen der variablen Vergütung. Auch hagelte es Kritik, wenn der Vergütungsbericht für signifikante Gehaltserhöhungen ab circa 10% keine aussagekräftige Begründung lieferte.

Vergütungserhöhungen bleiben nicht verborgen und Investoren fordern typischerweise, dass Gehaltssteigerungen in umgestalteten Aufgabenbereichen oder Verantwortlichkeiten eines Vorstands begründet liegen. Hohe Beitragszahlungen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge, die nicht im Verhältnis zur Vergütung der Belegschaft und der Festvergütung stehen, stoßen ebenfalls auf Ablehnung.

*) Paula Paprocki ist Rechtsanwältin bei Morrison Foerster in Berlin.

Paula Paprocki ist Rechtsanwältin bei Morrison Foerster in Berlin.

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