Infrastruktur-Investments

Investieren in robuste Netze

Investieren in Netze und andere Infrastrukturanlagen lohnt sich. Denn diese Assetklasse bietet stetige Cashflows und attraktive Erträge. Dadurch können Infrastruktur-Aktien gerade in schwierigen Zeiten an den Märkten punkten.

Investieren in robuste Netze

Werner Rüppel

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Im ersten Halbjahr hat sich an den Kapitalmärkten die Party bei vielen der zuvor lange Zeit haussierenden Assets in Luft aufgelöst. Die Kurse von Technologie- und Wachstumsaktien sind eingebrochen, und das zum Teil massiv, Kryptowährungen wie Bitcoin sind abgestürzt und an den Bondmärkten sind die Notierungen von Langläufern wie die einer 100-jährigen Österreich-Anleihe geradezu zerbröselt. Infolge des Ukraine-Krieg, eines zuvor so nie kurzfristig für möglich gehaltenen Inflationsanstiegs, der Zinswende der führenden Notenbanken und der weltweiten Auswirkungen der Pandemie nebst gestörter Lieferketten tobt ein regelrechter Sturm an den Kapitalmärkten. Und es zeigt sich, dass gerade durch die jahrelange Null- und Niedrigzinsphase in diverse Assetklassen und in zahlreiche Einzeltitel viel heiße Luft hineingepumpt wurde. Die Fundamentals haben mitunter aufgrund der jahrelangen Hausse nicht mehr gezählt, Anleger hatten schlichtweg verstärkt in die Assets investiert, die besonders gut liefen. Jetzt geht es aber andersherum und die heiße Luft entweicht. Dabei gibt es an den Märkten einen „Hafen im Sturm“, erklärt Trent Koch, Portfoliomanager bei First Sentier Investors. Denn speziell im aktuellen Umfeld spielten Infrastruktur-Investitionen ihre Stärke aus. „Es handelt sich um Produkte, die stets gebraucht werden“, erläutert Vinay Sharma, Portfoliomanager von Union Investment, im großen Interview mit rendite. „Daher sind die Gewinne dieser Firmen weniger zyklisch als die Erträge anderer Firmen.“ Oder wie es bei Nordea heißt: „Die Anlageklasse erzielt stabile nichtzyklische Cashflows und profitiert von langfristigen Trends, die weltweit zu steigenden Infrastrukturausgaben führen.“

Zur Infrastruktur zählen übrigens Netze wie Kommunikationsdienste, Datenzentren, Funktürme, aber auch Wassernetze, Versorger inklusive Energieversorgung und erneuerbarer Energien, Pipelines, Straßen, Autobahnnetze inklusive Mautstraßen, Eisenbahn, Flughäfen, Brücken bis hin zu Krankenhäusern, Kindergärten und Schulen. „Es handelt sich um Dienste, die essenziell für die Gesellschaft sind“, betont Sharma. Zudem seinen bei diesen langfristigen Assets die Anfangsinvestitionen und damit auch die Eintrittsbarrieren hoch.

Guter Schutz gegen Inflation

Doch Infrastruktur-Aktien profitieren als defensives Investment nicht allein von steigenden und attraktiven laufenden Erträgen sowie in der Regel hohen Dividenden. Sie bieten auch einen robusten Schutz gegen Inflation, was gerade aktuell wichtig ist. Sharma erläutert den Grund: „Weil bei etwa zwei Drittel dieser Werte die Erlöse auf irgendeine Art und Weise an die Inflation gekoppelt sind.“

„Infrastruktur-Aktien im Allgemeinen und Kerninfrastrukturen im Besonderen sind entweder direkt an die Inflation indexiert (regulierte Versorgungsunternehmen, an den Verbraucherpreisindex gekoppelte Mautgebühren oder Inflationsausgleichsfaktoren) oder verfügen über eine sehr hohe Preissetzungsmacht (Eisenbahnen oder Abfallentsorger), so dass die Anlageklasse in einem Umfeld steigender Inflation einen wesentlich besseren Schutz bietet“, sagt Prabal Sidana, Leitender Portfoliomanager des Partners Group Listed Investments Infrastructure. Und auch Ludger Wibbeke, Geschäftsführer von Hansainvest, hebt die starke Preissetzungsmacht von Infrastrukturunternehmen aufgrund ihrer teilweise starken Monopolstellung hervor.

Neben einer im Vergleich zu anderen Branchen, zum Beispiel Tech-Aktien, noch immer moderaten Bewertung von Infrastruktur profitiert diese Assetklasse darüber hinaus weltweit von einem gewaltigen Nachholbedarf bei Investitionen nicht zuletzt infolge von jahrelanger Vernachlässigung der Infrastruktur. Wer mit der Deutschen Bahn reist, weiß, was solch eine Vernachlässigung für Folgen hat, nur um einmal ein Beispiel zu nennen. Hinzu kommt, dass zahlreiche Megatrends dem Ausbau der Infrastruktur zugutekommen. So ist auch die Energiewende nebst der Rettung des Weltklimas nicht ohne massiven Ausbau der Infrastruktur zu bewältigen.

Lukrative Opportunitäten

„Wir erleben eine weltweite Renaissance der Infrastrukturausgaben“, sagt Werner Richli, Fondsmanager des Infrastructure Equity Fund bei der Credit Suisse. „Nachdem über Jahrzehnte hinweg immer weniger investiert wurde, befindet sich die kritische Infrastruktur in vielen Industriestaaten heute teilweise in einem prekären Zustand.“ Gerade Staaten mit wenig finanziellem Spielraum seien für die Versorgung mit Strom, Energie und Wasser sowie den Transport und die Telekommunikation auf private Investoren angewiesen. „Das schafft umgekehrt lukrative Opportunitäten für Infrastrukturunternehmen.“

Die aufgrund der Pandemie befürchtete Rezession und vor allem die Dringlichkeit klimapolitischer Maßnahmen hätten viele Regierungen dazu veranlasst, umfassende Fiskalprogramme aufzulegen. „Diese Investitionen fließen in die Bereiche Transport, Kommunikation, Versorgung und vor allem in die grüne Energiewende“, sagt Richli. „Um den weltweiten Temperaturanstieg und Treibhausgasausstoß zu reduzieren, beinhalten die Infrastrukturpakete spezifische Ziele für die Nutzung erneuerbarer Energien in den Sektoren Verkehr, Heizung und Kühlung, Gebäude und Industrie.“ Partners-Group-Portfoliomanager Sidana erläutert: „Die Weltwirtschaft ist noch nicht in der Lage, ihre Abhängigkeit von ‚schmutzigen‘ Energiequellen wie Kohle und Öl aufzugeben. Es werden enorme Investitionen in erneuerbare Energien getätigt, und es wird erwartet, dass diese weiter zunehmen werden.“

Die Umstellung auf erneuerbare Energien verändert laut First-Sentier-Portfoliomanager Koch die Dynamik des Versorgungssektors, der traditionell als defensives, aber typischerweise als weniger wachstumsstarkes Marktsegment angesehen worden sei. „Bei dieser Art von Vermögenswerten, die etwa die Hälfte der börsennotierten Infrastrukturanlagen ausmachen, zeichnet sich nun jedoch ein Wandel ab.“ Koch betont: „Einige Versorgungsunternehmen heben ihre Prognosen für das jährliche Gewinnwachstum von 4 bis 6 % auf 5 bis 7 % oder sogar 6 bis 8 %.“

Die Digitalisierung sei ein weiteres Schlüsselthema. Die ständig steigende Nachfrage nach drahtloser Datenübertragung und Konnektivität sorge für ein stetiges Ertragswachstum bei Mobilfunktürmen und Rechenzentren.

Investments in Infrastruktur sind vor allem bei den institutionellen Profi-Anlegern wie Pensionskassen oder Versicherungsunternehmen zunehmend beliebt. Denn gerade die Profis schätzen stetige und attraktive Cashflows und Gewinne bei relativ hohen Markteintrittsbarrieren. Sie wissen zudem auch, dass hohe und stetige Dividenden eine wesentliche Quelle für die langfristige Performance einer Assetklasse sind und dass stetige Ausschüttungen das Risiko von Investments merklich senken.

Vorteile bei fallenden Märkten

Vor allem schätzen Profi-Anleger aber, dass die Anlageklasse Infrastruktur sich vergleichsweise gut hält, wenn die globalen Aktienmärkte nachgeben. „Dies bestätigt die historische Erfahrung, dass Infrastruktur gerade bei steigenden Aktienmärkten das meiste Aufwärtspotenzial bietet und gleichzeitig bei fallenden Märkten abfedernd wirkt“, sagt Koch. Dieses Wertentwicklungsmuster der Anlageklasse werde durch die beständig starke Preisgestaltungsmacht, vorhersehbare Cashflows und die relative Unempfindlichkeit gegenüber Konjunkturzyklen untermauert. „Indem sie sich in fallenden Märkten behaupten kann, hat die Anlageklasse in den vergangenen 20 Jahren höhere Renditen als globale Aktien erzielt – bei geringerem Risiko, gemessen an der Standardabweichung der Renditen.“ Und das ist doch das, was zumindest langfristig orientierte Investoren stets suchen: höhere Renditen bei niedrigerem Risiko.

Insgesamt sind Infrastruktur-Investments also zumindest mittel- bis längerfristig äußerst attraktiv. Hinzu kommt, dass sie kurzfristig einen relativ sicheren Hafen im Sturm darstellen. Doch wie in diese Assetklasse investieren? Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten. Eines ist klar: Anleger sollten möglichst breit gestreut investieren, schließlich gibt es bei Infrastruktur-Unternehmen nicht zuletzt auch mitunter größere politische Risiken. „Unternehmen, die an Nord Stream 2 beteiligt waren, haben natürlich durch die politische Entwicklung Verluste erlitten“, nennt Union-Investment-Manager Sharma ein Beispiel. „Dieses Projekt war zwar mit politischen Risiken behaftet, doch hat kaum jemand mit der jüngsten Entwicklung gerechnet.“

Nachteile bei Private Equity

Dann stellt sich noch vor allem aber die Frage, ob es besser ist, breit gestreut in börsennotierte Unternehmen über einen Fondsmantel oder eben über Private-Equity-Produkte in nicht gelistete Unternehmen zu investieren. Um Private Equity (PE) hat es zuletzt natürlich einen Hype gegeben, wobei die Anlageklasse vor allem auch von der langjährigen Nullzinsphase profitiert hat. Doch ist PE in aller Regel wenig transparent und häufig mit hohen Gebühren inklusive Performance Fees belastet, welche das Ergebnis für die Anleger mitunter merklich mindern. Zudem weisen Private-Equity-Fonds neben einem hohen Kapitaleinsatz in der Regel eine lange feste Bindungsdauer auf. Das heißt natürlich nicht, dass sich bestimmte Private-Equity-Anlagen in Infrastruktur per se nicht lohnen. Sie haben sich zumindest in der Vergangenheit oftmals rentiert. Aber die genannten Punkte sind eben doch auch signifikante Nachteile für Anleger.

Zudem hat Faros Consulting in einer Untersuchung festgestellt, dass gelistete Real Assets keine niedrigere Performance als nicht gelistete Real Assets aufweisen. Insofern müssen Institutionelle keinen geschlossenen Fonds auflegen oder in Private-Equity-Fonds anlegen, um erfolgreich in Infrastruktur zu investieren. Darüber hinaus sind bei herkömmlichen Fonds auch Investments mit kleineren Summen möglich. „Bei einem Ucits-Fonds ist ein Anleger nicht langfristig gebunden“, erläutert Sharma. „Er kann Anteile jederzeit kaufen oder verkaufen.“ Dass Private-Equity-Anbieter in den vergangenen Jahren verstärkt in Infrastruktur investiert haben, wertet der Portfoliomanager als Beleg für die Attraktivität der Assetklasse.

Wie unter anderem auch die Tabelle zeigt, können private und institutionelle Anleger aus einer Reihe von aktiven Fonds auswählen, die in Infrastruktur-Aktien anlegen. Wobei praktisch alle diese Produkte breit gestreut global investieren. Die geografischen Schwerpunkte stellen dabei meist Nordamerika und Europa dar.

Niedrige Volatilität

Wie nicht zuletzt auch die Volatilitäten zeigen, sind die Risiken dieser Produkte niedriger als die von herkömmlichen Aktienfonds und deutlich niedriger als von Produkten, die in Technologie- und Wachstumsaktien investieren. Gleichwohl bleibt natürlich ein Aktienrisiko, das Investoren beachten müssen. „Anleger sollten also diese Risiko kennen und berücksichtigen und einen mehrjährigen Anlagehorizont haben“, sagt Sharma.

Zu den etablierten Produkten des Segments zählen der 1,6 Mrd. Euro schwere First Sentier Global Listed Infrastructure sowie der 3,1 Mrd. Euro schwere DWS Invest Global Infrastructure. Die Retailtranchen beider Aktienfonds überzeugen auf Sicht von zehn Jahren mit einer Performance von 9,2 % sowie 8,4 % pro Jahr. Wobei natürlich die institutionellen Tranchen aufgrund ihrer niedrigeren Gebührenbelastung noch eine höhere Performance erwirtschaftet haben.

Der von Morningstar mit der Note von vier Sternen bewertetet DWS Global Infrastructure investiert aktuell zu 53 % in den USA. Wobei der Fonds auch in Real Estate Investment Trusts (Reits) und in Versorgern anlegt.

Beim gut 900 Mill. Legg Mason Clear-Bridge Infrastructure Value Fund kommt die Retailtranche auf Jahressicht auf eine Performance von 12,8 %. Dies zeigt, dass sich Infrastruktur-Investments gerade auch in unruhigen Zeiten an den Märkten gut behaupten können. Über fünf Jahre kommt der Fonds auf eine Performance von 5,4 % pro Jahr. Bei diesem Fonds habe das Investmentteam seit Auflegung ESG in den Anlageprozess mit einbezogen. Ein Investmentthema für die Zukunft sei insbesondere Dekarbonisierung. In der Fondspräsentation heißt es wörtlich: „Net Zero ist ein Rückenwind für Infrastruktur-Investoren.“ Mit einer Performance von 15,8 % sowie 7,3 % pro Jahr auf Sicht von drei Jahren überzeugt auch der 1,8 Mrd. Euro schwere Atlas Global Infrastructure Fund.

Neue Produkte am Markt

Die Attraktivität von Investments in Infrastruktur hat gerade in den vergangenen Jahren mehrere Fondshäuser dazu bewogen, neue Produkte aufzulegen. So ging Union Investment zum 1. April des vergangenen Jahres mit dem UniInstitutional Aktien Infrastruktur Nachhaltig an dem Markt. Und in diesem Jahr folgte dann der UniNachhaltig Aktien Infrastuktur für Privatanleger. Beide Produkte sind nachhaltig ausgerichtet, gemäß der Nachhaltigkeitsfilter von Union Investment. Sie investieren beide weltweit sehr breit gestreut in Infrastruktur-Aktien. Beide Fonds werden übrigens von Portfoliomanager Vinay Sharma gesteuert.

Bereits im Mai 2020 hat Faros Consulting über Ampega für institutionelle Investoren den Listed Real Asset Fonds aufgelegt. Der breit gestreute, global anlegende Ucits-Fonds mit Nachhaltigkeitsfilter strebt einen Zielertrag von 5 % pro Jahr und eine Ausschüttungsrendite von 3,5 % im Jahr an. Denn zahlreiche Institutionelle haben aufgrund ihrer Verpflichtungsseite Interesse an Produkten mit einer regelmäßigen hohen Ausschüttung.

An Institutionelle richtet sich auch der von Fondsmanager Werner Richli gesteuerte Credit Suisse Infrastructure Equity Fund. Das mehr als 700 Mill. Euro schwere Produkt hat über drei Jahre eine Performance von 9,7 % pro Jahr erzielt und kommt über fünf Jahre auf eine überzeugende Performance von 9,5 % pro Jahr.

Im Segment der Exchange Traded Funds ist die Auswahl an Infrastrukturprodukten zwar kleiner als bei den aktiven Fonds, doch gibt es durchaus mehrere Infrastruktur-ETFs, die sich bewährt haben. Hierzu zählt zum Beispiel der 1,5 Mrd. Euro schwere iShares Gobal Infrastructure. Der Aktien-ETF, der vierteljährlich ausschüttet, bildet den FTSE/Macquarie Global Infrastructure 100 Index ab. Auf Sicht von einem Jahr hat der Infrastruktur-ETF trotz Marktturbulenzen eine Performance von 12,4 % erzielt. Auf Sicht von zehn Jahren beträgt die Performance stattliche 8,5 % pro Jahr.

Auch DWS Xtrackers hat mit einem ETF auf den S&P Global Infrastructure einen weltweit investierenden Infrastruktur-Aktienfonds im Angebot. Das mittels Swap abgebildete Investment hat binnen Jahresfrist eine Performance von 15,5 % erzielt und kommt über zehn Jahre auf einen Wertzuwachs von 8,0 % pro Jahr.

Bei dem von State Street (SPDR) aufgelegten Morningstar Multi-Asset Global Infrastructute ETF handelt es sich um einen Mischfonds, der zu gleichen Teilen in Infrastruktur-Aktien und -Anleihen investiert. Dies führt zu einem im Vergleich mit reinen Aktienanlagen niedrigeren Risikoprofil, das dann auch in der geringeren Volatilität zum Ausdruck kommt. Zudem schüttet der ETF halbjährlich aus.

Auch auf Infrastruktur-Aktien in den Schwellenländern hat iShares einen ETF im Angebot. Dieses relativ risikoreiche Produkt hat sich aber bisher nicht bewährt und kommt auf Sicht von zehn Jahren nur auf eine Performance von 1,1 % pro Jahr.

Alles in allem sind Infrastruktur-Aktienfonds und -ETFs gerade im aktuellen Umfeld eine attraktive Anlage. Denn Infrastrukturtitel liefern zum einen stabile Erträge, und das auch in stürmischen Zeiten an den Märkten. Sie sind somit ein relativ sicherer Hafen. Zum anderen profitieren sie besonders vom anstehenden strukturellen Wandel.