Märkte am Mittag

Fragile Stabilität am deutschen Aktienmarkt

Am deutschen Aktienmarkt setzen sich die starken Kursschwankungen angesichts der Turbulenzen im Bankensektor weiter fort. Der zunächst schwach gestartete Dax arbeitete sich bis Mittag zwar in die Gewinnzone vor. Aber die Sorgen um Banken erhöhen die Rückschlagsgefahr.

Fragile Stabilität am deutschen Aktienmarkt

Anleger in Europa bleiben trotz des Notverkaufs der Schweizer Großbank Credit Suisse an die heimische Rivalin UBS nervös. Der deutsche Leitindex Dax und sein europäisches Pendant EuroStoxx lagen am Montagmittag 0,5% bzw. 0,7% fester bei 14.854 bzw. 4096 Punkten. Vor allem Bankenwerte standen weiter unter Druck. Commerzbank und Deutsche Bank verloren bis Mittag 2,7 bzw. 1,7%, der europäische Sektorindex Banken bröckelte um rund 2% ab.

Die Bankenaufseher der Europäischen Union bekräftigten zu Wochenbeginn aber die Stabilität und Widerstandsfähigkeit der Banken in Europa – das half dem Markt im Verlauf auf die Sprünge. Die entscheidende Frage sei, ob die Rettungsmaßnahmen ausreichten, um den massenhaften Abzug von Kundengeldern zu stoppen, sagte Damien Boey, Anlagestratege der Investmentbank Barrenjoey. „Die Antwort ist noch nicht eindeutig.“ Auch die Futures für die wichtigsten US-Indizes pendelten um die Null-Marke.

Mit der Not-Übernahme schienen zunächst zwar größere Finanzmarktturbulenzen abgewendet, schrieben die Experten der BayernLB. Die Abschreibung von eigenkapitalähnlichen Anleihen (AT-1) im Wert von rund 16 Mrd. Franken sei vom Markt aber „noch zu verdauen“. Die Credit Suisse hatte mitgeteilt, dass ihre AT1-Schulden im Wert von 16 Mrd. Schweizer Franken auf Anweisung der Schweizer Aufsichtsbehörde im Rahmen der Übernahme durch die UBS auf Null abgeschrieben werden. Die Summe sei zwar nur ein Bruchteil des Gesamtmarktes im Wert von 250 Mrd. Euro, aber die Abschreibung bedeute für die Investoren eine Neubewertung der Risiken.

A1-Anleihen der Banken unter Druck

Die Kurse von Additional-Tier-1-Anleihen der Deutschen Bank, HSBC, UBS und BNP Paribas fielen am Montag nach Daten des Online-Brokers Tradeweb um zehn bis zwölf Cents. Die Aktien von Banken wie ING in Amsterdam, Societe Generale und BNP Paribas in Paris sowie Barclays und Standard Chartered in London verloren bis zu 4,5%. Auch bei US-Regionalbanken nahmen Anleger erneut Reißaus. Die Aktien der First Republic Bank, die vor einigen Tagen mit 30 Mrd. Dollar gestützt werden musste, brachen vorbörslich an der Wall Street um mehr als 20% ein. Die Titel des Konkurrenten Western Alliance gaben 3,4% nach.

Öl und Gas auf Talfahrt

Aus Furcht vor einer sinkenden Nachfrage zogen sich Anleger aus dem Rohölmarkt zurück. Die Sorte Brent aus der Nordsee und die leichte US-Sorte WTI verbilligten sich um jeweils rund 3% auf 70,72 bzw. 64,69 Dollar je Barrel (159 Liter). Die Turbulenzen um die Credit Suisse schürten Rezessionsängste, sagten Börsianer. Außerdem müsse wegen der hohen Inflation mit weiteren Zinserhöhungen der US-Notenbank gerechnet werden.

Bundesbank erwartet Rezession

Aufgrund der anhaltend hohen Inflation rechnet auch die Bundesbank mit einer Rezession in Deutschland. „Alles in allem wird die deutsche Wirtschaftsaktivität im laufenden Quartal wohl erneut sinken“, sagte die deutsche Notenbank am Montag in ihrem Monatsbericht voraus. „Der Rückgang dürfte jedoch geringer ausfallen als im Schlussquartal 2022.“ Von Oktober bis Dezember war das Bruttoinlandsprodukt um 0,4% gesunken. Bei zwei Minus-Quartalen in Folge sprechen Volkswirte von einer „technischen Rezession“. Die Bundesbank ist damit pessimistischer als einige führende Wirtschaftsinstitute, die in ihren Frühjahrsprognose ein Wachstum für Januar bis März voraussagen. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) etwa sagt ein Plus von 0,2% voraus, auch das IWH in Halle erwartet einen Anstieg. Industrie und Bau steigerten ihre Produktion im Januar zwar wieder kräftig, heißt es im Monatsbericht.

Sicherer Hafen Staatsanleihen

Aus Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen der Banken-Turbulenzen nahmen Anleger unterdessen Kurs auf den „sicheren Hafen“ Staatsanleihen. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen Bundestitel auf 2,029% von 2,123 am Freitag. Auf der Suche nach alternativen Anlagen wendeten sich Investoren auch dem Bitcoin zu. Die Cyber-Devise gewann 6,4% und war mit 28.532 Dollar so teuer wie zuletzt vor rund neun Monaten. Neben der Turbulenzen rund um die Credit Suisse trieben Spekulationen auf ein verlangsamtes Zinserhöhungstempo der großen Notenbanken Investoren in diese Anlageklassen, sagte Analyst Timo Emden von Emden Research.