Airbus-Chef warnt vor steigendem Protektionismus und höheren Steuern
Luft- und Raumfahrtindustrie
Airbus-Chef warnt vor höheren Abgaben
Französische Luft- und Raumfahrtbranche stellt sich auf zunehmenden Protektionismus nach Amtsantritt Trumps ein
Der Verband der französischen Luft- und Raumfahrtindustrie Gifas, dem Airbus-Chef Guillaume Faury ebenfalls vorsteht, warnt vor drohenden Strafzöllen und der Zunahmen des Protektionismus nach dem Amtsantritt von Donald Trump in den USA. In Frankreich fürchtet er Nachteile durch geplante Zusatzsteuern.
wü Paris
von Gesche Wüpper, Paris
Der Flugzeugbauer Airbus hat sein selbstgestecktes Auslieferungsziel im letzten Jahr knapp verfehlt. Statt 770 Flugzeugen lieferte er trotz eines Endspurts im Dezember nur 766 aus. Und das, obwohl er wegen der anhaltenden Probleme der Zulieferkette bereits im Sommer das Auslieferungsziel gesenkt hatte. Ursprünglich hatte Airbus 800 Auslieferungen angepeilt. Im Vergleich zu 2023 konnte der europäische Flugzeugbauer sie jedoch um 4% steigern. Dagegen brachen die Netto-Bestellungen von dem 2023 verbuchten Rekord von 2.094 auf 826 ein. Airbus erwartet in den kommenden Jahren ein ähnliches Auftragsniveau. Sowohl von den Auslieferungen als auch von den Bestellungen her dürfte der Flugzeugbauer 2024 deutlich vor seinem amerikanischen Rivalen Boeing gelegen haben, der mit Qualitäts- und Produktionsproblemen kämpft.
Das Umfeld bleibe auch angesichts der geopolitischen Lage sehr schwierig, sagte Christian Scherer, der Chef der Zivilflugzeugsparte von Airbus. „Die Zulieferkette hat immer noch Schwächen, die wir angehen müssen.“ Das fundamentale Problem sei der Verlust von Expertise, da während der Corona-Krise viele erfahrene Mitarbeiter in den vorzeitigen Ruhestand gegangen seien, meint Scherer. Es dauere sehr lange, bis diese Expertise wieder aufgebaut sei. Trotz Engpässen bei wichtigen Bauteilen wie Triebwerken im letzten Jahr sieht Scherer Airbus auf gutem Wege, die A320-Produktion wie zuletzt geplant bis 2027 auf 75 Exemplare pro Monat steigern zu können. Letztes Jahr hat Airbus 602 Flugzeuge aus der A320-Familie ausgeliefert, darunter auch die ersten Exemplare des A321XLR, der Ultra-Langstreckenversion des A321.
Zunehmender Protektionismus
Die anhaltenden Probleme der Zulieferkette gehören neben drohenden Strafzöllen nach dem Amtsantritt von Donald Trump als Präsident der USA und geplanten Steuererhöhungen in Frankreich zu den Herausforderungen, die die französische und europäische Luftfahrt-Branche in diesem Jahr erwarten. Unternehmen der Branche seien bereits auf eine Zunahme des Protektionismus eingestellt, sagte Airbus-Chef Guillaume Faury bei der Neujahrspressekonferenz des französischen Branchenverbandes Gifas, dem er ebenfalls vorsteht.
Noch gebe es viele Unsicherheiten, wie mögliche Strafzölle aussehen könnten, erklärte Faury. Es sei jedoch klar, dass sich diese auf die Preise auswirken dürften. „Wir werden uns anpassen müssen", sagte er. „Das wird nichts an unserer Wettbewerbsfähigkeit ändern, aber an der Wettbewerbsfähigkeit einiger Regionen.“ Die Welt befände sich in einem wirtschaftlichen Krieg genau wie sie sich im Cyberbereich im Krieg befände. Strafzölle seien eines der Mittel darin, das die Voraussetzungen verändere. „Europa muss agil bleiben.“
Satellitenhersteller loten Konsolidierung aus
Während die europäische Luftfahrtindustrie von der starken Nachfrage nach modernen Verkehrsflugzeugen und den Problemen des amerikanischen Flugzeugbauers Boeing profitiert, leidet die Raumfahrtbranche Europas unter Überkapazitäten vor allem im Satellitengeschäft. Airbus hat deshalb im Herbst bekanntgegeben, bis 2026 in seiner Raumfahrt- und Rüstungssparte bis zu 2.500 Stellen abbauen zu wollen. Die europäischen Satellitenhersteller seien jetzt dabei, auch zusammen mit den Behörden die Möglichkeiten für eine Konsolidierung auszuloten, um einen europäischen Champion zu gründen, erklärte Faury.
Der Vorsitzende des Gifas, der als Verband 485 französische Luft- und Raumfahrt-Unternehmen vertritt, warnte die neue Regierung Frankreichs davor, Steuern und Abgaben für die Branche weiter zu erhöhen. Wirtschaftsminister Eric Lombard erarbeitet gerade den Haushalt für das laufende Jahr. Er will dafür den Haushaltsentwurf der Anfang Dezember gestürzten Regierung von Michel Barnier als Grundlage nehmen. Er sieht unter anderem eine vorübergehende Sondersteuer auf Großkonzerne und höhere Steuern auf Flugtickets vor.
Warnung für die neue Regierung
Die Luft- und Raumfahrtbranche sei bereits jetzt vom absoluten Wert her der Sektor, der in Frankreich die meisten Abgaben zahle, sagte Faury. Laut Gifas beliefen sich diese 2023 auf 11 Mrd. Euro, was 29,5% des Mehrwerts der Branche entspricht. Gleichzeitig liefere der Sektor mit einem Handelsüberschuss von 30,8 Mrd. Euro 2024 den wichtigsten Beitrag zur französischen Handelsbilanz und sei mit 25.000 Neueinstellungen im letzten Jahr einer der wichtigsten Arbeitgeber.
„Man muss uns unterstützen und nicht bestrafen“, forderte der Airbus-Chef. „Wir wollen weder die Melkkuh, noch der Sündenbock bei Klimafragen sein.“ Die Luft- und Raumfahrtbranche verfüge über zahlreiche Trümpfe. Dennoch sei er beunruhigt und fürchte, dass sie das selbe Schicksal wie die französische Automobilindustrie erleiden könnte, sagte Faury, der in der Vergangenheit auch Entwicklungschef des inzwischen in Stellantis aufgegangenen Autobauers PSA war.
Furcht vor höheren Steuern
Frankreichs Automobilindustrie habe im Jahr 2000 noch einen positiven Beitrag zur französischen Handelsbilanz in Höhe von 10 Mrd. Euro geleistet. Inzwischen belaste sie sie mit 15 bis 20 Mrd. Euro negativ. „Wenn man uns Steine in den Weg wirft, könnte uns das selbe passieren“, meint er. Deshalb appelliert Faury an die neue Regierung von François Bayrou, die Branche nicht stärker zu besteuern, stattdessen die Abgaben zu senken, Steuergutschriften für Forschung und Entwicklung der Branche in Höhe von 700 Mill. Euro pro Jahr beizubehalten und die Hilfen für eine Forschungseinrichtung für die zivile Luftfahrt nicht weiter zu reduzieren. Indirekt drohte er dabei mit Abwanderungen. Es gäbe andere Länder, die dabei seien, die für Innovationen notwendigen Bedingungen zu schaffen, erklärte er.