Atos bittet um Hilfe für Refinanzierung der Schulden
IT-Dienstleister
Atos braucht Hilfe für Refinanzierung
IT-Dienstleister sagt Kapitalerhöhung ab und beantragt Ad-hoc-Bevollmächtigten – Verhandlungen mit Banken
wü Paris
Gesche Wüpper, Paris
Atos hat Investoren mit neuen Ankündigungen einen Schrecken eingejagt. Der angeschlagene IT-Dienstleister sagte Montag eine geplante Kapitalerhöhung ab und gab außerdem bekannt, einen sogenannten Ad-hoc-Bevollmächtigten zu Hilfe rufen zu wollen, um mit den Banken die Refinanzierung seiner Schulden zu verhandeln.
Dabei handelt es sich um ein präventives Verfahren, das Unternehmen vorbehalten ist, die nicht zahlungsunfähig sind. Es soll ihnen ermöglichen, die Schulden auf vertrauliche Weise neu zu organisieren, ohne Mitarbeiter und Dritte darüber informieren zu müssen. Zu den Schuldnern von Atos gehören 22 Banken. Bei dem jetzt geplanten Verfahren gehe es ausschließlich um die Schulden, erklärte Atos. Mitarbeiter, Kunden und Zulieferer seien davon nicht betroffen.
Die Aktie des Konzerns brach am Montag an der Börse von Paris um zeitweise mehr als 28% auf 2,82 Euro ein, da das Ad-hoc-Verfahren als letzte Etappe vor einem Sanierungs- oder Konkursverfahren gilt. Die Ankündigung mache deutlich, dass es in den Verhandlungen mit den Banken zu Spannungen gekommen sei, urteilen die Analysten von Invest Securities. Das sei jedoch angesichts der geringen Sichtbarkeit logisch.
3,65 Mrd. Euro Bondschulden
Atos muss bis Ende 2025 Anleihen und Obligationen in Höhe von 3,65 Mrd. Euro zurückzahlen oder refinanzieren. Deshalb hatte der IT-Dienstleister seit Sommer letzten Jahres eine Kapitalerhöhung über 900 Mill. Euro geplant, deren Höhe aber auf zuletzt 750 Mill. Euro reduziert, bevor sie nun endgültig abgesagt wurde. Die Bedingungen seien nicht mehr gegeben und die von BNP Paribas und J.P. Morgan gegebenen Garantieversprechen nicht mehr gültig, erklärte Atos.
Die Verhandlungen über den Verkauf des traditionellen Geschäftsbereichs Tech Foundations an den tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky dauern nach Angaben von Atos an. Es gebe aber keine Garantie, dass sie auch tatsächlich zu einem Abschluss führten, so der Konzern. Wegen diesen Unsicherheiten hatte er Anfang Januar angekündigt, mehr Aktivitäten verkaufen zu wollen als bis dahin geplant. Zu dem zusätzlichen Verkaufsprogramm gehört der Bereich Big Data & Cybersicherheit (BDS), an dem Airbus Interesse bekundet hat. Für ihn wurde im Januar eine Due-Diligence-Phase eingeleitet. Der Luft- und Raumfahrtkonzern bewertet BDS mit 1,5 Mrd. bis 1,8 Mrd. Euro.
Bei dem jetzt beim Handelsgericht Nanterre beantragten Ad-hoc-Bevollmächtigten soll es sich um eine unabhängige dritte Person handeln. Laut Informationen von „Les Echos“ könnte Hélène Bourbouloux dieses Mandat erhalten, da sie Erfahrungen mit heiklen Dossiers hat. So hat sie bereits die Verhandlungen über die Schulden des Altenheimbetreibers Orpéa, von Europacorp, der Filmgesellschaft von Luc Besson, und den Gelben Seiten Solocal geleitet.
Die Frage, wie es mit Atos weitergeht, ist politisch sensibel, da die Cybersicherheitsaktivitäten für die Verteidigungsstrategie Frankreichs strategisch wichtig sind und die französische Atombehörde CEA der größte Kunde der Sparte Eviden ist, zu der auch die BDS-Aktivitäten gehören.
Der IT-Dienstleister, der in den letzten Jahren mehrfach den Chef gewechselt hat, will die Märkte zu gegebener Zeit über die Verhandlungen mit den Banken, den neuen Refinanzierungsplan sowie die geplanten Verkäufe und die mögliche Entwicklung der Aktionärsstruktur informieren. Die Refinanzierungen könnten zu einer Verwässerung der bisherigen Anteile führen, erklärte Atos. Größter Aktionär ist Onepoint mit mehr als 10%.