Automobilindustrie kommt nicht in Fahrt
Automobilindustrie kommt nicht in Fahrt
Branchenverband VDA rechnet nur mit geringem Marktwachstum – Beratungsunternehmen EY erwartet Preisrutsch für Elektrofahrzeuge
jh München
Nach dem schwachen Autojahr 2024 rechnet der Verband der Automobilindustrie für 2025 nur mit einer leichten Belebung. Präsidentin Hildegard Müller sorgt sich um den Industriestandort Deutschland und hat eine ganze Liste von Forderungen an die Europäische Union und die künftige Bundesregierung.
Für die Automobilindustrie zeichnet sich in diesem Jahr allenfalls ein leichtes Wachstum ab. Der Branchenverband VDA rechnet für Europa und die USA mit einem Absatzanstieg von jeweils 2%, für China, den größten Markt, von 1%. Manuel Kallweit, der Chefvolkswirt des Verbands der Automobilindustrie (VDA), wies in der Online-Jahrespressekonferenz darauf hin, dass der Weltmarkt im vergangenen Jahr mit geschätzt 78,5 Millionen verkauften Pkw und leichten Nutzfahrzeugen erstmals den Wert von 2019 übertroffen hat.
Das gilt jedoch nicht für Deutschland: „2,82 Millionen Neuzulassungen im vergangenen Jahr bedeuten ein Viertel weniger als 2019“, sagte Kallweit. Für dieses Jahr erwartet der Verband hierzulande einen minimalen Anstieg auf 2,84 Millionen, den Wert von 2023. In Europa (EU, Efta, Großbritannien) sollen es demnach 2% mehr sein. 2024 sanken die Pkw-Neuzulassungen nach Angaben des europäischen Herstellerverbands Acea um 1% auf knapp 13 Millionen Einheiten.
Minus 27 Prozent in Deutschland
Der schleppende Hochlauf der Elektromobilität schlägt sich ebenfalls in den Neuzulassungen nieder: Die Zahl für die reinen batterieelektrischen Pkw (BEVs) sank um gut 1% auf knapp 2 Millionen. Das ergibt einen Anteil von 15,4 (i.V. 15,7)% am Neuwagenmarkt. In Deutschland sackten die BEV-Neuzulassungen um gut 27% auf rund 381.000 Pkw ab. Das Beratungsunternehmen EY erklärt dies mit dem Auslaufen der staatlichen Umweltprämie im Dezember 2023.
„Auf Strafen verzichten“
VDA-Präsidentin Hildegard Müller fordert von der künftigen Bundesregierung Klarheit: „Es darf kein Hin und Her von Fördermaßnahmen geben“, sagte sie in der Pressekonferenz. „Das verunsichert die Verbraucherinnen und Verbraucher erheblich.“ Sie wiederholte ihren Appell, der Staat müsse für die Rahmenbedingungen sorgen, vor allem für eine ausreichende Ladeinfrastruktur.
An die EU gerichtet verlangt Müller mit Blick auf die in diesem Jahr verschärften Kohlendioxid-Grenzwerte für die Flotten der Fahrzeughersteller: „Es braucht einen technologieoffenen und marktorientierten Ansatz und keinen, der primär auf Strafen setzt.“ Die EU müsse die Überprüfung der CO2-Ziele auf jetzt vorziehen.
„Teuer erkaufter Anstieg“
Für dieses Jahr rechnet der VDA mit einem kräftigen Anstieg des Absatzes von Elektroautos in Deutschland. Die Neuzulassungen von BEVs steigen demnach um 75%, die der Plug-In-Hybride um 8%. Insgesamt ergäben sich 873.000 E-Pkw – 53% mehr als 2024. Auch das Beratungsunternehmen EY erwartet sowohl in Deutschland als auch in der gesamten EU einen Anstieg. „Um Strafzahlungen wegen zu hoher Flottenemissionen zu vermeiden, sind viele Hersteller dazu gezwungen, den Absatz von Elektroautos mit Preissenkungen anzukurbeln“, meint EY-Branchenexperte Constantin Gall. Der Preisrutsch und das sogenannte CO2-Pooling mit Unternehmen mit einem hohen Elektroauto-Anteil hätten jedoch Folgen für die ohnehin gesunkenen Margen der Autohersteller: „Der Anstieg der Elektroneuzulassungen wird teuer erkauft sein.“
Mehr Investitionen im Ausland
VDA-Präsidentin Müller berichtete, die Unternehmen der deutschen Autoindustrie investierten von 2025 bis 2029 rund 320 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung. Hinzu kämen 220 Mrd. Euro für Sachinvestitionen, vor allem in Werken. Alarmierend ist aus ihrer Sicht, dass der größte Teil dieser Investitionen im Ausland getätigt werde. „Der deutsche Standort ist international nicht mehr wettbewerbsfähig.“ Das zeigten alle internationalen Ranglisten und Datenerhebungen.
Müller präsentierte eine ganze Liste von Punkten, die die künftige Bundesregierung und die Europäische Union angehen müssten: Energiepreise, Digitalisierung, Bürokratie und Steuern. „Mehr EU heißt nicht mehr Bürokratie und Klein-Klein“, sagte sie. „Es geht um die großen Fragen.“ Als Beispiele nannte sie eine europäische Energie- und Kapitalmarktunion sowie mehr internationale Partnerschaften für Handel und Rohstoffe.