Private Equity

„Behavioral Health“ zieht Kapital an

Tele-Therapie, virtuelle Sprechstunden, Fitness-Wearables oder Apps für mentale Gesundheit: Finanzinvestoren investieren stärker in digitale Unternehmen im Bereich verhaltensbezogener Gesundheit („Behavioral Health“). Das schnell wachsende Investmentvolumen betrug zuletzt 2,4 Mrd. Dollar in 67 Deals.

„Behavioral Health“ zieht Kapital an

cru Frankfurt – Private Equity investiert stärker in „Behavioral Health“. Mit einem Volumen von zuletzt 2,4 Mrd. Dollar in 67 Deals – deutlich mehr als in jedem der vorhergehenden zehn Jahre – geht es noch um ein Nischenthema, aber die Wachstumsrate beeindruckt mit zuletzt rund 170%. Das geht aus Daten hervor, die das US-Private-Equity-Haus Adams Street mit dem Analysehaus Rock Health zusammengetragen hat.

„Das Verständnis für die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen von psychischen und Verhaltensproblemen ist gewachsen, da Covid zu einem Anstieg der Fälle von Angst, Isolation und Depression geführt hat“, beschreibt Adams-Street-Partner Thomas Bremner den Haupttreiber für den Trend. „Wir haben in 22 Unternehmen aus diesem Bereich investiert, die das Potenzial haben, die Behandlungserfolge für eine größere Anzahl von Patienten zu verbessern und ein Portfoliovolumen von 1,6 Mrd. Dollar aufgebaut.“ Smartphone, Tablet und Computer halten mit internetgestützten Interventionen Einzug ins psychische Gesundheitswesen. Adams Street rechnet damit, dass sich das Wachstum der Behavioral Health durch technische Fortschritte langfristig fortsetzt.

Das Stigma, das lange Zeit mit psychischen und verhaltensbedingten Gesundheitsproblemen verbunden war, habe im letzten Jahrzehnt stark an Bedeutung verloren, während das Verständnis für die Schwere dieser Krankheiten zugenommen habe, da die physische und soziale Isolation durch die Covid-19-Pandemie zu einem Anstieg führte. Im Januar 2021 gaben mehr als 40% der Erwachsenen in den USA an, dass sie unter Angstzuständen oder depressiven Störungen leiden, bei den 18- bis 24-Jährigen waren es fast 60%.

Das Problembewusstsein der Arbeitgeber und Gesetzgeber wächst. Studien schätzen die Kosten von mentalen Erkrankungen auf bis zu 4% des globalen Bruttoinlandsprodukts. Das hat zu politischen Veränderungen geführt. Bahnbrechend wirkte 2008 in den USA der Mental Health Parity and Addiction Equity Act, der Leistungen für psychische und verhaltensbedingte Erkrankungen einführte. Doch wird Behavioral Health als noch im Entstehen begriffen und fragmentiert angesehen. Es wird auf Professionalisierung und Skalierung der Behandlungen gesetzt – für Themen wie Medikamentenmissbrauch, Essstörungen oder psychiatrische Erkrankungen.

Der spezialisierte Fondsanbieter Frazier Healthcare Partners, in dessen Fonds Adams Street investiert, glaubt, „dass der Bedarf noch lange steigt, selbst wenn die globale Pandemie nachlässt“: „Der Geist wird nicht wieder in die Flasche zurückkehren.“

Der Wettbewerb um verhaltensmedizinische Unternehmensbeteiligungen nimmt zu. Frazier Healthcare Partners glaubt „trotz der jüngsten Investitionswelle, dass wir uns in den frühen Stadien des Spiels befinden“, es gebe „Platz für viele Gewinner“.

Ein Knackpunkt sei die rasche Skalierung ohne Abstriche bei der Qualität. Lyra Health, eine Plattform zur Vernetzung von Patienten mit Therapeuten und eine der Growth-Equity-Portfoliofirmen von Adams Street, erhielt in der Finanzierungsrunde im Juni 2021, die von Coatue angeführt wurde, 200 Mill. Dollar und wird mit mehreren Milliarden bewertet. Die Firma setzt auf die sorgfältige Überprüfung der Therapeuten, einen datengesteuerten Ansatz zur Förderung der besten Praktiken im Team und ein „Blended-Care-Modell“. So ergänzt Lyra Videositzungen mit softwaregesteuerten Übungen (kognitive Verhaltenstherapie). Laut David Ebersman, Lyra-CEO und Gründer sowie Ex-CFO von Facebook, liegt der Schwerpunkt so auf der Qualität, dass „wir uns wohlfühlen würden, ein Familienmitglied zu einem beliebigen Anbieter in unserem Netzwerk zu schicken.“

Welbehealth, eine weitere Adams-Street-Firma, kümmert sich um Gebrechliche im Rahmen des PACE (Programm für die Pflege älterer Menschen) – mit Strategien zur Linderung von Depressionen. Laut Si France, CEO von Welbehealth, nutzen ihre Pflegeteams in der Pandemie Welbelink-Tablets, um Videokommunikation mit Senioren zu führen.

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