Bei der Telekom herrscht nicht nur eitel Sonnenschein
Von Heidi Rohde, Frankfurt
Die Deutsche Telekom, die von ihren Aktionären viel Lob erhalten hat, weil sie nach zwei virtuellen Hauptversammlungen während der Pandemie nun wieder ein Aktionärstreffen in Präsenz abhält, hofft sich am morgigen Donnerstag dafür im Lob der Investoren sonnen zu können. Tatsächlich hat der Schritt in Richtung eines normalisierten jährlichen Aktionärsdialogs, mit dem die Telekom im Dax ein Beispiel gibt, bei Institutionellen und Kleinanlegern durch die Bank viel Anerkennung gefunden. Das bedeutet gleichwohl nicht, dass die Anleger in allerbester Laune nach Bonn reisen. Denn die Kurs-Performance der T-Aktie hat im vergangenen Jahr in jedem Fall enttäuscht. Das Papier hat nur 8% zugelegt, während sowohl der Dax als auch der Euro Stoxx Telecommunications jeweils rund 15% vorankamen.
Am Geschäftserfolg kann es nicht gelegen haben. Der Bonner Riese profitiert von seiner Aufstellung in „‚AAA‘-Märkten“, wie Konzernchef Tim Höttges stets betont, und hat mit einem bereinigten operativen Ergebnis nach Leasingkosten von 37,3 Mrd. Euro bzw. 38,2 Mrd. Euro auf Basis konstanter Wechselkurse die eigene zweifach angehobene Prognose übertroffen, ebenso wie die Erwartungen der Analysten. Auch der Free Cashflow von 8,8 Mrd. Euro ist höher ausgefallen als ursprünglich angenommen. Er soll im laufenden Jahr erstmals bei 10 Mrd. Euro landen. Auch bei Umsatz und Ergebnis will die Telekom erneut stärker zulegen als die Branche. Deshalb fällt umso mehr auf, dass sich die T-Aktie schlechter entwickelt hat als die Titel der Wettbewerber in Europa.
Nach der Deka stellt sich auch Union Investment gegen die Wahl von Frank Appel, dem Chef der Gruppe Deutsche Post DHL, zum Nachfolger von Telekom-Aufsichtsratschef Ulrich Lehner. Überdies will die Gesellschaft, die von Fondsmanager Henrik Pontzen bei dem Aktionärstreffen vertreten wird, gegen den „überdimensionierten Kapitalvorratsbeschluss“ stimmen. Der Vorstand möchte einen Genehmigungsrahmen in Höhe von 30% des Grundkapitals schaffen.
Die Telekom verweist gern auf ihre M&A-Stärke. „Wir machen keine schlechten Deals“, lautet das Mantra von Höttges, dem mit dem Zusammenschluss von T-Mobile US und Sprint ein Mega-Coup gelungen ist, der sich perspektivisch in Sprüngen beim Free Cashflow und dem Ergebnis je Aktie niederschlagen soll.
Praktisch auf der Stelle
An der Entwicklung des Gewinns je Aktie hat die Telekom ihre Dividendenpolitik gekoppelt, so dass die Aktionäre hier auch auf mehr Dynamik hoffen dürfen. Allerdings gerät die Gewinnbeteiligung der Anteilseigner zunehmend zur Geduldsprobe, denn je Aktie tritt die Ausschüttung mit Ausnahme der Jahre 2017 und 2018 seit 2016 praktisch auf der Stelle. Im vergangenen Jahr ist das bereinigte Ergebnis je Aktie nur um 1,7% gestiegen; daran gemessen ist eine geplante Dividendenanhebung um 6,6% auf 0,64 Euro je Anteilsschein deutlich überproportional.
Die Anleger müssen jedoch, seit die Telekom ihre Dividendenpolitik umgestellt hat, und das bereinigte Ergebnis je Aktie anstelle des Free Cashflow zum Maßstab gemacht hat, feststellen, dass von den üppig sprudelnden Mittelzuflüssen bei ihnen nur wenig ankommt. Je stärker sich die Cashflow-Entwicklung vom Ergebnistrend je Aktie entkoppelt, desto unzufriedener werden sie sein. Im Vergleich steht die Telekom nicht gut da. Laut Commerzbank wird die Dax-Dividendensumme in der laufenden Saison um 47% auf 50 Mrd. Euro steigen.
Demnächst sind theoretisch weitere Mittel bei der Telekom zu verteilen. Vor kurzem hat sie den Verkauf von T-Mobile NL an ein Konsortium aus Apax und Warburg Pincus abgeschlossen. Aus einer Gesamttransaktion über 5,1 Mrd. Euro fließen dem Unternehmen 4 Mrd. Euro Barmittel zu. Auch die Verwertung der Funktürme, mit der sich die Telekom Zeit gelassen hat, soll nun bald zum Abschluss kommen. Hier ist die Rede von einer Bewertung von rund 18 Mrd. Euro. Angeblich will die Telekom sogar die Mehrheit abgeben.