Big Tech trotzt zunehmenden Widrigkeiten
Big Tech trotzt zunehmenden Widrigkeiten
Meta zahlt erste Cash-Dividende – Weihnachtsgeschäft beschert Amazon überraschendes Wachstum – Apple ringt um neue Umsatztreiber
xaw New York
Die Technologieriesen haben einem zunehmend schwierigen Umfeld im Schlussquartal 2023 mit einem robusten Wachstum getrotzt. So vermeldete Meta Platforms den vierten vierteljährlichen Erlösanstieg in Folge. Mit einem Plus von 25% auf 40,11 Mrd. Dollar wuchs der Umsatz gegenüber dem Vorjahr so stark wie seit über zwei Jahren nicht mehr.
Nach einem Gewinnsprung um 201% auf 14,02 Mrd. Dollar kündigte der Social-Media-Konzern zudem die erste Cash-Dividende seiner Geschichte an. Im März will er 50 Cent pro A- und B-Stammaktie an die Anteilseigner ausschütten. Überdies autorisierte der Plattformbetreiber ein ausgeweitetes Buyback-Programm im Volumen von 50 Mrd. Dollar.
Aktien im Aufwind
Die Meta-Aktie legte nach Eröffnung an Wall Street am Freitag zeitweise um 18% zu. Auch Amazon zogen im frühen New Yorker Handel kräftig an. Der E-Commerce-Riese meldete für die Zeit zwischen Oktober und Ende Dezember einen Umsatzanstieg um 14% auf 169,96 Mrd. Dollar und eine Explosion des Nettogewinns von 278 Mill. auf 10,62 Mrd. Dollar; beide Werte übertrafen die an Wall Street herumgereichten Prognosen damit deutlich. Das Wachstum der Cloud-Sparte Amazon Web Services lag mit 13% zwar in der erwarteten Spanne, allerdings schnellte der Absatz im Online-Handel in der Weihnachtszeit überraschend stark in die Höhe.
Auch Apple kämpfte sich dank eines starken Adventsgeschäfts aus der jüngsten Wachstumsmisere frei. Die Erlöse legten im Ende Dezember abgeschlossenen ersten Geschäftsquartal 2024 um 2,1% auf 119,58 Mrd. Dollar zu – damit verhinderte der Tech-Riese aus Cupertino den fünften vierteljährlichen Umsatzrückgang in Folge. Die so wichtigen iPhone-Verkäufe zogen um 6% auf ein Volumen von 69,7 Mrd. Dollar an und übertrafen die Konsensprognose der Analysten ebenso wie der konzernweite Nettogewinn, der um 13% auf 33,92 Mrd. Dollar stieg.
Stärkere Konkurrenz
Allerdings nahmen die Investoren die Ergebnisse zunächst weitaus weniger erfreut auf als bei Meta und Amazon, da Apple in China schwächelt. Der Absatz in der Volksrepublik sackte um 13% auf 20,82 Mrd. Dollar ab und blieb hinter der Konsensprognose von 23,5 Mrd. Dollar zurück. Über die Entwicklung im chinesischen Markt machen sich Anleger schon seit längerer Zeit Sorgen. Denn mit Huawei hat ein dort heimisches Unternehmen gegenüber dem iPhone-Konzern kräftig aufgeholt.
Zugleich hat China es Angestellten der Zentralregierung verboten, Smartphones ausländischer Hersteller zu nutzen. Die geopolitischen Spannungen zwischen Washington und Peking sorgen laut Analysten im Zusammenspiel mit der erstarkten Konkurrenz für anhaltend eingetrübte Aussichten bezüglich des Apple-Absatzes im Reich der Mitte. CFO Luca Maestri zeigte sich "nicht glücklich" mit dem jüngsten Verkaufsrückgang und räumte ein, dass China "der kompetitivste Markt der Welt" sei.
Zudem warnt der Finanzchef davor, dass die Rückkehr zum konzernweiten Absatzwachstum möglicherweise nur eine Momentaufnahme sei. Im zweiten Geschäftsquartal muss Apple schließlich einen harten Vergleichswert schlagen: Zu Jahresbeginn 2023 hatte sich eine infolge von Lieferkettenproblemen aufgestaute iPhone-Nachfrage Bahn gebrochen und dem Konzern nach eigenen Schätzungen Mehrverkäufe im Gegenwert von nahezu 5 Mrd. Dollar beschert.
Suche nach neuen Erlöstreibern
Nun steht die einst als künftiger Wachstumsmotor gefeierte Services-Sparte im Fokus. In dieser steigerte Apple die Erlöse zwar um 11,3% auf einen Rekordwert von 23,12 Mrd. Dollar, blieb damit aber etwas hinter den Hoffnungen der Anleger zurück. Auch dies trägt zur Mutlosigkeit der Aktionäre bei, die seit mehreren Quartalen auf der Suche nach einem neuen Umsatztreiber für den Fall sind, dass die iPhone-Nachfrage auch global abkühlt.
Neues Aufwärtspotenzial für die Erlöse soll laut CEO Tim Cook das Virtual-Reality-Headset Vision Pro bringen, das ab Freitag ausgeliefert wird. Der Konzern hat bisher nicht offengelegt, wie viele VR-Brillen er bereits verkauft hat. Der Investmentmanager TF International Securities geht aber von einer Zahl zwischen 160.000 bis 180.000 Einheiten zum Marktstart aus. Während Kunden enthusiastisch auf die Produktneuerungen reagiert haben, zweifeln Investoren und Analysten daran, dass die Vision Pro kurzfristig einen nennenswerten Beitrag zum Absatz leisten kann – vor allem, weil der US-Preis von 3.499 Dollar im Vergleich zu Modellen anderer Hersteller hoch ausfällt.
Trotz des schwierigen Marktumfelds hat Apple im Gegensatz zu anderen Tech-Riesen nicht zu Massenentlassungen gegriffen. Amazon, die zuletzt aufgrund des Widerstands europäischer Regulatoren auf die Übernahme des Staubsaugerroboter-Anbieters iRobot verzichtet hatte, hat in den vergangenen Monaten Stellen in ihren Unterhaltungs-, Endgeräte- und Videospielabteilungen gestrichen und Prioritäten in andere Geschäftsbereiche verschoben, in denen künstliche Intelligenz an Bedeutung gewinnt. Apple hingegen will KI-Teams, die an der Weiterentwicklung des Sprachassistenten Siri arbeiten, zusammenlegen. Mitarbeitern, die in diesem Zuge nicht von Kalifornien nach Texas umziehen wollen, droht angeblich die Entlassung.
KI schiebt Werbeerlöse an
Der Rest des Big-Tech-Segments stützt seine Wachstumshoffnungen indes auf künstliche Intelligenz. Bei Meta ist das ermutigende Abschneiden im Schlussquartal 2023 laut Analysten auch darauf zurückzuführen, dass der Konzern Werbung über lernfähige Algorithmen gezielter ausspielen kann. Dies helfe dabei, Herausforderungen durch 2021 von Apple eingeführte Datenschutzregeln für das Betriebssystem iOS zu überwinden. App-Anbieter, die das User-Verhalten auf dem iPhone tracken wollen, müssen seit dem damaligen Update ausdrücklich um Erlaubnis fragen. Weil viele Nutzer diese Nachverfolgung ablehnen, sammeln Dienste wie Facebook weniger präzise Daten – damit ist es für sie schwieriger, personalisierte Werbung zu platzieren.
Die Werbeerlöse generierten bei Meta im Schlussquartal 96,5% des Gesamtumsatzes. Auch in der Sparte Reality Labs, die Software und Hardware für virtuelle Welten entwickeln soll, wuchs der Konzern mit 47% durchaus kräftig. Allerdings bleibt das Metaverse ein Geldverbrenner – die Einheit schrieb im abgelaufenen Jahresviertel einen operativen Verlust von 4,65 Mrd. Dollar.
Im Visier der Regulatoren
Unterdessen müssen sich die Technologieriesen mit einem verstärkten regulatorischen Fokus auf ihre KI-Investitionen auseinandersetzen. So hat die US-Wettbewerbsbehörde FTC mehrere Unternehmen – neben Amazon auch Alphabet, Microsoft sowie die KI-Schmieden OpenAI und Anthropic – aufgefordert, tiefergehende Informationen zu Investitionen in die Technologie vorzulegen. Sie sollen als Grundlage einer Studie zur Konkurrenzsituation und drohenden Machtgefällen im KI-Markt dienen.
Apple hat wie Amazon unterdessen mit genaueren Untersuchungen der Geschäftspraktiken auf den konzerneigenen Marktplätzen zu ringen. Behördenvertreter und Händler bzw. App-Entwickler werfen den Konzernen vor, ihre Monopolstellungen auszunutzen, um Drittparteienanbieter zu übervorteilen. Die Anleger am gesamten US-Aktienmarkt, an dem Big Tech bedeutende Teile der Wertschöpfung generiert, hoffen nun, dass die Konzerne ihren Wachstumskurs gegen diese zunehmenden Widrigkeiten fortsetzen können.
Meta Platforms und Amazon überraschen die Wall Street mit ihrer Erlösentwicklung im abgelaufenen Quartal positiv, auch Apple kehrt auf den Wachstumskurs zurück. Doch gerade für den iPhone-Konzern häufen sich die Widerstände. Mit neuen Produkten will Apple nun Probleme im wichtigen Markt China auffangen.