M&A

Billiges Geld treibt Deals auf Rekordwert

cru Frankfurt – Der M&A-Markt boomt wie nie zuvor. Angeheizt von billionenschweren staatlichen Konjunkturprogrammen und dem offenen Geldhahn der Notenbanken hat sich das Volumen der Fusionen und Übernahmen rund um die Welt in der ersten Hälfte...

Billiges Geld treibt Deals auf Rekordwert

cru Frankfurt – Der M&A-Markt boomt wie nie zuvor. Angeheizt von billionenschweren staatlichen Konjunkturprogrammen und dem offenen Geldhahn der Notenbanken hat sich das Volumen der Fusionen und Übernahmen rund um die Welt in der ersten Hälfte dieses Jahres nahezu verdreifacht auf mehr als 2,5 Bill. Dollar. Das ist mehr als jemals zuvor in den sechs Monaten von Januar bis Juni, wie aus Daten hervorgeht, die die Investmentbanken Bank of America, Goldman Sachs und J.P. Morgan zusammengestellt haben.

Während sich die Wirtschaft auf der ganzen Welt dank der erfolg­reichen Entwicklung mehrerer Co­vid-19-Impfstoffe zu erholen beginnt, haben sich Unternehmen zunehmend auf M&A konzentriert, um sich auf die Welt nach der Pandemie vorzubereiten. So ist der M&A-Markt in den vergangenen Monaten aufgeblüht, und der Juni 2021 bildet keine Ausnahme. Das angekündigte Volumen für Mai 2021 lag bei 540 Mrd. Dollar und damit fast fünfmal höher als das Volumen für Mai 2020 (122 Mrd. Dollar), das durch den Ausbruch von Covid-19 auf einen historischen Tiefstand gesunken war.

Der Boom im Mai war eine Fortsetzung des M&A-Aufschwungs, der in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 begann. Im Mai 2021 überschritt das Volumen zum fünften Mal in den vergangenen sechs Monaten die 500-Mrd.-Dollar-Marke. Vor diesem jüngsten Aktivitätsschub hat das monatliche Volumen diese Schwelle seit dem Jahr 2000 nur fünf weitere Male überschritten. Das erste Quartal 2021 war für M&A das beste erste Quartal aller Zeiten.

„2021 wird Spitzenjahr“

„2021 wird eines der besten M&A-Jahre aller Zeiten. Das steht jetzt schon fest“, sagt Birger Berendes, M&A-Europachef der Bank of America. „Dass es in Deutschland nur ein Viertel mehr ist, hat auch damit zu tun, dass es hierzulande weniger Tech- und Healtcare-Unternehmen gibt, die von den Investoren derzeit besonders gesucht sind. Dennoch haben wir alle Hände voll zu tun. Wir arbeiten auch an transformatorischen Megadeals mit deutscher Be­teiligung.“ Einer von drei Deals werde von Finanzinvestoren gemacht, die wegen ihrer mit 1,5 Bill. Dollar „Dry Powder“ übervollen Kassen unter Anlagedruck stehen. Auch die rund 400 Spacs (Special Purpose Acquisition Companies) in den USA, die mit 130 Mrd. Dollar eingesammeltem Kapital noch kein Übernahmeziel gefunden haben, tragen dazu bei, den Boom am Laufen zu halten.

Ähnlich optimistisch für einen M&A-Boom in Deutschland zeigt sich Patrik Czornik, M&A-Deutschlandchef bei J.P. Morgan: „Wer sich derzeit von einem Unternehmen trennt, kann zwischen drei Optionen wählen: Verkauf, Börsengang oder Fusion mit einem Spac.“

Ende der Vorsicht

Viele Unternehmen seien während der Pandemie zögerlich mit Zukäufen gewesen. „Jetzt erweisen sich die Bilanzen in vielen Fällen als stärker als erwartet. Unternehmen, die zu einem Bewertungsabschlag handeln, können leicht zum Übernahmeziel werden oder das Interesse von Aktivisten hervorrufen“, warnt Czornik. Mit zeitlicher Verzögerung rollt die globale Riesen-M&A-Welle auch durch Deutschland. „Die Deutschen sind etwas vorsichtiger bei der Rückkehr zur Normalität. Aber auch deutsche Unternehmen stellen sich durch Carve-outs von Konzernteilen klarer auf. Beispiele sind Daimler Trucks und die Continental-Antriebssparte Vitesco“, erklärt Czornik.

ESG werde insgesamt relevanter bei M&A-Deals, weil die Nachhaltigkeitsratings Einfluss auf die Bewertungen bekommen. „ESG-Risiken werden bei der Due Diligence immer öfter von externen Beratern abgeklopft“, sagt Czornik.

Es gab weltweit zwei Dutzend so­genannter „transformativer“ Megadeals mit mehr als 10 Mrd. Dollar Volumen, die die Entwicklung eines Unternehmens in eine neue Richtung lenken. Beispiel dafür ist AT&T: Der Telekom-Netzbetreiber AT&T schafft mit der Fusion von Warner Media und Discovery einen Mega-Streaming-Medienkonzern. Die Mehrheit der Mega-Transaktionen wurde vollständig in bar bezahlt, weil die Finanzierungsbedingungen so günstig sind. „Die Bewertungen sind sehr hoch, weil die Kosten für Eigen- und Fremdkapital auf Rekordtiefs gefallen sind“, erklärt M&A-Co-Deutschlandchef Tibor Kossa.

Während inmitten der Pandemie kaum noch grenzüberschreitende Übernahmen stattfanden, gibt es jetzt ein Comeback solcher Deals. Rund 30% vom Gesamtvolumen entfallen auf grenzüberschreitende Fusionen. Bislang gab es 2021 schon 108 Cross-Border-Deals mit jeweils mehr als 1 Mrd. Dollar Volumen.