Bremsen von Continental treffen BMW hart
Bremsen von Conti treffen BMW hart
Jahresziele wegen Rückruf und Auslieferungssperre für 1,5 Millionen Fahrzeuge gesenkt – Schwäche in China belastet ebenso
jh München
Fehlerhafte Bremsen des Zulieferers Continental machen BMW einen Strich durch die Rechnung. Die Belastungen erreichen einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Das hat Folgen für die Jahresprognose. Ein Regress werde geprüft, sagte ein Sprecher von BMW. Conti hat Rückstellungen für den Garantiefall gebildet.
Technische Schwierigkeiten mit Bremsen verderben BMW die Geschäftsprognose für dieses Jahr. Mehr als 1,5 Millionen Fahrzeuge müssen zurückgerufen werden oder können wegen einer Auslieferungssperre noch nicht den Kunden übergeben werden, wie der Münchner Auto- und Motorradhersteller am Dienstag mitteilte. Das Unternehmen begründet dies „im Zusammenhang mit dem von einem Lieferanten zugelieferten integrierten Bremssystem (IBS)“, nennt den Namen aber nicht. In der Branche ist allerdings schon seit einigen Monaten bekannt, dass BMW Schwierigkeiten mit diesem Bremssystem von Continental hat.
Nach der gegen 13 Uhr veröffentlichten Warnung rutschte der Aktienkurs von BMW steil ab und lag zum Xetra-Schluss mit 68,98 Euro 11,1% im Minus. Auch der Kurs von Conti gab stark nach: 52,60 Euro bedeuteten einen Tagesverlust von 10,5%. Andere Autowerte zog es ebenfalls nach unten, etwa Mercedes-Benz um 4,9%. Seit sich die Krise der Marke Volkswagen in der vergangenen Woche verschärft hat, steht die Branche an der Börse ohnehin unter Druck.
Schwache Nachfrage in China
Das Problem mit der Technik sowie die schwache Nachfrage in China belasten die Profitabilität von BMW in diesem Jahr erheblich: Anstelle einer Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern (Ebit-Marge) von 8 bis 10% im Segment Automobile erwartet der Konzern nun nur noch 6 bis 7%. Im ersten Halbjahr waren es 8,6 (i.V. 10,6)%.
Zum einen muss BMW wegen fehlerhafter Bremsen zusätzliche Gewährleistungskosten „in hoher dreistelliger Millionenhöhe“ schultern. Zum anderen hat die Kaufzurückhaltung im großen Markt China Folgen für den Absatz: BMW rechnet nun mit einem leichten Rückgang der Auslieferungen von Autos an Kunden. Nach der Definition des Unternehmens bedeutet dies –1% bis –4,9%. Bisher hatte der Vorstand einen leichten Anstieg in Aussicht gestellt.
Regress wird geprüft
Auch die Prognose für die Kapitalrendite im Segment Automobile hat BMW gesenkt: von 15 bis 20% auf 11 bis 13%. Der freie Cashflow wird jetzt auf mehr als 4 Mrd. Euro geschätzt – 2 Mrd. Euro weniger als bisher. Ein Sprecher von BMW begründete dies mit dem höheren Lagerbestand aufgrund der Auslieferungssperre und der Ergebnisbelastung. Das Konzernergebnis vor Steuern wird aufgrund der veränderten Situation deutlich zurückgehen, also um mehr als 10%. Bisher hatte der Vorstand mit 1% bis knapp 5% weniger gerechnet als die 17,1 (23,5) Mrd. Euro im vergangenen Jahr.
Auf die Frage nach Rückforderungen von Continental antwortete er, ohne den Namen des Zulieferers zu nennen: „Das prüfen wir.“ Conti teilte auf Anfrage mit, Rückstellungen in Höhe eines zweistelligen Euro-Millionenbetrags gebildet zu haben. „Wir gehen davon aus, dass dies für den Gewährleistungsfall ausreichen wird.“ Zudem müsse nach bisherigen Erkenntnissen nur ein geringer Teil der ausgelieferten Bremssysteme ausgetauscht werden.
Unfälle nicht bekannt
Nach den Worten des BMW-Sprechers geht es um Autos, die von Juni 2022 bis Anfang August dieses Jahres ausgeliefert beziehungsweise produziert worden sind. 1,2 Millionen davon seien bei den Kunden, etwa 320.000 noch nicht. Im August sei China als größter Markt mit 370.000 von den insgesamt 1,5 Millionen hinzugekommen.
Der Sprecher betonte, nicht in allen Fahrzeugen seien diese Bremsen fehlerhaft, jedoch müssten alle überprüft werden. Das Auto erkenne den Fehler und melde dies dem Fahrer. Die Folge sei ein Ausfall des Bremskraftverstärkers und anderer Systeme wie ABS und Stabilitätskontrolle. Unfälle seien BMW in diesem Zusammenhang nicht bekannt, berichtete er. Einen Totalausfall des Bremssystems gebe es nicht. An einer Lösung des technischen Problems arbeite BMW gemeinsam mit dem Zulieferer.
Motoräder weniger profitabel
Die Effekte auf das Ergebnis und den Bestand werden nach Angaben des Unternehmens aus heutiger Sicht im noch laufenden Quartal deutlich stärker ausfallen als im Schlussabschnitt dieses Jahres.
Die schwächere Nachfrage hat auch Folgen für das Motorradgeschäft von BMW. Die Markt- und Wettbewerbssituation in den Kernmärkten, unter anderem in China und den USA, wirke sich deutlich auf die „Volumen- und Preisrealisierung“ aus. Die Zahl der Auslieferungen erwartet der Vorstand nun auf dem Vorjahresniveau anstelle eines leichten Anstiegs. Die Prognose für die Ebit-Marge des Segments senkte er wie für die Automobile von 8 bis 10% auf 6 bis 7%. In den ersten sechs Monaten lag sie noch bei 11,6 (16,2)%.
Für die Kapitalrendite der Motorräder wird nun mit 14 bis 16 (zuvor: 21 bis 26)% gerechnet.