Chinas Autobauer glänzen im „Hier und Jetzt“
Chinas Autobauer glänzen im „Hier und Jetzt“
Wandel im Kundengeschmack voll eingefangen – Westliche Konkurrenz tröstet sich mit Aufholszenario in der Zukunft – Preiskampf sorgt für Ernüchterung
Chinesen benutzen mit Blick auf die rasanten Erfolge der heimischen E-Auto-Industrie gerne den sportlichen Begriff „wan dao chao che“. Das heißt, mit vollem Tempo in der Kurve zu überholen. Für tradierte Autokonzerne gilt es bei der Messe in Peking eher zu zeigen, dass sie noch nicht gänzlich aus der Kurve geflogen sind.
nh Schanghai
Kein Zweifel, die diesjährige Pekinger Auflage von Chinas größter Automesse wird zur gleißenden Demonstration einer globalen Vormachtstellung in Sachen Elektromobilität. Der neue Platzhirsch BYD strotzt vor Modelleinführungen, die alle Preissegmente vom Mini-Stadtflitzer bis zum tonnenschweren Luxus-SUV abdecken. CATL stellt die erste Batterie vor, die die magische Grenze von 1.000 Kilometer Reichweite knacken soll. Dem Smartphonebauer Xiaomi gelingt ein überzeugender Einstieg ins Pkw-Geschäft: Der auf der Messe gezeigte Xiaomi SU7 bricht Newcomer-Rekorde.
Anschluss verzweifelt gesucht
Die führenden westlichen japanischen Autokonzerne haben größte Mühe darzustellen, wie es ihnen gelingen kann, im weltgrößten Pkw-Markt wieder Anschluss zu finden. Sie wollen zeigen, dass sie in Zukunft schneller und ideenreicher entwickeln, kostengünstiger produzieren und besser auf die Bedürfnisse der alles entscheidenden jüngeren Käufergeneration einzugehen wissen.
Die heimischen Elektroautobauer indes müssen nicht mit Zukunftsplänen und Bessermach-Gelübden vertrösten. Sie stehen mit ihrer Modellpalette bereits voll wettbewerbsfähig im „Hier und Jetzt“ und wissen Potenzial im Heimatmarkt für sich auszuschöpfen.
Umgemodelte Benziner
Am ersten Pressetag der Peking Auto Show ist der insbesondere für deutsche Autobauer bedenkliche Rückstand auch in den Messehallen sichtbar. Man gibt sich redlich Mühe, neue oder aufgehübschte Modelle ins Rennen zu schicken, die in vielen Fällen aber letztlich die elektrifizierte Version eines in westlichen Märkten längst herumkurvenden Benziners abgeben.
Fahreigenschaft im Hintergrund
Ein Beispiel mag das neu lancierte Geländewagen-Prunkstück von Mercedes abgeben. Der nunmehr elektrifizierte G580 besticht mit denselben Offroad-Qualitäten wie das Verbrenner-Topmodell. Die Frage ist allerdings, wie sehr sich noch herausragende Fahreigenschaften beim chinesischen Edelkunden als Trumpfkarte erweisen. Viel weist darauf hin, dass eher digitale Verspieltheiten und Konnektivität den Unterschied machen. Hier gibt es noch einige Entwicklungsrückstände zu überbrücken, um auch an dieser Front im chinesischen Markt mitzuhalten.
Im VW-Konzern, der seine jahrzehntelang marktführende Stellung bereits im vergangenen Jahr an Chinas stärksten Elektroautobauer BYD abgeben musste, plant man in den kommenden drei Jahren 40 neue Modelle im chinesischen Markt einzuführen, davon die Hälfte vollelektrisch. Woran es freilich gebricht, sind Batteriefahrzeuge, die im Abgleich von Preis, technologischer Ausstattung und jüngere Kundschaft ansprechenden Features im laufenden Wettbewerb mithalten können.
Preiskampf gibt zu denken
Es gibt also noch wenig zu sehen, das Hoffnung in Sachen rasche Aufholjagd bzw. Zurückschlagen des einstigen Imperiums macht. Die chinesische Konkurrenz, angeführt von BYD, Staatsfirmen wie GAC, SAIC, Chery, oder dem Start-up-Trio Nio, Li Auto, Xpeng können auf rein elektrischen Plattformen Design- und Technologievielfalt zu erstaunlich niedrigen Preisen bieten. Letzteres sorgt freilich für reichlich Diskussionsstoff auf der Messe. Gerade in den vorigen Monaten hat sich der Preiskampf in China in einer Art und Weise verschärft, die das Thema Überlebenskampf von derzeit auftrumpfenden Adressen aktuell macht.