Cloud-Anbieter ziehen in den Kampf gegen Microsoft
hei Frankfurt
Europas Cloud-Anbieter schließen die Reihen im Kampf gegen Geschäftspraktiken von Microsoft. Der Branchenverband Cloud Infrastructure Service Providers in Europe (CISPE) hat bei der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission eine formelle Wettbewerbsbeschwerde gegen das Unternehmen eingereicht. Darin wird der Gates-Company unter anderem „ungerechtfertigte und diskriminierende Bündelung, Kopplung“ sowie Selbstbevorzugung bei der Preisgestaltung und technischer und wirtschaftlicher Bindung der Kunden an die eigene Plattform vorgeworfen.
Die Reihe der Beschwerdeführer ist lang. So hat der Spezialist für Bürokommunikationsdienste Slack, der inzwischen Salesforce gehört, 2020 bei der EU-Kommission beklagt, dass Microsoft versuche, das Geschäft von Slack mit einer altbewährten Bündelungspraxis abzudrängen. Der Softwaregigant integrierte sein Konkurrenzprodukt Teams kostenlos in die Windows-Version 11 und verknüpfte die Lizenzgebühr mit der global verbreiteten Office-Software, um die eigenen Cashcow zu schützen. Ähnlich war der Konzern bereits im sogenannten Browser War vorgegangen, um dem eigenen Internet Explorer gegenüber Netscape zum Durchbruch zu verhelfen. Nach endlos langen Untersuchungen verhängte die Kommission ein Bußgeld von 561 Mill. Euro, das aber folgenlos blieb, Netscape war längst untergegangen.
Der französische Cloud-Hoster OVH Cloud beschwerte sich derweil in diesem Frühjahr, dass Kunden, die Microsoft-Lizenzprodukte wie Office auf einer anderen Cloud-Plattform als Microsoft Azure nutzen wollten, höhere Lizenzgebühren bezahlen müssen. Die deutsche Next Cloud beschwerte sich derweil beim Bundeskartellamt über die Integration von Microsoft One Drive, die Next Cloud bei Kunden benachteilige.
Die vielstimmige Kritik hat CISPE zufolge bei dem US-Konzern bisher zu keinerlei Einlenken geführt. Die jüngsten Ankündigungen, Blogs und Dokumente, mit denen Microsoft offenbar Marktuntersuchungen abwenden wollte, ließen nicht erkennen, dass Microsoft „tatsächlich“ eine rasche Beendigung seiner wettbewerbswidrigen Lizenzierungspraktiken beabsichtige. Im Gegenteil: Die neuen Vertragsbedingungen, die Microsoft am 1. Oktober 2022 einseitig eingeführt hat, setzen die unlauteren Praktiken weiter fort, heißt es bei dem Verband. Die Wettbewerbsbehörden tun sich im Umgang mit den marktmächtigen Technologieriesen seit jeher schwer. Vor allem langwierige Prüfprozesse sind ein Problem. Der deutsche Gesetzgeber hat versucht, dem mit der Novelle des Wettbewerbsrechts beizukommen, die dem Kartellamt ein schnelleres Eingreifen ermöglicht. Aber auch der Paragraf 19a löst nicht alle Probleme.
Schwer angreifbar ist ohnehin die Marktmacht der drei sogenannten Hyperscaler, die die größten Webhosting-Plattformen der Welt betreiben: Amazon Web Services, Microsoft mit Azure und Google Cloud. Das hochprofitable Geschäft ist vor allem für Amazon und Microsoft ein signifikanter Ertragsbringer. Die enormen Skaleneffekte erhöhen die Schlagkraft beim Kunden.