Ralf Teckentrup

Dämpfer durch Omikron ist für Condor „kein GAU“

Condor verbucht derzeit angesichts der Omikron-Welle sehr geringe Buchungen für die Mittel- und Kurzstrecken, liegt aber bei der Entwicklung der wichtigen Langstrecke im Plan. Eine Entscheidung zum Streit mit der Lufthansa über Zubringerflüge steht wohl im Februar bevor.

Dämpfer durch Omikron ist für Condor „kein GAU“

Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

Als hätten die Fluggesellschaften derzeit angesichts der Corona-Pandemie keine anderen Probleme, liegen die beiden deutschen Airlines Condor und Lufthansa seit Monaten im Clinch. Der Grund: Die Deutsche Lufthansa hatte im November 2020 einen Vertrag mit Condor zu Zubringerflügen gekündigt, daraufhin hatte der Wettbewerber das Bundeskartellamt eingeschaltet. Die Wettbewerbsbehörde hatte im März 2021 nach einer vorläufigen Prüfung erklärt, die Lufthansa missbrauche ihre Marktmacht im Kampf um touristische Langstrecken-Passagiere. Ohne die Zubringerpassagiere könne die Langstrecke der Condor „nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen nicht wirtschaftlich betrieben werden“, hatten die Wettbewerbshüter erklärt (vgl. BZ vom 31.3.2021).

Lufthansa baut das eigene touristische Geschäft gerade kräftig aus und wolle deshalb Wettbewerber schwächen, wird in der Branche gemutmaßt. Dem diene nicht nur das Scharmützel mit Condor, sondern auch der verschärfte Wettbewerb in Richtung Ryanair, die deshalb kürzlich ihren Rückzug vom Frankfurter Flughafen angekündigt hatte.

Die ursprüngliche Vereinbarung zwischen Lufthansa und Condor läuft noch bis Mai dieses Jahres. Zwar hält sich Condor-Chef Ralf Teckentrup im Gespräch mit der Börsen-Zeitung zu dem Streit bedeckt. Da werde es auf Sicht eine finale Entscheidung des Kartellamts geben, sagt er lediglich. Wie zu hören ist, steht diese Entscheidung aber kurz bevor – dem Vernehmen nach dürfte sie im Februar fallen.

Langstrecke auf Kurs

Im operativen Geschäft der Ferienfluggesellschaft sorgt die Omikron-Welle aktuell für einen kräftigen Dämpfer. „Der Zugang an Buchungen für die Kurz- und Mittelstrecken ist derzeit sehr gering. Wir haben deshalb für den Rest des Januars und den kompletten Februar das Programm weiter zusammengestrichen“, sagt Teckentrup. Im Februar fliege man dann in diesem Geschäft nur noch 15 bis 20% der normalen Produktion, im November und Dezember waren es noch 40 bis 45%. Auf vielen Flügen verdient Condor derzeit gerade mal die Sprit- und Gebührenkosten; das sorgt im Management der Fluglinie aber für wenig Unruhe. Denn „in der Touristik verdient man im Winter auf der Kurz- und Mittelstrecke sowieso kein Geld, deshalb ist das für uns jetzt kein GAU.“ Man steuere das Kurz- und Mittelstreckengeschäft derzeit klassisch – „die variablen Kosten müssen mindestens verdient werden.“

Wichtiger ist das Langstreckengeschäft. Dort sieht Teckentrup sein Unternehmen trotz Omikron-Virusvariante auf Kurs. 40 bis 45% der Vorkrisenproduktion sei derzeit in diesem Segment in der Luft – „in etwa das Niveau, das wir erwartet haben“. Auch die Buchungssituation sei „deutlich stabiler“ als bei der Kurz- und Mittelstrecke. Grundsätzlich habe sich das Buchungsverhalten stark verändert, es werde sehr kurzfristig gebucht. Für die wichtige Sommersaison seien derzeit 30 bis 40% des Normalzustandes fix, erwartet wird aber am Ende eine Auslastung von 80 bis 90% der vorhandenen Kapazitäten – diese werden allerdings niedriger sein als vor der Krise. War Condor im Sommer 2019 – also im Vorkrisenjahr – mit 59 Flugzeugen unterwegs, werden es im kommenden Sommer 53 Maschinen sein.

Nach dem Einstieg des Finanzinvestors Attestor verfügt die Fluglinie über die nötigen Finanzmittel für neue Langstreckenflugzeuge, um die in die Jahre gekommene Flotte zu erneuern. Der Investor spendiert dafür 250 Mill. Euro, dadurch war mit Hilfe von Fremdkapital eine Finanzierung über rund 1 Mrd. Euro möglich. Bestellt wurden 16 Maschinen des Typs A330-900 neo des Herstellers Airbus, die dem Unternehmen von Oktober an zugehen sollen. Die letzte Maschine landet im Januar 2024 bei Condor. Der Flotten-Roll­over wird der ehemaligen Thomas-Cook-Tochter auch bei der Umweltbilanz helfen – „wir dürften dann pro Passagier den niedrigsten Spritverbrauch in Europa haben“, rechnet der Condor-Chef vor, der im Dezember seinen Ende 2021 abgelaufenen Vertrag um zwei Jahre verlängert hat.

Attestor ist im Sommer des vergangenen Jahres zunächst mit 51% bei Condor eingestiegen. Im Gepäck hatte der Vermögensverwalter neben den Mitteln für die Flottenerneuerung weitere 200 Mill. Euro frisches Eigenkapital. Mittelfristig sollen auch die restlichen Anteile bei dem Investor landen, die derzeit bei einer Treuhandgesellschaft liegen, die sämtliche Geschäftsanteile an die KfW verpfändet hat. Die schrittweise Übernahme werde „in dem Maße vollzogen, in dem Condor die Kredite an die KfW zurückzahlt“, erklärt Teckentrup. „Das soll spätestens 2026 abgeschlossen sein.“

Mit dem ehemaligen Chef der Austrian Airlines, Jan Albrecht, und dem früheren Strategiechef der Lufthansa, Sadiq Gillani, hat sich Attestor mit zusätzlichem Airline-Sachverstand ausgestattet – die beiden Manager sind mittlerweile für Attestor in den Condor-Aufsichtsrat eingezogen.

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