Dealmaker wittern Chancen bei Tiktok
Dealmaker wittern Chancen bei Tiktok
Trump-Lager drängt auf US-Beteiligung an Video-App – Wall-Street-Häuser loten Möglichkeiten für Joint Venture aus – Staatsfonds-Lösung im Spiel
An Wall Street laufen aufgeregte Diskussionen um eine geplante US-Beteiligung an Tiktok. Die Pläne des Trump-Lagers für eine Überführung der chinesisch kontrollierten App in ein Joint Venture gelten zwar noch als zu vage formuliert. Doch Möglichkeiten für die Finanzierung eines Deals zeichnen sich ab.
xaw New York
Während die öffentliche Aufregung um den zeitweiligen US-Bann gegen Tiktok abflaut, laufen die Diskussionen um Donald Trumps Pläne für die Social-Media-Plattform an Wall Street erst noch heiß. Der US-Präsident hatte an seinem ersten Tag im Amt eine gesetzliche Deadline für einen Verkauf der Video-App durch die chinesische Mutter Bytedance um 75 Tage verschoben. Trump, der in seiner ersten Amtszeit noch aufgrund von Datenschutz- und nationalen Sicherheitsbedenken für ein Verbot von Tiktok eintrat, will die Plattform am liebsten in ein Joint Venture mit einer US-Beteiligung von 50% überführen.
Vage Pläne
Damit beginnen unter Dealmakern die Überlegungen zu Möglichkeiten, aus einem solchen Deal Kapital zu schlagen. Von der Börsen-Zeitung kontaktierte Investmentbanken, die allgemein auf einen M&A-Aufschwung hoffen, äußern sich in Bezug auf Tiktok noch defensiv. An den Plänen des Präsidenten sei noch zu viel vage – so sei unklar, ob ein Joint Venture mit US-Beteiligung das zentrale Problem lösen würde, das Ex-Präsident Joe Biden zum Gesetz über einen Verkauf oder Bann der Video-App veranlasste: Die Sorge, dass Peking über Bytedance auf die Daten US-amerikanischer Nutzer zugreifen könne, bestehe solange weiter, wie der Algorithmus in chinesischer Hand liege.
Auch suggeriere Trump, dass die Vereinigten Staaten für eine Beteiligung an Tiktok nichts bezahlen sollten. Die Plattform sei „wertlos, wenn ich keinen Deal schließe“, sagte er zuletzt und drohte, dass weitere Strafzölle gegen China von einer Einigung abhängen könnten. Komme eine solche zustande, könne Tiktok „vielleicht 1 Bill. Dollar“ wert sein. Dass Bytedance Anteile an der Plattform allein im Tausch für das Recht abgibt, weiter in Amerika präsent sein zu dürfen, gilt unter Analysten indes als unwahrscheinlich – obwohl die Vereinigten Staaten für die Plattform mit einer Gesamtnutzerzahl von nahezu 121 Millionen Menschen nach Indonesien Stand 2024 der zweitwichtigste globale Markt sind.
Gewaltige Bewertung
CFRA Research beziffert den Wert des US-Geschäfts von Tiktok auf 40 Mrd. bis 50 Mrd. Dollar. Die Investmentbank Wedbush legt für die Plattform sogar eine Bewertung von „deutlich über“ 100 Mrd. Dollar an, sofern ein Deal den heiß begehrten Algorithmus der Bytedance-Tochter einbezieht. Der Kreis der Interessenten, die unter diesen Maßgaben eine Beteiligung stemmen könnten, ist prominent besetzt: Sowohl der aus der amerikanischen „Höhle der Löwen“-Version „Shark Tank“ bekannte Investor Kevin O'Leary als auch der Youtuber James „Mr. Beast“ Donaldson haben sich mit wilden Geboten zu Wort gemeldet; der Immobilienmogul Frank McCourt betonte wiederholt sein Interesse und zeigt sich offen für eine Zusammenarbeit mit anderen Käufern.
Das Startup Perplexity AI hat indes einen Zusammenschluss mit dem US-Geschäft von Tiktok ins Spiel gebracht, durch den bestehende Investoren von Bytedance eventuell ihre Beteiligungen behalten könnten. Perplexity AI wollte sich auf Anfrage der Börsen-Zeitung nicht konkreter zu ihrem Merger-Angebot, Gesprächen mit Bytedance oder Finanzierungsmöglichkeiten äußern.
Investmentbanken schlecht auf Musk zu sprechen
In der Pole Position für einen Deal sehen viele Beobachter aber den wichtigsten Trump-Unterstützer Elon Musk, der sich bereits mit chinesischen Offiziellen getroffen hat. Trump nährte entsprechende Spekulationen in der abgelaufenen Woche: „Ich wäre dafür, wenn er es kaufen würde“, sagte der Präsident vor Reportern im Weißen Haus. Auch beim reichsten Mann der Welt, dessen Vermögen sich größtenteils aus seinen Beteiligungen an seinen Firmen Tesla und SpaceX speist, gelten die Finanzierungsmöglichkeiten für einen Deal aber als unklar.
Investmentbanken sind seit der Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter (heute X) im Jahr 2022 jedenfalls schlecht auf den Milliardär zu sprechen. Im Rahmen des 44 Mrd. Dollar schweren Leveraged Buyout (LBO) der Social-Media-Plattform hatten Musk und andere Investoren selbst 30 Mrd. Dollar aufgebracht; die als Käufer auftretende Holding lieh sich überdies 13 Mrd. Dollar von sieben Finanzinstituten.
Wie bei LBOs üblich wollten die Banken die Junk-Kredite schnell losschlagen – doch die schwache finanzielle Performance von X machte ihnen dies unmöglich. Auch zwei Jahre nach der Übernahme könnten die Geldhäuser die Darlehen nur zu extremen Verlusten am Markt abladen – stattdessen setzten sie zuletzt darauf, dass X den hohen Zinsdienst weiter leisten und die Hauptforderungen bei Ablauf begleichen kann. Die Akquisition wurde für die Banken zum schlechtesten Deal seit der Finanzkrise.
Aufregung in Davos
In Bezug auf Tiktok hat sich im Rahmen des Weltwirtschaftsforums in Davos indes eine Lösungsmöglichkeit abgezeichnet, die unter Dealmakern für aufgeregte Diskussionen sorgt: Angeblich erwägt das Trump-Lager, einen Staatsfonds zum Kauf der Plattform zu schaffen. Die beteiligten Investmentbanken und Private-Equity-Häuser müssten dabei wohl hohe Garantien abgeben – viele Wall-Street-Player würden sich diese Gelegenheit angesichts der potenziellen Gebühreneinnahmen aber wohl nicht entgehen lassen wollen. Bis zu einem möglichen Deal steht aber wohl noch ein hartes Tauziehen zwischen Washington und Peking bevor.