„Eine Aufbruchstimmung ist greifbar“
IM INTERVIEW: FLORIAN KAMP
„Eine Aufbruchstimmung ist greifbar“
Der Private-Equity-Experte der Kanzlei Sidley Austin zum Ausblick für Börsengänge, Übernahmen und Fusionen
Finanzinvestoren setzen vermehrt auf IPOs und M&A. Der Private-Equity-Experte Florian Kamp von Sidley Austin rechnet für das laufende Jahr mit einer höheren Deal-Dichte. Der Aufwind sei sowohl in Großbritannien als auch auf dem Kontinent spürbar. Für Finanzinvestoren sei nach wie vor London der Dreh- und Angelpunkt in Europa.
Herr Kamp, werden 2025 Börsengänge von Portfoliounternehmen wieder zum Thema für Finanzinvestoren?
Davon ist auszugehen, wenn auch nur langsam. Nachdem sich Finanzinvestoren in den vergangenen Jahren aus verschiedenen Gründen – zuvorderst wegen preisdrückender Konjunkturschwäche und sehr volatiler Marktstimmung – eher schwergetan haben, Unternehmen an die Börse zu bringen, gehen wir bei Sidley davon aus, dass sich die Lage dieses Jahr verbessert und die Ampel für den IPO-Markt wieder öfter auf grün schaltet.
Woran machen Sie das fest?
Unter anderem aufgrund der sich einpendelnden effizienten Preisfunktion öffentlicher Märkte sehen sich Unternehmen und Investoren vermehrt in der Lage, einen Börsengang zu wagen. Und auch Private-Equity-Investoren wollen nun mit Börsengängen von erfolgreichen Portfoliounternehmen wieder öffentliche Validierung von Wertschöpfung erlangen. Privatkapital bleibt hingegen sicherlich ein Ding der Zukunft, denn nicht jede Entwicklungsstufe eines Unternehmens oder jede Branche eignen sich gleich gut für einen Börsengang.
Innovative Übergangslösungen
Wie groß ist der Druck für Private Equity, Assets zu verkaufen und Kapital zu recyclen?
Der Druck ist signifikant. Investoren von Private-Equity-Funds haben, befeuert durch den Ablauf der üblichen Recyclingzyklen, in den letzten Jahren zunehmend darauf gedrängt, Kapitalrückflüsse zu erhalten. In Zeiten magerer oder preislich unattraktiver Exit-Möglichkeiten wurden die Private-Equity-Investoren dafür auch sehr innovativ, beispielsweise durch sogenannte „Continuation Funds“, „Net-Asset-Value“-Darlehen oder „Fund Secondaries“. Gleichwohl wurden und werden diese kreativen Ideen aber stets nur als Übergangslösungen angesehen.
Was macht man lieber?
Das eigentliche Geschäft von Private Equity (PE) – mit wenigen Ausnahmen wie dem Trend zum „Permanent Capital“ mit deutlich langfristigeren Anlagehorizont – liegt nun einmal darin, Unternehmen zu kaufen und sie nach einigen Jahren der Optimierung wieder mit Gewinn zu verkaufen. Da sich die Marktlage nun verbessert, werden sich die PEs diesem Geschäft wieder mit Elan zuwenden.
Spürbarer Aufwind
Was bedeutet das für die M&A-Tätigkeit?
Wir erwarten eine höhere Dichte an M&A-Deals für das Jahr 2025 im Vergleich zu 2024. Zeichen deuten darauf hin, dass die M&A-Tätigkeiten in diesem Jahr ihre Norm erreicht. Sowohl im britischen als auch im kontinentaleuropäischen Markt ist dieser Aufwind zu spüren.
Wie macht sich das bemerkbar?
Transaktionen, welche vor ein bis zwei Jahren noch im Sande verlaufen wären, nehmen wieder an Fahrt auf. Da die Finanzmärkte angesichts langsam sinkender Leitzinsen zunehmend wieder für die in der PE-Industrie elementaren M&A-Finanzierungen offenstehen und sich die Bewertungshorizonte normalisieren, ist eine Aufbruchstimmung greifbar.
London als Dreh- und Angelpunkt
Hat sich an der Bedeutung von London für Private Equity in Europa etwas geändert?
Nicht zum Nachteil Londons. Aller Unkenrufe zum Trotz, behauptet sich London weiterhin als Dreh- und Angelpunkt der PE-Welt in Europa. Weder der Brexit, noch die britischen Regierungswechsel oder der heiß diskutierte erste britische Haushalt nach dem Regierungswechsel in 2024, von dem befürchtet worden war, dass er der Sargnagel für die Anreizstruktur der PE-Vergütung sei, haben bisher zu einer wesentlichen Veränderung geführt.
Was heißt das?
Internationale Transaktionen mit europäischem Schwerpunkt – und zum Teil darüber hinaus – werden weiterhin größtenteils aus London gesteuert. Dies gilt sowohl für die Investorenseite als auch für die Berater. Die Gründe hierfür sind zahlreich.
Einflugschneise für US-Kapital
Haben Sie dafür ein Beispiel?
Ein Kernaspekt ist sicherlich, dass die komplexen Transaktionen der PE-Akteure selten rein national sind und sich London daher als übergeordneter Stützpunkt zur Koordination bestens eignet. Zudem haben viele PE-Fonds ihre Wurzeln in den Vereinigten Staaten. London, was den USA kulturell häufig nähergelegen ist als Kontinentaleuropa, ist daher die ideale Einflugschneise, um US-Kapital im europäischen Großraum auszusäen.
Das Interview führte Andreas Hippin
Das Interview führte Andreas Hippin.