Mittelstandsanleihen

Ekosem-Anleihegläubiger sollen bluten

Der angeschlagene Agrarkonzern Ekosem muss Bondholder um eine starke Zinsreduktion und eine Laufzeitverlängerung bitten. Die Sanktionen setzen der Firma, deren Geschäft sich in Russland befindet, stark zu.

Ekosem-Anleihegläubiger sollen bluten

hek Frankfurt

Der Agrarkonzern Ekosem, der mit zwei Hochzinsbonds am deutschen Kapitalmarkt vertreten ist, befindet sich in einer akuten Finanzkrise. Die aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verhängten Sanktionen schlagen voll auf das hoch verschuldete Unternehmen durch, denn das operative Geschäft spielt sich in Russland ab. Die geplante Refinanzierung der im Dezember 2022 fälligen Anleihe über den Kapitalmarkt sei auf absehbare Zeit nicht möglich, befürchtet das Management. Nun sollen die Laufzeit der Bonds um fünf Jahre verlängert und der Zinssatz drastisch auf jährlich 2,5% gesenkt werden.

Als Gründe für die Finanzkrise nennt Ekosem-Agrar, dass Inputstoffe wie Saatgut, Dünger und Ersatzteile für Landmaschinen, die in Euro und Dollar bezahlt werden müssten, sich verteuert hätten und ihre Beschaffung behindert sei. Zudem sei die Kapitalmarktrefinanzierung von Unternehmen mit Russlandbezug und die Versorgung mit Liquidität massiv erschwert worden. Der Zahlungsverkehr zwischen Russland und Deutschland sei aufgrund der gegenseitigen Sanktionen und Restriktionen erheblich eingeschränkt.

Die in Walldorf ansässige Ekosem ist die deutsche Holding der Ekoniva-Gruppe, nach eigenen Angaben größter Milchproduzent Russlands. Die Gruppe kontrolliert 630 000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche und hält 216 000 Rinder. Gründer und Vorstand ist Stefan Dürr, der seit gut 30 Jahren in der russischen Landwirtschaft unterwegs ist. Er hält laut Homepage 58,8% an Ekosem.

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hält Laufzeitverlängerung und Zinsreduktion grundsätzlich für sachgerecht, doch erschienen die Details der Beschlussvorschläge sehr weitgehend. Sie ruft die Anleihengläubiger zur Interessenbündelung auf. Die Notierungen der Bonds befinden sich seit Mitte Februar im freien Fall. Am Mittwoch bewegten sie sich an der Börse Stuttgart bei nur 12% des Nennbetrags.

Der im Dezember fällige Bond hat ein Volumen von 78 Mill. Euro und ist bisher mit 8,5% zu verzinsen. Die zweite Anleihe, die ein Volumen von 100 Mill. Euro aufweist, läuft immerhin noch bis 2024. Der Kupon beträgt 7,5%, die nächste Zinszahlung ist am 1. August 2022 fällig.

Für 9. und 10. Mai beruft Ekosem Gläubigerversammlungen in Sinsheim ein, die über die Bondrestrukturierung beschließen sollen. Neben der Drittelung des Zinssatzes und der Laufzeitverlängerung stehen ein qualifizierter Rangrücktritt für die Zinsen und ein Verzicht auf die Rückzahlungsoption im Falle eines Verkaufs der Anteile an den operativen Gesellschaften in Russland, also eines Kontrollwechsels, auf der Tagesordnung. Letzteres sei wichtig, weil Ekosem bei drohender Enteignung, einem Finanzierungsverbot oder weiteren Restriktionen nur durch Verkauf der Anteile an eine russische Gesellschaft einen Totalverlust der Vermögenswerte vermeiden könne. Es liege im Interesse der Anleihegläubiger, auf solche Fälle vorbereitet zu sein, argumentiert Ekosem.