Elbstein greift nach Erwe Immobilien
hek Frankfurt
Das Immobilienunternehmen Erwe steht vor dem Rückzug vom regulierten Markt der Börse. Großaktionär Elbstein, hinter dem die Familie Ehlerding steht, hat die Schwelle von 30% überschritten. Daher ist ein Pflichtangebot fällig. Elbstein beabsichtigt nach eigenen Angaben, dass die Offerte zugleich als Delisting-Erwerbsangebot dient.
Die Erwe-Aktien notieren derzeit noch im vergleichsweise streng regulierten Prime Standard. Der angekündigte Wechsel in den General Standard soll nach früheren Angaben zum 1. Juli 2022 umgesetzt werden. Künftig soll es eine Präsenz im Freiverkehr (Open Market) geben.
Offerte zum Mindestpreis
Wie Elbstein und Erwe Immobilien mitteilen, ist ein Angebot in Höhe des gesetzlichen Mindestpreises geplant. Diesen legt die Finanzaufsicht BaFin fest. In Firmenkreisen rechnet man mit etwa 2,18 Euro. Bei einem Übernahmeangebot entspricht der Mindestpreis dem gewichteten Durchschnittskurs der vorangegangenen drei Monate, bei einem Delisting sind die Kurse der letzten sechs Monate maßgeblich. Im Falle von Erwe dürfte der Sechsmonatsdurchschnitt aufgrund der vergleichsweise hohen Kurse im Dezember 2021 und der ersten Januarhälfte 2022 über dem Dreimonatsschnitt liegen, so dass Ersterer den Ausschlag gibt.
Im Vergleich zu früheren Börsenkursen von 3,50 Euro und mehr erscheint der Mindestpreis niedrig. Mit dem Kurssturz ab Herbst 2021 sackte die Aktie bis unter 1,80 Euro ab. Derzeit bewegt sie sich bei 2,24 Euro, was 55 Mill. Euro Börsenwert ergibt. Den Unternehmenswert (NRV) per Ende März 2022 gibt Erwe mit 4,20 Euro je Aktie an.
Das Überschreiten der 30-Prozent-Grenze hängt mit der jüngsten Kapitalerhöhung zusammen, die Elbstein mit einer Backstopgarantie abgesichert hat. Damit steigt der Elbstein-Anteil auf 33,36% und einschließlich des kleinen HCK-Pakets auf 33,77%. Erwe hatte 6,34 Millionen neue Aktien emittiert, so dass nun 24,56 Millionen Anteile umlaufen. Nicht bezogene Aktien landeten bei Elbstein. Der Anteilsaufstockung steht Erwe wohlwollend gegenüber. Sie sei eine „gute Basis für weiteres Wachstum“, ließ Vorstand Rüdiger Weitzel unlängst wissen. Die neuen Aktien wurden zu 1,50 Euro ausgegeben, so dass Erwe rund 9 Mill. Euro zufließen.
An die Börse kam Erwe über den Börsenmantel DeTeBe (Deutsche Technologie Beteiligungen), in den das eigene Geschäft eingebracht wurde. Rechtswirksam wurde diese Transaktion am 2. Mai 2018. Die Vorgängergesellschaft Erwe Real Estate hat Weitzel, der früher als Geschäftsführer oder Vorstand für DeTe Immobilien, Adler Real Estate oder DIC Asset arbeitete, 2007 gegründet. Weitzel leitet die in Frankfurt ansässige Gesellschaft zusammen mit Axel Harloff. Beide halten über ihre Investmentgesellschaft jeweils grob 20% des Grundkapitals. Bei Elbstein ist die Familie Ehlerding mit 75,35% an Bord, die restlichen 24,65% befinden sich im Streubesitz.
Hoher Verschuldungsgrad
Erwe investiert in Mischnutzungsimmobilien in den Sektoren Büro, Einzelhandel, Hotel und Wohnungen im Zentrum deutscher Großstädte und A-Lagen kleinerer Städte. Die hochfliegenden Wachstumspläne ließen sich aber nicht umsetzen, so dass man nun offenbar zu der Erkenntnis kommt, dass die Kosten einer Notierung im regulierten Markt für das vergleichsweise kleine Unternehmen reichlich hoch sind. Zumal die steigenden Zinsen Erwe erheblich treffen, da das Unternehmen mit hohen Verbindlichkeiten arbeitet. Ende März beliefen sich die Schulden auf 72,4% des Immobilienwerts (Loan to Value) – ein im Branchenvergleich sehr hoher Wert.