EU-Kommissar Breton setzt auf verpflichtende Ziele
Mit Deutschland, Frankreich und den Niederlanden stehen drei Länder in der EU für 70% der Ladeinfrastruktur, hat eine Studie des Automobilverbands Acea unlängst ergeben. Der Erfolg der Elektromobilität wird aber wesentlich davon abhängen, dass die Fahrer der batteriebetriebenen Fahrzeuge diese auch laden können – egal, wohin sie reisen. VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch hat daher zuletzt länderübergreifende Zusammenarbeit beim Aufbau der Ladenetze gefordert – etwa zwischen Österreich und Deutschland. Pötsch ist auch Präsident der Deutschen Handelskammer im südlichen Nachbarland.
Für EU-Industriekommissar Thierry Breton scheint die Zeit der unverbindlichen Versprechen derweil vorbei. Er spricht sich in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“ dafür aus, die Mitgliedstaaten zum Aufbau einer Tank- und Ladeinfrastruktur für Brennstoffzellen- und E-Autos zu verpflichten. „Ich möchte, dass die Mitgliedstaaten verbindliche Vorgaben für den Aufbau einer Infrastruktur für alternative Antriebe bekommen“, sagt Breton. „Die Vorgaben könnten sich etwa an der Flottengröße von Autos mit E-Antrieb oder Brennstoffzelle im jeweiligen Mitgliedstaat orientieren“, sagte Breton. Er fordert dafür als EU-Gesetz eine Verordnung aus Brüssel. Dabei müssten die EU-Vorgaben eins zu eins in die nationale Gesetzgebung umgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten hätten dann keine Möglichkeit mehr für eine eigene Auslegung.
Gegen Verbrennerverbot
Zur Regulierung der Autohersteller sagte Breton, er halte nichts von einem Brüsseler Verbot für die Produktion von Verbrennungsmotoren. Entscheidend sei, dass das EU-Ziel von Klimaneutralität im Jahr 2050 erreicht werde. „Ein wichtige Rolle wird das E-Auto haben, aber auch die Brennstoffzelle sowie synthetische Kraftstoffe sind gefragt.“ Breton fügte hinzu: „Hier ist die Politik klug beraten, den Unternehmen freie Hand zu lassen.“
Breton bekräftigte, dass sein für Ende des Jahres angekündigter Vorschlag für die nächste Stufe der Schadstoffregulierung von Autos und Lieferwagen (Euro 7) ambitioniert ausfallen werde: „Wir wollen den Verbrennungsmotor so sauber machen wie technisch möglich.“ Euro 7 werde den Herstellern einen hohen finanziellen Beitrag für die Schadstoffoptimierung des Verbrenners abverlangen. Breton betonte aber auch: „Die Kommission wird darauf achten, dass die Kosten der Mobilität für den Verbraucher nicht aus dem Ruder laufen.“ Auch in Zukunft solle sich die Produktion von Klein- und Mittelklasse-Autos in Europa finanziell lohnen.
Kooperation der Lkw-Bauer
Die drei größten europäischen Lastwagenbauer Daimler Truck, Traton und Volvo wollen derweil gemeinsam ein Hochleistungsladenetz für batterieelektrische Schwerlaster und Busse aufbauen. Die Unternehmen kündigten am Montag an, dafür ein Joint Venture im kommenden Jahr an den Start zu bringen. Sie bezeichneten dies als einen Beitrag der Branche zu klimaneutralem Transportwesen in der Europäischen Union bis 2050, wie es der „Green Deal“ der EU anstrebt. Die Ladeinfrastruktur aufzubauen sei unerlässlich, erklärte Daimler-Chef Martin Daum. Das EU-Klimaschutzziel einer CO2-neutralen Wirtschaft bis 2050 schafft nach den Worten von Volvo-Chef Martin Lundstedt das politische Umfeld für den Fortschritt zu nachhaltigem Transport.
Zunächst wollen Daimler, Traton und Volvo zusammen 500 Mill. Euro investieren, um innerhalb von fünf Jahren mindestens 1700 Hochleistungs-Ladepunkte in der Nähe von Autobahnen und Logistikzentren zu errichten. Sie werden allen E-Lastern und -Bussen markenunabhängig zur Verfügung stehen. Der Bedarf ist nach Schätzung des europäischen Autoverbandes ACEA allerdings ein Vielfaches davon: Bis spätestens 2025 werden demnach für batteriebetriebene Nutzfahrzeuge bis zu 15.000 Hochleistungsladepunkte und bis 2030 bis zu 50.000 gebraucht.