Europa forciert Pläne für Rüstungs-Joint-Ventures
Europa forciert Pläne für Rüstungs-Joint-Ventures
Airbus-Aufsichtsratschef Obermann: Die EU hat „keine Zeit zu verlieren“
cru/wü/bl Frankfurt/Paris/Mailand
Europa treibt die Pläne für Rüstungs-Joint-Ventures voran, um im Verteidigungssektor unabhängiger von den USA zu werden. Beim „Projekt Bromo“ für erdnahe Satelliten sollen der europäische Luftfahrtriese Airbus, der französische Elektronikkonzern Thales und Italiens Rüstungskonglomerat Leonardo kooperieren. Airbus-Chef Guillaume Faury dürfte das Thema am Donnerstag anlässlich der Bilanzvorlage ansprechen. Beim Neujahrsempfang des französischen Luftfahrtverbandes Gifas hatte Faury gesagt, die Satellitenhersteller loteten Möglichkeiten aus, einen europäischen Champion zu gründen.
„Die EU hat keine Zeit zu verlieren, um ihre militärische Kraft und vor allem deren Abschreckungswirkung zu stärken“, sagte Airbus-Aufsichtsratschef René Obermann der Börsen-Zeitung. „Für die wichtigen militärischen Entwicklungsprogramme brauchen wir koordiniertes Handeln, inklusive technischer Standardisierung statt nationalen Egoismen.“ Das ständige Betonen von „wake up calls“ habe bisher nichts gebracht. Jetzt müsse sofort gehandelt werden, und „wir als Verantwortliche in der Wirtschaft müssen uns dafür einsetzen“.
„Projekt Bromo“ für Satelliten
Das „Projekt Bromo“ – benannt nach dem Vulkan in Indonesien – läuft seit Mitte 2024. Es sollte zunächst nur Elon Musks Internet-aus-dem-All-Firma Starlink mit Satelliten in erdnaher Umlaufbahn Konkurrenz machen. Doch jetzt hat sich angesichts der Ereignisse auf der Sicherheitskonferenz in München die Dringlichkeit erhöht, weil die Zuverlässigkeit der USA als Bündnispartner gegen Russland in Frage steht. Airbus hat Goldman Sachs engagiert, und Leonardo steht die Bank of America zur Seite.
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„Wir bestätigen unverbindliche Gespräche mit Leonardo und Airbus im Raumfahrtbereich“, erklärt Thales. Diese seien jedoch nicht abgeschlossen. Es gebe keine Garantie für ein Zusammengehen, betonen Thales und Airbus. Der geplante Umbau der Satellitensparten sei Voraussetzung dafür. Wegen der Überkapazitäten im Satellitengeschäft hat Airbus im Herbst angekündigt, in der Raumfahrt- und Rüstungssparte bis 2026 bis zu 2.500 Stellen abzubauen. Thales will 1.300 Stellen bei der mit Leonardo betriebenen Satellitenteile-Tochter Thales Alenia Space abbauen. Leonardo-CEO Roberto Cingolani hat erst kürzlich eine eigene Raumfahrtsparte geschaffen und sich mit Airbus-CEO Fabry getroffen.
Raketenfirma MBDA als Vorbild
Als Vorbild für das Satelliten-Joint-Venture gilt das Lenkflugkörper-Unternehmen MBDA, das Airbus, BAE Systems und Leonardo als Eigner hat. Vergleichbar ist bei Kampfpanzern das Joint Venture von Rheinmetall und Leonardo für den Panther. Die neue Politik der Trump-Regierung verleiht auch dem geplanten Luftkampfsystem FCAS (Future Combat Air System) zusätzlichen Schwung. „Aus unserer Sicht hat das absolute Priorität“, sagt ein Sprecher von Airbus.
„Deutschlands und Europas Raumfahrtbranche kann technologisch problemlos mithalten“, sagt Lobbyistin Marie-Christine von Hahn vom Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie. „Jetzt muss jedoch mit Nachdruck dafür gesorgt werden, dass wir bei Aufklärung im All eigenständig sind. Wenn die Politik dies verpasst, steht unsere Souveränität auf dem Spiel.“ Von 220 Raketenstarts 2023 führten die USA mehr als die Hälfte durch, Europa nur vier.