M&A

Finanzinvestoren lieben Telekommunikations­infrastruktur

Der Finanzinvestor KKR will Telecom Italia übernehmen. Laut J.P. Morgan werden Netze inzwischen oft mit mehr als dem 20-fachen des operativen Gewinns bewertet.

Finanzinvestoren lieben Telekommunikations­infrastruktur

cru Frankfurt – Die Telecom Italia passt gut zu KKR. Der Finanzinvestor ist bereits an der TIM-Tochter Fibercop beteiligt, einer Firma, die italienische Gemeinden mit Glasfaserkabeln versorgen soll. KKR war Anfang des Jahres für rund 1,8 Mrd. Euro bei Fibercop eingestiegen und er­wägt seit kurzem eine Aufstockung. Auch der Private-Equity-Rivale Advent, der gerade im Bieterprozess um die Unilever-Teesparte einen Rückzieher gemacht hat, und der Konkurrent CVC, sind laut Finanzkreisen am Kauf der Telecom Italia grundsätzlich interessiert.

KKR ist bei weitem kein Neuling in der Telekombranche. Die Amerikaner haben in Europa bereits acht solche Investments getätigt – darunter Deutsche Glasfaser und Versatel in Deutschland sowie Open Access Fiber to the Home („FttH“) in den Niederlanden. Die Milliardenofferte von KKR für Telecom Italia hat die Kurse vieler Telekomaktien (BT, Inwit, KPN) nach oben gezogen und ist das jüngste Anzeichen für das Interesse von Private Equity an der europäischen Telekombranche. Die Fonds sind bestrebt, Unternehmen aufzuspalten und die Netze von den Verbrauchergeschäften zu trennen, um Werte zu realisieren oder die Leistung zu verbessern.

Die Investments von Finanzinvestoren in Europa haben schon in den ersten neun Monaten dieses Jahres laut Refinitiv den Rekordwert von 165 Mrd. Euro erreicht – mehr als je zuvor in einem gesamten Jahr. Die Anzahl der Deals verdoppelte sich auf rund 1770. Mit 724 Deals entfielen 41% der Transaktionen auf den Sektor Informations- und Kommunikationstechnologie.

„Gerade bei den Infrastruktur-Deals unter den Telekommunikationstransaktionen werden riesige Bewertungen aufgerufen“, sagte Patrik Czornik, M&A-Chef bei J.P. Morgan in Deutschland, der Börsen-Zeitung. Für Netze wird manchmal das 20 bis 25-Fache vom operativen Gewinn gezahlt – meist von Infrastrukturfonds, die mit 8 bis 10 % Internal Rate of Return (IRR) etwas geringere Renditeanforderungen haben. Sie werden davon angelockt, dass börsennotierte integrierte Telekommunikationsunternehmen oft zu deutlich geringen Gewinnvielfachen (Multiples) gehandelt werden, ob­wohl sie ja die begehrte Infrastruktur beinhalten. Wenn die Infrastruktur vom Verbrauchergeschäft ge­trennt wird, lassen sich so große Werte heben. Zudem kommen viele große Telekomunternehmen aus Regierungsbesitz, und es gibt deshalb noch größeres Potenzial, Bürokratie abzubauen und dadurch die Kosten zu senken.

Schulden abbauen …

Um einen Teil ihrer riesigen Schulden abzubauen, haben etliche Telekomkonzerne damit begonnen, einen Teil ihrer Funktürme an spezialisierte Betreiber wie Cellnex aus Spanien oder American Tower zu verkaufen. Vodafone brachte seine deutschen Funktürme als Vantage Towers an die Börse. Und die Deutsche Telekom denkt über eine Trennung von Deutsche Funkturm nach.

Im September zog sich die Deutsche Telekom schon endgültig aus den Niederlanden zurück und verkaufte ihr zusammen mit Tele2 gehaltenes Geschäft an ein Konsortium aus den Finanzinvestoren Apax und Warburg Pincus. Co-Chef für Europa ist bei Warburg Pincus der frühere Telekom-Chef René Obermann, ein exzellenter Kenner des Marktes, der in den Niederlanden auch einige Wochen den Kabelnetzbetreiber Ziggo geführt hat. T-Mobile Netherlands wurde bei dem Deal, der federführend von Morgan Stanley begleitet wurde, mit 5,1 Mrd. Euro inklusive Schulden bewertet. Damit zahlten Apax und Warburg Pincus einen hohen Preis für das Unternehmen, das in wenigen Jahren an die Börse gehen soll: Der Betrag entspricht dem 8,7-fachen des operativen Gewinns (Ebitda). Es handelte sich um den fünftgrößten Deal von Finanzinvestoren im Jahr 2021 in Europa und die viertgrößte Transaktion in der Telekombranche in den vergangenen zehn Jahren.

… und Glasfaser ausbauen

Kürzlich gründete die Deutsche Telekom gemeinsam mit dem australischen Investor IFM ein Gemeinschaftsunternehmen, um den Glasfaserausbau in Deutschland in den nächsten Jahren voranzutreiben und zu finanzieren. IFM zahlte für 50 % der Anteile 0,9 Mrd. Euro.

Manchmal beißen die Finanzinvestoren aber auch auf Granit: Dem schwedischen Private-Equity-Haus EQT, in Deutschland Eigentümer von Deutsche Glasfaser, wurde Interesse an einer 18 Mrd. Euro schweren Übernahme von KPN nachgesagt. Doch wie schon zwei frühere Interessenten bissen sich die Schweden am Widerstand der niederländischen Regierung die Zähne aus.