Gesetzesentwurf

Gaspreisbremse: 21 Mrd. Euro Staatshilfe für Industrie

Die Eckdaten für einen Gesetzentwurf zur Gaspreisbremse liegen vor. Demnach sollen von insgesamt 54 Mrd. Euro Entlastung rund 21 Mrd. Euro als Staatshilfe an die Industrie gehen. Die Bürgerbewegung Finanzwende fordert, dass das Geld nicht am Ende als Dividende auf den Konten von Aktionären landen dürfe.

Gaspreisbremse: 21 Mrd. Euro Staatshilfe für Industrie

cru Frankfurt – Um die wirtschaftlichen Folgen aus den rasant angestiegenen Energiepreisen abzufedern, stellt die Bundesregierung Staatsgelder in Milliardenhöhe in Aussicht. Auch Unternehmen sollen davon profitieren, etwa über die Gas- und Strompreisbremse. Über die Gaspreisbremse will die Bundesregierung bis April 2024 die Gasverbraucher mit 54 Mrd. Euro entlasten.

In einem ersten Entwurf des Gesetzes zur Gaspreisbremse, der der Börsen-Zeitung vorliegt, heißt es, davon würden etwa 33 Mrd. Euro Haushalten und Gewerbe zufließen und 21 Mrd. Euro der Industrie. „Der Mittelbedarf für die Gas- und Wärmepreisbremse für SLP-Kunden im Zeitraum vom 1. März 2023 bis 30. April 2024 wird auf ca. 33 Mrd. Euro geschätzt, der Finanzbedarf für die Bereitstellung eines vergünstigten Grundkontingents für Nicht-SLP-Kunden (Industrie) für Erdgas über die Laufzeit von 1. Januar 2023 bis 30. April 2024 auf ca. 21 Mrd. Euro“, heißt es in dem als Diskussionsentwurf betitelten Papier. „Von diesen insgesamt ca. 54 Mrd. Euro entfallen ca. 40,3 Mrd. Euro auf das Haushaltsjahr 2023.“ Bei diesen Schätzungen sei die Unsicherheit durch die Preisentwicklung zu berücksichtigen.

Die Haushaltsausgaben seien vom neu ausgerichteten Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu tragen – aus dem Abwehrschirm von bis zu 200 Mrd. Euro gegen die Energiekrise. Der Entwurf enthält die Eckpunkte zur Entlastung von Gas- und Wärmekunden. Industriekunden sollen für 70% des geschätzten Jahresverbrauchs 7 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Dies ist schon ab Januar geplant. Dann soll auch die Strompreisbremse greifen: Die Industrie bekommt dabei Strom für 13 Cent pro Kilowattstunde ebenfalls für 70% des Verbrauchs.

Das Papier enthält sonst in vielen Einzelpunkten noch Leerstellen und wird daher als „Diskussionsentwurf einer Formulierungshilfe“ eines Gesetzes vom Wirtschaftsministerium bezeichnet. So ist beispielsweise offen, ob Industrieunternehmen, die von der Preisbremse profitieren, weiter Dividenden und Manager-Boni auszahlen dürfen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat entsprechende Forderungen nach einem Dividendenverbot aus der Bundestagsfraktion der Grünen bereits abgelehnt.

Die Bürgerbewegung Finanzwende fordert jedoch, dass „Staatshilfen nicht am Ende auf den Konten von Aktionärinnen und Aktionären landen dürfen“. In einer Unterschriftenaktion wendet sich der Verein an die Bundesminister Christian Lindner und Robert Habeck, die nun nicht „vor der Lobby der Großkonzerne einknicken“ sollen.

Nach Ansicht des Vereins würde ein Dividendenverbot sicherstellen, dass die Hilfen zielgenauer eingesetzt werden. Finanzwende verweist auf Konzerne wie BASF, Heidelberg Materials und Covestro, die bereits überlegen, bei einem Dividendenverbot die Gaspreisbremse nicht in Anspruch zu nehmen. Am Freitag trifft sich um 11 Uhr das Bundeskabinett zur nächsten Sitzung. Entgegen den ursprünglichen Erwartungen wird es bei dieser Sitzung noch nicht um die Gaspreisbremse für Unternehmen gehen. Dies hat die Regierung auf Ende November verschoben, da die zu klärenden Fragen komplex seien. Finanzwende will mit einer Aktion trotzdem vor Ort sein, um den Druck aufrechtzuerhalten: „Staatshilfen sollen nicht in Form von Boni an Vorstandsvorsitzende oder durch Gewinnausschüttungen an Aktionäre weitergeleitet werden können.“ Bisher gab es von der Bundesregierung dazu noch keine abschließende Aussage.

Ein Dividendenverbot könnte – wenn große Konzerne deshalb die Gaspreisbremse nicht in Anspruch nehmen – Auswirkungen auch auf die erwarteten Ausgaben des Staates für die Preisbremsen haben. Wirtschaftsminister Robert Habeck zeigt Sympathie für ein solches Verbot. Er verwies aber auf mögliche Umsetzungsprobleme. Im Vordergrund müssten schnelle Hilfen stehen.

Unterdessen sind die Gaspreise, die generell dreimal so hoch liegen wie vor dem Ukraine-Krieg, zuletzt gesunken, da gut gefüllte Gasspeicher und eine geringere Nachfrage die Preise in Schach halten. Die Fu­tures fallen zum ersten Mal seit drei Tagen. Die EU hat im Vorfeld eines Treffens der Energieminister in der kommenden Woche ihre Vorschläge für eine Preisobergrenze vorgelegt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.