Private Equity

Grünes Licht für Finanzinvestoren im Gesundheitssektor

Für Finanzinvestoren im Gesundheitssektor wie EQT oder Nordic Capital gibt es Entwarnung: Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sieht keine Verbote investorengetragener medizinischer Versorgungszentren vor.

Grünes Licht für Finanzinvestoren im Gesundheitssektor

Grünes Licht für Doktor Private Equity

Kanzlei Noerr: Koalitionsvertrag hält Tür offen für Investments von Finanzinvestoren in medizinische Versorgungszentren

Private-Equity-Firmen haben lange um ihre milliardenschweren Investments im deutschen Gesundheitssektor gebangt. Jetzt gibt es Entwarnung. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sind zumindest keine Verbote investorengetragener medizinischer Versorgungszentren (MVZ) vorgesehen.

cru Frankfurt

Mehr als zwei Jahre lang haben sich Finanzinvestoren verschärft Sorgen um ihre milliardenschweren Investments in Medizinische Versorgungszentren (MVZ) in Deutschland gemacht. Auslöser dieser Sorgen waren Aussagen des ehemaligen Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD), man wolle keine renditehungrigen Private-Equity-Firmen im Gesundheitssektor.

Jetzt gibt es Entwarnung. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sind zumindest keine Verbote investorengetragener MVZ vorgesehen. In dem Papier vom 9. April heißt es lediglich: „Wir erlassen ein Gesetz zur Regulierung investorenbetriebener Medizinischer Versorgungszentren (iMVZ-Regulierungsgesetz), das Transparenz über die Eigentümerstruktur sowie die systemgerechte Verwendung der Beitragsmittel sicherstellt.“

Die Formulierung bleibt vage und wenig konkret, aber: „Ein Verbot von durch Investoren gehaltene MVZ oder eine Beschränkung von Zulassungen solcher MVZ, wie es teilweise gefordert wird, lässt sich dem in keiner Weise entnehmen“, sagt der Düsseldorfer M&A-Anwalt Gerrit Henze von der Kanzlei Noerr. „Im Gegenteil werden solche Investments indirekt anerkannt.“

Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte zu Weihnachten 2022 angekündigt, „den Einstieg dieser Heuschrecken in Arztpraxen zu unterbinden“ und der „Gier-Medizin“ Einhalt zu gebieten. Politisches Ziel sollte es demnach sein, Fremdinvestoren mit ausschließlichen Kapitalinteressen von der Gründung und dem Betrieb von medizinischen Versorgungszentren (MVZ) auszuschließen.

So extrem wird es nun nicht kommen. Doch die Angespanntheit in der Branche vor dem erwarteten Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums ist groß. Es ging am Anfang bei den Private-Equity-Investments im Gesundheitssektor um Laborbetreiber, Radiologieketten und Augenärzte. Inzwischen geht es auch um Zahnärzte, Kardiologen, Orthopäden und andere Facharztketten. Es wurden Milliarden investiert.

Eigentümerschaft offenlegen

Indem der Koalitionsvertrag in gesellschaftsrechtlicher Sicht „nur“ auf die Transparenz über die Eigentümerstruktur abstellt, scheint es laut Noerr-Anwalt Henze auf den ersten Blick keine wesentlichen Änderungen zur aktuellen Gesetzeslage zu geben. „Denn auch jetzt schon müssen Investoren über Meldungen zum Handels- bzw. Transparenzregister ihre Eigentümerstruktur offenlegen“, konstatiert er.

Finanzinvestoren, die in MVZ investierten, haben in der jüngeren Vergangenheit als ersten Schritt immer zugelassene Krankenhäuser erworben, weil das die Voraussetzung für MVZ-Investments ist. Diese Krankenhäuser wiederum fungierten dann als Plattform, entweder für die Gründung von neuen MVZ oder zum Erwerb von bestehenden Einrichtungen. Größere Private-Equity-Investoren im Bereich der MVZ sind IK Partners, EQT, Gilde, PAI Partners, Waterland Private Equity, Groupe Bruxelles Lambert und Nordic Capital. Seit 2016 hat sich die Zahl der MVZ von rund 2.500 auf rund 4.200 erhöht. Rund ein Viertel davon gehören Finanzinvestoren.

Fast ein Drittel der 237 M&A-Deals, die 2024 im deutschen Gesundheitssektor über die Bühne gingen, waren laut Unternehmensberatung PwC Übernahmen von niedergelassenen Leistungserbringern, also Arztpraxen, oder Laboren.

Was die Koalition unter der im Koalitionsvertrag erwähnten „systemgerechten Verwendung der Beitragsmittel“ versteht, bleibt laut Henze abzuwarten. Eine Ungleichbehandlung zwischen investorengetragenen und nicht investorengetragenen MVZ lasse sich der Formulierung jedenfalls nicht ausdrücklich entnehmen und wäre auch nicht „systemgerecht“.

Beachtenswert ist laut Henze, dass der Koalitionsvertrag explizit die vorgenannten zwei Themen nennt und diese nicht als Beispiele für Inhalte des iMVZ-Regulierungsgesetzes aufführt. Der Koalitionsvertrag sei daher so zu verstehen, dass weitere Themen aus Sicht der Koalition nicht regelungsbedürftig seien.

Ärztekammer ignoriert

Viele Forderungen seitens der Bundesärztekammer wie eine ausschließliche Zulassung fachübergreifender MVZ, ein örtlicher und fachlicher Bezug des Trägerkrankenhauses zum MVZ oder ein Verbot von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen seien im Koalitionsvertrag nicht aufgegriffen worden, und diese Forderungen unterstütze die Koalition folglich nicht. Noch in der letzten Bundesregierung seien solche Forderungen zum Teil auf Zustimmung gestoßen, insbesondere bei Ex-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Das künftig CDU-geführte Gesundheitsministerium habe offenbar eine andere Auffassung.


Mehr zu den Plänen der Koalition finden Sie auf unserer Schwerpunktseite.


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