GastbeitragImmobilienmarkt

Hauspreise in Europa haben Talsohle zumeist durchschritten

Die Wohnimmobilienpreise haben sich in vielen europäischen Ländern wieder erholt. Die Entwicklung verläuft allerdings regional unterschiedlich.

Hauspreise in Europa haben Talsohle zumeist durchschritten

Hauspreise in Europa haben Talsohle zumeist durchschritten

Stärkere Rückgänge bei Häusern als bei Eigentumswohnungen – Gesamtwirtschaftliche Trends belasten nach wie vor

Von Peter Parlasca *)

Die Marktlage bei Wohnimmobilien verbesserte sich 2024 in nahezu allen europäischen Ländern. Es waren teils hohe Zuwächse bei den Immobilienpreisen zu verzeichnen bzw. ein Ende der Preisrückgänge oder zumindest eine Annäherung an das Vorjahrespreisniveau. Dies galt auch für Deutschland und seine Nachbarländer mit Ausnahme von Frankreich. lm dritten Quartal 2024 lagen auch in den Niederlanden, Tschechien, Dänemark und in Österreich die Preise über dem Vorjahresniveau. Darunter lagen sie weiterhin in Deutschland, Luxemburg und Frankreich. Insgesamt 23 der 27 EU-Länder sowie die Schweiz meldeten dagegen weiterhin steigende Preise für Wohnimmobilien.

Hauspreisindex HPI

Zur Messung der Wohnimmobilienpreise findet der sogenannte Hauspreisindex HPI Verwendung, den das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) veröffentlicht und der neben Häusern auch Wohnungen unabhängig vom Verwendungszweck – Selbstnutzung oder Vermietung – umfasst.

Im Durchschnitt aller EU-Länder lagen die Veränderungsraten im dritten Quartal 2024 im Vergleich zur Vorjahresperiode bei +3,8% bzw. bei -1,2% im dritten Quartal 2023 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresniveau. Diese Zahlen saldieren eine stark divergierende Entwicklung in Europa. Deutschland und drei der Nachbarstaaten unterschritten das Niveau von zwei Jahren zuvor wie folgt: um 15% (Luxemburg), um 11% (Deutschland) sowie um jeweils 5% (Österreich und Frankreich). Dagegen setzten sich im Osten und im Süden Europas die Preisanstiege fort. An der Spitze stehen im dritten Quartal 2024 zum Vergleichszeitraum zwei Jahre zuvor Bulgarien +27%, Polen +25% und Kroatien +24%.

Neue Höchststände?

Bei den 16 EU-Ländern, die seit 2022 kein Unterschreiten des Wohnimmobilienpreisniveaus gegenüber dem Vorjahr meldeten, schwankte der jüngste Anstieg im dritten Quartal 2024 zwischen 2,7% in Italien und 16,5% in Bulgarien. Haben diese Länder damit neue Höchststände bei den Wohnimmobilienpreisen erreicht? Die Antwort fällt differenziert aus. Italien, Griechenland und Zypern sind EU-Länder, in denen der Aufholprozess noch nicht abgeschlossen ist, d.h. die vor der Finanzkrise 2007/2008 erreichten Höchststände wurden noch nicht wieder gesehen. Alle anderen Länder meldeten zwischen 2022 und 2024 neue Preishöchststände.

Neubau- und Gebrauchterwerb

Das Preisniveau bei Neubauten blieb im dritten Quartal 2024 mit -0,3% gegenüber dem Vorjahreszeitraum nahezu unverändert, während im dritten Quartal 2023 mit -3,6% noch ein Unterschreiten des Vorjahresniveaus gemeldet wurde. Das Minus bei Preisen für Bestandsimmobilien fiel mit -0,9% für das dritte Quartal 2024 wesentlich geringer aus als im dritten Quartal 2023 mit -11,3%.

Eigentumswohnungen halten sich besser

Die deutsche Entwicklung lässt sich daneben in die Marktsegmente Eigentumswohnungen und Einfamilien- bzw. Zweifamilienhäuser (EFH/ZFH) untergliedern sowie in fünf siedlungsstrukturelle Kreistypen. Diese spiegeln im Wesentlichen den Grad der Verstädterung wider. Dabei fällt in den Zeiten der Preisrückgänge die größere Diskrepanz zwischen den beiden Marktsegmenten bei weniger stark ausgeprägter regionstypischer Entwicklung auf: So sind die Preise für Eigentumswohnungen seit ihrem Höchststand Mitte 2022 bis zum dritten Quartal 2024 zwischen jeweils 11% in den Metropolen und in den dünn besiedelten ländlichen Kreisen bzw. 7% in kreisfreien Großstädten zurückgegangen. Die Preise für EFH/ZFH gaben im gleichen Zeitraum deutlicher nach, und zwar zwischen 20 bzw. 16% in Metropolen und städtischen Kreisen sowie 13% in den beiden ländlichen Kreistypen.

Dies zeigt sich auch im dritten Quartal 2024. Im Vorjahresvergleich signalisieren die jüngsten Daten für die Preise der Eigentumswohnungen Stabilität, mit Ausnahme der dünn besiedelten ländlichen Kreise (-6%). Dagegen unterschreiten die Preise für Häuser in allen Kreistypen – mit Ausnahme stabiler Preise in kreisfreien Großstädten – weiterhin das Vorjahresniveau zwischen -1,8 % und -5,3%.

Gesamtwirtschaftliche Trends belasten nach wie vor

In Deutschland sind die Baupreise um 38% zwischen dem ersten Quartal 2021 und dem vierten Quartal 2024 angestiegen, wobei zuletzt eine Beruhigung auf +3,1% im zweiten Halbjahr 2024 zu verzeichnen war. Trotzdem belasten die Baupreise weiterhin die Angebotsseite bei Neubauwohnungen. Die Finanzierung von Immobilientransaktionen wird inzwischen zwar nicht mehr durch Zinssteigerungen erschwert. Verglichen mit den Konditionen bis 2022 ist jedoch das derzeitige Zinsniveau auch angesichts der Ungewissheit über Zeitpunkt und Ausmaß in Aussicht gestellter Zinssenkungen nicht als marktstützend anzusehen.

Daten für das vierte Quartal des vergangenen Jahres werden für Wohnimmobilien erst im April 2025 vorliegen. Das gesamtwirtschaftliche Umfeld ist deutlich eingetrübt. Nach zwei Jahren der Stagnation wird auch für 2025 eine mehr oder weniger stagnierende Wirtschaft prognostiziert. Hinzu kommt die Unsicherheit über den (bau)politischen Kurs einer künftigen Bundesregierung.

Enge Haushaltsbudgets

Der Bedarf an Wohnungen ist zwar weiterhin hoch und bleibt es angesichts von Zuwanderung. Die Angebotsseite kann infolge geringer Neubautätigkeit nicht für Entlastung sorgen. Allerdings wird nur der kaufkräftige Bedarf als Nachfrage am Markt wirksam. Vor dem Hintergrund der Konkurrenz der Wohnwünsche mit anderen Gütern wie Lebensmittel und Energie, die aus den Haushaltsbudgets bezahlt werden müssen, dürften Preiserhöhungen auch im Neubausektor trotz gestiegener Baukosten enge Grenzen gesetzt sein.

Es kann daher damit gerechnet werden, dass sich die Hauspreise im Vergleich zu 2024 im laufenden Jahr insgesamt weiter stabilisieren. Ein Erreichen der Mitte 2022 verzeichneten Preishöchststande ist aus heutiger Sicht jedoch nicht zu erwarten.

*) Der Autor ist Fellow of the Royal Institution of Chartered Surveyors. Er war früher Senior Expert Real Estate Statistics bei Eurostat in Luxemburg.

Peter Parlasca aus Trier ist Fellow of the Royal Institution of Chartered Surveyors. Er war früher Senior Expert Real Estate Statistics bei Eurostat in Luxemburg. Foto: Yaph – Yousef A.P. Hakimi
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