Heißer M&A-Sommer für US-Medien
Von Stefan Paravicini, Berlin
Der erste Sommer nach der Präsidentschaft von Donald Trump verläuft auf dem US-Medienmarkt vor allem mit Blick auf M&A-Transaktionen ungewöhnlich heiß. In der vergangenen Woche sorgte der Berliner Medienkonzern Axel Springer mit der Übernahme des US-Nachrichtenunternehmens Politico für spätsommerliche Schlagzeilen. Denn Springer zahlt bei einer kolportierten Bewertung von mehr als 1 Mrd. Dollar einen stolzen Preis und stemmt etwas mehr als zwei Jahre nach dem Einstieg des Finanzinvestors KKR die bisher größte Akquisition in der Firmengeschichte des traditionsreichen Verlags. Die bisher größte Übernahme von Springer im US-Markt, das Wirtschaftsnachrichtenportal Business Insider, war 2015 halb so groß. Für die Mehrheitsbeteiligung am Wirtschaftsnewsletter Morning Brew legte Springer zuletzt 75 Mill. Dollar auf den Tisch (siehe Grafik).
Auch ohne die US-Ambitionen von Springer-Chef Mathias Döpfner ist viel M&A-Bewegung im US-Nachrichtengeschäft. Am gleichen Tag, an dem Springer die Übernahme von Politico verkündete, teilte das US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ mit, einen Börsengang über den Zusammenschluss mit dem Spac (Special Purpose Acquisition Company) Magnus Opus zu einer Bewertung von rund 830 Mill. Dollar anzustreben. Den gleichen Weg hat das US-Medienportal Buzzfeed im Juni eingeschlagen: Beim Zusammenschluss mit dem Spac 890 Fifth Avenue Partners wird das Nachrichtenunternehmen mit 1,5 Mrd. Dollar bewertet. Die Erlöse aus der Transaktion hat Buzzfeed bereits für eine 300 Mill. Dollar schwere Übernahme des Medienunternehmens Complex Networks verplant. Erst im Februar hatte Buzzfeed die Übernahme von Huffpost abgeschlossen, bei der sich der Verkäufer Verizon Media an Buzzfeed beteiligte.
Schlagzeilen mit Spac-Deals
Mit den Möglichkeiten eines Spac-Deals soll sich im Frühjahr auch das US-Sportnachrichtenportal The Athletic beschäftigt haben, wobei das Unternehmen sich zunächst mit dem Nachrichtenportal Axios über eine Übernahme unterhielt. Zuletzt hieß es in US-Medien, dass diese Transaktion abgeblasen ist und The Athletic stattdessen einen Zusammenschluss mit der börsennotierten New York Times anstrebe. An Axios war im Sommer auch Axel Springer interessiert, bevor sich der Konzern doch noch mit Politico einig wurde. Auch Politico selbst hat zuletzt mit einer Übernahme von sich reden gemacht: Ende des vergangenen Jahres hat das Unternehmen aus Arlington, Virginia, die auf Energiewirtschaft und Energiepolitik spezialisierte E&E übernommen.
Die M&A-Aktivitäten auf dem US-Medienmarkt sind nach Einschätzung von Marktbeobachtern auch ein Zeichen dafür, dass sich die Branche nach der Ära von US-Präsident Donald Trump, die vor allem Nachrichtenportalen mit Fokus auf Politik in den vergangenen vier Jahren kräftiges Wachstum bescherte, neu sortiert. Für Robert Allbritton, den Eigentümer von Politico, ist es ein guter Zeitpunkt zum Verkauf. Denn nach vielen Jahren nahe am Break-even haben die Ära Trump und die Wahl im vergangenen Jahr dem Nachrichtenunternehmen 2020 das beste Jahr in der Firmengeschichte beschert, wie US-Medien rund um die Übernahme von E&E im Dezember berichteten. Der Umsatz kletterte demnach um ein Fünftel auf rund 160 Mill. Dollar. Etwa vier Fünftel des Geschäfts machten die USA und Kanada aus, hieß es unter Verweis auf Insider. Der größte Teil des Umsatzes wird von Abonnenten beigetragen.
Trotz des wirtschaftlichen Erfolgs musste Politico in diesem Jahr drei seiner arriviertesten Journalisten ziehen lassen, die mit Punchbowl News ein eigenes Angebot starteten. Einen ähnlichen Aderlass gab es vor fünf Jahren, als zwei Mitgründer von Politico sich mit Axios selbständig machten. Ob der Deal für Springer aufgeht, wird wesentlich davon abhängen, wie sich die wichtigsten Talente in der Redaktion von Politico in der bewegten US-Medienlandschaft positionieren.