IAG hat gute Chancen auf Beteiligung an Airline TAP
Bei der mit Spannung erwarteten Privatisierung der portugiesischen Staatsairline TAP hat der britisch-spanische Luftfahrtkonzern IAG nach Einschätzung von Branchenkennern gute Chancen, zum Zug zu kommen. Der Mutterkonzern von Iberia und British Airways sei wahrscheinlich der stärkste Kandidat, sagte ein mit dem Vorgang vertrauter Banker. Analysten teilten die Einschätzung und wiesen auf den Erfolg der spanischen IAG-Tochter Iberia und deren Drehkreuz in Madrid als gutes Vorbild für Lissabon als weiteren südeuropäischen Knotenpunkt hin.
Aber nicht nur IAG, auch Air France-KLM und die Deutsche Lufthansa bekundeten in dem schon länger laufenden Verfahren Interesse an TAP. Die Airline ist mit Lissabon als Abflughafen für Verbindungen nach Südamerika begehrt, sie soll laut Bankern fast eine Milliarde Euro wert sein. Mit einer Flotte von knapp 100 Maschinen, überwiegend von Airbus, transportierte TAP 2024 rund 16 Millionen Passagiere zu mehr als 80 Zielen in Europa, Afrika sowie Nord- und Südamerika.
Auf den Startschuss der Regierung in Lissabon für einen Verkauf wird schon lange gewartet: Der erste Anlauf im Herbst 2023, 51 % an TAP abzugeben, brach mit dem Regierungswechsel in Portugal im Frühjahr 2024 ab. Seither sondiert die konservative Regierung die Marktlage und hat noch nicht entschieden, welchen Anteil sie verkaufen will. Von ihrer ursprünglichen Position, eine vollständige Privatisierung zu verfolgen, rückte sie ab. „Der Verkauf wird noch in diesem Jahr stattfinden“, sagte ein Sprecher des Infrastrukturministeriums. Luftfahrtanalyst Dudley Shanley von der Beratung Goodbody bezweifelt wegen politischer Diskussionen jedoch, dass es dazu kommen wird.
Nationalstolz
Ein wichtiger Faktor bei der Privatisierung staatlicher Airlines ist, ihre Identität als Aushängeschild eines Landes zu bewahren. So will die Lufthansa bei der Regierung in Lissabon damit punkten, dass die Fluggesellschaften in ihrer Gruppe wie Austrian und Brussels Airlines, Swiss oder neuerdings ITA Airways als Marken eigenständig bleiben. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte im September Regierungsvertreter in Lissabon besucht.
Rücksichtsvoll mit politischen Befindlichkeiten geht auch IAG um. TAP werde „ein stolzes portugiesisches Unternehmen bleiben, so wie Aer Lingus stolz irisch und British Airways stolz britisch ist“, zitierte das portugiesische Nachrichtenportal Observador vergangene Woche den für Unternehmensentwicklung verantwortlichen IAG-Manager Jonathan Sullivan. IAG schließe eine Minderheitsbeteiligung nicht aus, die den Weg zu einer Mehrheit eröffne, erklärte er demnach auf einer Branchenkonferenz in Dublin.
Auf der Tagung zu Flugzeugfinanzierung erklärten Luftfahrtmanager, eine Konsolidierung am fragmentierten europäischen Markt sei dringend notwendig, um Kosten in Schach zu halten und auskömmliche Preise zu erzielen. Europäische Airlines könnten sich so besser gegen die großen Konkurrenten aus den USA, vom arabischen Golf und aus Asien behaupten. Nach Daten des Beratungsunternehmens Cirium, die in Dublin vorgestellt wurden, entfallen 80 % der Flugkapazität in Europa auf 36 europäische Fluggesellschaften - in den USA kontrollieren nur sechs Airlines 80 % des Marktes.
Wer auch immer von den drei großen europäischen Netzwerk-Airlines bei TAP einsteigt, dürfte eine strenge kartellrechtliche Prüfung durch die Europäische Kommission vor sich haben. Die EU-Behörde achtet penibel darauf, dass Airline-Übernahmen den Wettbewerb nicht zum Nachteil der Verbraucher schmälern. Lufthansa und Italien rangen ein Jahr um die Freigabe zum Kauf von 41 % an der Alitalia-Nachfolgerin ITA Airways. Für grünes Licht aus Brüssel machten die Airlines Zugeständnisse wie die Freigabe von Start- und Landerechten an Konkurrenten. IAG gab wegen der hohen Hürden die Übernahme der kleinen spanischen Airline Air Europa auf. Insidern zufolge peilte die Lufthansa an TAP zunächst nur einen Anteil von 19,9 % an - damit wird die 20-Prozent-Schwelle unterschritten, ab der die Fusionskontrolle der EU greift.