Verbraucherstimmung

Im Handel macht man sich zusehends Sorgen

Die Stimmung unter Verbrauchern trübt sich den dritten Monat in Folge ein. Das macht auch dem Handel zusehends Sorgen, was auch an der Konzeption des Barometers liegt.

Im Handel macht man sich zusehends Sorgen

Von Martin Dunzendorfer,

Frankfurt

Das Konsumbarometer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), das die Stimmung unter den Verbrauchern spiegelt, hat sich den dritten Monat in Folge eingetrübt. Das ist kein gutes Zeichen für den bevorstehenden Beginn des umsatzträchtigen Weihnachtsgeschäfts, das – zumindest für die Branche und Statistiker – am 1. November beginnt und bis zum Jahresende läuft. Dass man sich im Handel zusehends Sorgen macht, liegt auch an der Konzeption des Barometers: Es bildet nicht das aktuelle Verbraucherverhalten ab, sondern die erwartete Stimmung in den nächsten drei Monaten.

Preisampel leuchtet rot

Die Verbraucher könnten dazu neigen, den Konsum aus Vorsichtsgründen herunterzufahren, denn die Preisampel leuchtet rot. Angesichts der hohen Steigerungsraten seit Juli 2021 – zuletzt lag die Inflationsrate bei 4,1% – und den Meldungen über länger anhaltende Knappheit an Rohstoffen und anderem Material sind trotz allmählichen Wegfalls von Basiseffekten auch mittelfristig hohe Inflationsraten möglich.

„Dass sich die Verbraucherstimmung insgesamt erneut eintrübt“, schreibt auch der HDE, „liegt vor allem in den gestiegenen Preiserwartungen der Verbraucher begründet. Insbesondere das weiterhin hohe Niveau der Inflationsrate scheint sich auf die Preiserwartungen auszuwirken und die Stimmung zu dämpfen.“

Besorgniserregend ist vor allem, dass neben der enormen Preissteigerung für Energie (+14,3% im Vergleich zu September 2020) auch die Ausgaben für Lebensmittel gemäß dem Statistischen Bundesamt (Destatis) im September um 4,9% und damit spürbar stärker als der Durchschnitt geklettert sind. Steigende Heiz- und Benzinkosten sowie Ausgaben für Fleisch, Nudeln, Obst und Gemüse werden in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen als andere Kostenblöcke. Da der Konsument laufende Trends in die Zukunft fortschreibt, wird das Portemonnaie wohl im letzten Jahresviertel nicht so oft geöffnet und geleert werden, wie sich der Handel das wünscht – es sei denn, Destatis berichtet Anfang November, dass die Inflationsrate im Oktober deutlich zurückging. Doch danach sieht es nicht aus.

Hinzu kommt die Unsicherheit über die Entwicklung der Corona-Pandemie in der beginnenden kalten Jahreszeit und den möglichen Folgen, falls die bundesweiten Inzidenzzahlen doch wieder dreistellig werden. Der HDE spricht im Zusammenhang mit der Pandemie von einem „zentralen Impulsgeber für die Verbraucherstimmung“. Auch eine sich abzeichnende Ampelkoalition aus SPD, Grüne und FDP könnte – trotz angekündigten Widerstandes durch die FDP – auf Steuererhöhungen hindeuten, was die Konsumbereitschaft zusätzlich beeinträchtigen würde.

„Pessimistisch blicken die Verbraucherinnen und Verbraucher auf die konjunkturelle Entwicklung und senken deshalb erneut ihre Erwartungen. Mit einem gesamtwirtschaftlichen Aufschwung wird nicht gerechnet“, teilt der HDE mit. Auch die Einkommenserwartungen gingen etwas zurück.

Der HDE entnimmt den Ergebnissen der Umfrage aber auch Positives: Die negative Entwicklung der Verbraucherstimmung verliere an Dynamik; das Absinken schwäche sich im Vergleich zu den Vormonaten deutlich ab. Auch liegt der Indexwert mit 98,0 (siehe Grafik) noch weit oberhalb des Tiefs vom Mai 2020 (90,5) und des Zwischentiefs vom Februar dieses Jahres (94,4). Gleichwohl lassen sich daraus kaum Rückschlüsse auf die künftige Entwicklung ziehen.

Das HDE-Konsumbarometer basiert auf einer Umfrage unter 1600 Personen zur Anschaffungsneigung, Sparneigung, finanziellen Situation und anderen konsumrelevanten Faktoren. Der Verband stellt fest, dass die Anschaffungsneigung in den vergangenen beiden Monaten teils stark zurückgegangen, zuletzt aber leicht gestiegen sei. Nahezu keine Veränderung habe es bei der Sparneigung gegeben. Insgesamt, so der HDE, seien große Ausschläge nach oben oder unten erst einmal nicht zu erwarten.

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