Infineon streicht 1.400 Stellen
Infineon streicht 1.400 Stellen
Chipkonzern übertrifft zwar Ergebniserwartung des Marktes, spricht aber von einer nur „langsamen“ Erholung der Nachfrage
sck München
Das zyklische Tief macht der Halbleiterindustrie schwer zu schaffen. Nach den schlechten Nachrichten der Wettbewerber Intel (massiver Stellenabbau und gestrichene Dividende) und STMicroelectronics (erneut gesenkte Jahresprognose) hat nun auch Infineon die Anleger trotz relativ robuster Quartalszahlen anfangs enttäuscht. Zum Wochenauftakt büßte die Aktie von Deutschlands größtem Chiphersteller zunächst 5,9% ein. Im weiteren Tagesverlauf drehte das Papier aber ins Plus und schloss den Xetra-Handel bei 29,93 Euro 1,3% fester. Der Titel setzte sich an die Dax-Spitze.
In einer Telefonkonferenz mit Journalisten machte Vorstandschef Jochen Hanebeck den Investoren keine Hoffnung, dass die Nachfrage sich rasch wieder beleben wird. „Wir befinden uns in einer Phase der Bodenbildung. Die zyklische Erholung der Branche geht langsam voran“, sagte er zur Vorlage der Zahlen für das zurückliegende Quartal. Lagerbestände würden weiterhin abgebaut. Aufgrund einer gedämpft ausgelasteten Produktion drückten hohe Leerstandskosten die Marge. Auf Nachfrage zur Dimension des Anfang Mai von ihm angekündigten Sparprogramms gab der CEO bekannt, dass Infineon weltweit 1.400 Stellen streiche und die gleiche Zahl innerhalb des Konzerns von Hochlohn- in Niedriglohnländer verlagere. Betriebsbedingte Kündigungen an den deutschen Standorten schloss er aus.
Betrifft 2,4 Prozent der Mitarbeiter
Zum Vergleich: Der deutlich geschwächte US-Konzern Intel kündigte vorige Woche an, mindestens 15.000 Arbeitsplätze abzubauen. Nach Angaben von CEO Pat Gelsinger sind das rund 15% der Belegschaft. Bei Infineon betreffen die Stellenstreichungen 2,4% aller Konzernmitarbeiter. Hanebeck begründete den Schritt damit, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu stärken. Er wies darauf hin, dass Infineon in den vergangenen fünf Jahren rund 3.000 neue Arbeitsplätze geschaffen habe. Nach Angaben von Finanzvorstand Sven Schneider steigen die Leerstandskosten im laufenden Geschäftsjahr 2024 (per 30. September) auf 800 Mill. Euro. Das sind rund 350 Mill. Euro mehr als im 12-Monats-Berichtsturnus 2023. Der CFO sprach von einer „außergewöhnlich starken Belastung“ infolge der Branchenschwäche. Das drücke die Marge allein um 4,5 Prozentpunkte.
Zu den erwarteten Einsparungen machten beide keine detaillierten Angaben. Intel will mit ihrem umfangreichen Personalabbau ihre Kosten in den kommenden Jahren um rund 10 Mrd. Dollar senken.
China-Autogeschäft stützt
Hanebeck bekräftigte zwar weitgehend seine im Mai reduzierte Jahresprognose, beim Umsatz machte er allerdings leichte Abstriche. So rechnet die Konzernführung nunmehr mit Konzernerlösen von rund 15 Mrd. Euro und bei der operativen Umsatzrendite mit „etwa“ 20%. Zuletzt war die Rede von 15,1 Mrd. Euro. Im Geschäftsjahr 2023 erwirtschaftete Infineon eine Marge von 27% bei Erlösen von 16,3 Mrd. Euro. Das operative Ergebnis (Segmentergebnis) betrug seinerzeit 4,4 Mrd. Euro. 2024 wird dieses Segmentergebnis auf 3 Mrd. Euro schrumpfen auf Basis der aktualisierten Prognose des Managements. Nach neun Monaten fiel der Konzernumsatz um 9% auf 11 Mrd. Euro zurück. Das Segmentergebnis brach überproportional um ein Drittel auf 2,3 Mrd. Euro ein. Die Rendite schwächte sich um 7 Prozentpunkte auf 20,6% ab. Um ihr reduziertes Jahresziel zu erreichen, müsste Infineon im laufenden Sommerquartal also rund 700 Mill. Euro operativ verdienen bei einem Umsatz von rund 4 Mrd. Euro.
Im zurückliegenden Dreimonatsabschnitt erwirtschaftete Infineon einen Umsatz von 3,7 Mrd. Euro. Das waren zwar 9% weniger als im gleichen Zeitraum des vorherigen Geschäftsjahres, aber immerhin 2% mehr als im Winterquartal. Mit den erreichten Erlösen lag Infineon allerdings um rund 100 Mill. Euro unter ihrer eigenen Prognose und die der Analysten. Hanebeck führte dies vor allem auf ins laufende Quartal verschobene Erlöse zurück.
Mehr verdient als erwartet
Der größte Konzernbereich Automotive präsentierte sich mit Erlösen von 2,1 Mrd. Euro (plus 2% bzw. minus 1%) ungewöhnlich stark trotz der Flaute der deutschen Autoindustrie. Hanebeck erklärte die Robustheit des Kerngeschäfts mit einer relativ soliden Lage in China. Dem CEO zufolge ist Infineon im asiatischen Riesenreich im Segment der Leistungshalbleiter für Autos Marktführer. China ist in Bezug auf die Elektromobilität viel weiter als die großen Länder der EU.
Das Segmentergebnis des Konzerns erreichte im Frühjahrsabschnitt 734 Mill. Euro. Damit verdiente das Unternehmen mehr, als Analysten im Schnitt erwartet hatten (717 Mill. Euro). Gegenüber dem Vorquartal entspricht die Summe einem Zuwachs von 4%, gegenüber dem Vorjahreszeitraum aber einem Rückgang von 31%. Die erzielte Marge von 19,8% fiel höher aus als vom Markt erwartet (18,9%).
Die zyklische Schwäche der Halbleiterbranche schlägt nun auch bei Infineon durch. Deutschlands größter Chiphersteller kündigte an, 1.400 Stellen zu streichen. Die Erholung des Geschäfts gehe nur langsam voran, räumte Vorstandschef Jochen Hanebeck ein. Überkapazitäten kosten das Dax-Mitglied dieses Jahr 800 Mill. Euro.