Massenentlassungen bei Chipkonzern

Intel stürzt tief in die Krise

Der einstige Halbleiter-Dominator Intel ist tief gefallen. CEO Pat Gelsinger räumt nun ein, den KI-Boom unterschätzt zu haben – und setzt auf Massenentlassungen, um ambitionierte Sparziele zu erreichen und die Effizienz zu heben. Analysten befürchten indes, dass die Konkurrenz um Nvidia weiter enteilt.

Intel stürzt tief in die Krise

Intel stürzt tief in die Krise

Chip-Konzern streicht nach Absturz in Verlustzone Tausende Jobs – Dividende im Rahmen von Sparprogramm ausgesetzt

Der einstige Halbleiter-Dominator Intel ist tief gefallen. CEO Pat Gelsinger räumt nun ein, den KI-Boom unterschätzt zu haben – und setzt auf Massenentlassungen, um ambitionierte Sparziele zu erreichen und die Effizienz zu heben. Analysten befürchten indes, dass die Konkurrenz um Nvidia weiter enteilt.

xaw New York

Pat Gelsinger muss zu drastischen Maßnahmen greifen. Der CEO des Chipkonzerns Intel steht nach einer enttäuschenden Erlösentwicklung und schweren Verlusten unter Druck, drei Jahre nach seinem Amtsantritt die Kehrtwende bei dem einstigen Branchendominator einzuleiten. Dafür greift Gelsinger zu Massenentlassungen und setzt ab dem vierten Quartal die Dividende aus – so sollen sich die Kosten 2025 um 10 Mrd. Dollar drücken lassen. Bei den Anlegern überwiegen allerdings die Zweifel daran, dass Intel zu altem Glanz findet: Die Aktie rauschte im frühen New Yorker Handel am Freitag um 30% ab.

Der im kalifornischen Santa Clara ansässige Halbleiterproduzent gehört zu den großen Verlierern des Booms um künstliche Intelligenz (KI), der Konkurrentin Nvidia in den vergangenen beiden Jahren gewaltige Kursexplosionen und einen Aufstieg unter die wertvollsten Unternehmen der Welt beschert hat. Die Grafikprozessoren der einst auf den Videospielmarkt fokussierten Wettbewerberin gelten als wichtigste technologische Grundlage für das Training großer Sprachmodelle, auf denen Textgeneratoren wie der populäre ChatGPT-Bot von OpenAI basieren.

Tech-Riesen setzen auf eigene Chips

Zudem setzen Amerikas Chipriesen, die Halbleiter für ihre Serverfarmen in früheren Jahren fast exklusiv von Intel und Advanced Micro Devices (AMD) bezogen, zunehmend auf eigene, in Kooperation mit spezialisierten Designern entwickelte Chips. So kündigte Alphabet im April den neuen Hochleistungsprozessor Axion an, der auf Technologie der britischen, an der Nasdaq gelisteten Arm aufsetzt und zu großen Datenanalysen fähig sein soll. Auch Amazon hat mit ihrer Tochter Web Services Halbleiter entwickelt, die im Rahmen einer Kooperation mit dem Start-up Anthropic zum Einsatz kommen. 

Intel-CEO Pat Gelsinger räumt ein, den KI-Boom unterschätzt zu haben. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Seth Wenig.

Intel-CEO Gelsinger räumte im Rahmen der Zahlenvorlage nun ein, der KI-Boom sei „weitaus stärker akut, als ich erwartet hatte“. Der Umsatz von Intel ging im abgelaufenen Quartal um 1% auf 12,8 Mrd. Dollar zurück, vom Datendienst Factset befragte Analysten hatten mit einer flachen Entwicklung gerechnet. Auch der Ausblick für das laufende Quartal, in dem der Chiphersteller Erlöse in der Spanne von 12,5 bis 13,5 Mrd. Dollar erwartet, blieb hinter den Schätzungen von 14,4 Mrd. Dollar zurück. Die Ergebnisse entwickeln sich bei Intel nun seit Jahren extrem volatil, im abgelaufenen Jahresviertel stand ein Fehlbetrag von 1,61 Mrd. Dollar zu Buche, nachdem das Unternehmen im Vorjahreszeitraum noch einen Gewinn von 1,48 Mrd. Dollar geschrieben hatte.

Zahlreiche Analysten strichen ihre Kursziele nach der Veröffentlichung zusammen. Benchmark Research zeigte sich angesichts das Ausmaß an im Intel-Ausblick reflektierten Pessimismus „überrascht und verwirrt“. Die Analysten nehmen ihre Kaufempfehlung für den Titel zurück und stufen ihn nun mit „Halten“ ein. Trotz des bereits starken Bewertungsabschlages seien wenig Auslöser für einen neuen Aufschwung erkennbar.

Höhere Effizienz erhofft

Intel will die Anleger nun mit Effizienzgewinnen überzeugen. Im Rahmen des von Gelsinger verordneten Sparprogramms planen die Kalifornier, 15% der Belegschaft vor die Tür setzen. Im Kerngeschäft hatte Intel Ende Juni 116.500 Mitarbeiter. Die Aussetzung der Dividende folgt auf eine Kürzung um 66% im vergangenen Jahr.

Konkurrentin AMD, die ebenfalls lange vergeblich den Anschluss an Nvidia gesucht hatte, überraschte Investoren zuletzt indes positiv. Mit Erlösen und Gewinn übertrafen die Intel-Nachbarn aus Santa Clara die Erwartungen der Wall Street für das zweite Quartal ebenso wie mit dem Ausblick für die Einnahmen aus Chips für KI-Rechenzentren. Mit dem MI300 verfügt das Unternehmen über einen leistungsfähigen Halbleiter für KI-Anwendungen.

Kartellprüfung gegen Nvidia

Zugleich gehört AMD angeblich zu einer Reihe an Unternehmen, die das US-Justizministerium zu den Geschäftspraktiken von Nvidia befragt. Nach Berichten der Tech-Publikation „The Information“ unter Berufung auf Insider prüft die Behörde, ob der KI-Vorreiter seine Marktmacht ausnutzt, um die Preise künstlich in die Höhe zu treiben und Kunden zum Kauf zusätzlicher Produkte zu zwingen. Die Nvidia-Aktie setzte am Freitag ebenfalls zurück. Analysten rechnen allerdings damit, dass die Zahlenvorlage Ende August den nächsten Schub bringt. Infolge der hohen Investitionsausgaben der Technologieriesen dürften die Datenzentren-Erlöse von Nvidia gemäß Konsensschätzungen auf 25 Mrd. Dollar schnellen und damit im Quartal Werte erreichen, die bisher im Gesamtjahr üblich waren.

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